ANZEIGE: Für sämtliche Inhalte dieser Seite ist Dell verantwortlich.

Führungskultur Ich will einen neuen Chef!

Die meisten Angestellten halten ihren Vorgesetzten für eine Niete. Der Patriarch alter Schule taugt im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr. Was muss ein Boss heute können? Oder ist er sogar überflüssig?
22.05.2017 - 08:39 Uhr Kommentieren
Quelle: istock

(Foto: istock)

Da gibt es nichts schönzureden: Zwei Drittel der Angestellten halten ihren Chef für sachlich und fachlich ungeeignet. Ebenso viele denken, dass ihr Vorgesetzter ihre Leistungen nicht anerkennt. 80 Prozent fühlen sich in puncto Karriere nicht richtig gefördert. Zudem können vier von fünf Chefs nicht mit Kritik umgehen. Dieses miserable Zeugnis hat eine Umfrage der Personalberatung Rochus Mummert den Führungskräften hierzulande ausgestellt, für die im vergangenen Jahr 1000 Beschäftigte befragt worden sind.

Besonders kritisch sehen die Befragten den Boss der alten Schule, der seine Mitarbeiter herumkommandiert und keine Widerworte duldet. Doch ausgerechnet diese autoritäre Art ist vielerorts normal. „Der befehlende, von den meisten Mitarbeitern abgelehnte Führungsstil ist noch immer traurige Realität in vielen Büros und Werkhallen“, sagt Dr. Hans Schlipat, Managing Partner bei Rochus Mummert. „Langfristig werden die unter Befehls- oder Ergebnisdruck erzielten Effekte allerdings verpuffen.“


Mitreden, mitdenken, mitbestimmen

Ein Grund dafür ist, dass sich die Umwelt der Bosse radikal verändert hat. Die Digitalisierung schafft in vielen Geschäftsfeldern neue Konkurrenten, die schneller und flexibler agieren. Der Wettbewerb hat sich dadurch verschärft. Ein Jahresplan vom Januar kann schon im März hinfällig sein. Auf der anderen Seite wollen die Mitarbeiter mitreden, mitdenken und mitbestimmen – und nicht nur stumpf Befehle ausführen. Besonders dann, wenn sie der Generation Y, also der nach 1980 Geborenen, angehören.

Da stellt sich die beinahe ketzerische Frage: Brauchen die selbstbewussten und eigenverantwortlichen Millennials überhaupt noch einen Chef? In einem Garagenhof in Berlin-Lichtenberg gibt es eine eindeutige Antwort darauf: nein.

Dort hat sich das Start-up Soulbottles eingerichtet, das nachfüllbare und ökologisch korrekte Glasflaschen herstellt. 20 Mitarbeiter hat das junge Unternehmen, aber keinen Chef. Oder 20 Chefs. Denn die Firma ist nach dem Modell der Holokratie organisiert. Alle Mitarbeiter können in ihrem Bereich autonom Entscheidungen treffen. Nur wenn es Widersprüche gibt, wird eine Entscheidung diskutiert. Informationen werden in sogenannten Kreisen ausgetauscht und ein Mitarbeiter aus jedem Kreis ist dafür zuständig, die anderen Kreise über die Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. „Verschachtelte Teams“ wird diese Organisationsform auch genannt.


Diese Anarchie scheint zu funktionieren, es läuft bei Soulbottles. Ob Holokratie auch bei größeren Unternehmen funktionieren würde, ist bei Experten umstritten. Die Basisdemokratie in den Kreisen würde Entscheidungen eher bremsen als beschleunigen, monieren Kritiker. Unternehmen bräuchten heute nicht weniger Führung, sondern mehr. Nur eben keinen verhassten Patriarchen.

Der perfekte Chef – ein Alleskönner

Wie sieht der perfekte Chef heute aus? Die Liste mit Anforderungen ist lang: Beispielsweise soll er ein Teamplayer sein, der seine Mitarbeiter motiviert, fordert, für sie geradesteht und jederzeit erreichbar ist. Zugleich muss er respektvoll, kreativ, schlau und nicht zuletzt erfolgreich sein. Der perfekte Chef ist also eine Art Schweizer Taschenmesser des Managements. Vor allem aber muss er Verantwortung übernehmen und sie auch an andere abgeben können und dabei ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter haben. Laut der internationalen „Future Workforce Study“ des IT-Unternehmens Dell und des Chipherstellers Intel ist für 88 Prozent der Deutschen persönliche Interaktion ein unverzichtbarer Faktor für produktive Arbeit. Die Experten von Rochus Mummert drücken es so aus: Jeder zweite Arbeitnehmer hätte gern einen Coach als Chef, der sie individuell fördert und die Arbeit sinnvoll delegiert. Führungskräfte müssen also nicht um ihre Jobs bangen – aus Sicht ihrer Mitarbeiter müssen sie aber ihre Soft Skills dringend verbessern.