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Deutsche Tech-Start-ups „Sie erfinden die Welt neu“

Die deutsche Tech- und Start-up-Szene kann sich mittlerweile international sehen lassen, sagt Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter TMT EMEA bei Deloitte. Die besten Start-ups zeichnet der Konzern bei den Fast 50 aus.
06.11.2017 - 08:02 Uhr Kommentieren
Start-ups agieren frei von den Strukturen großer Unternehmen. Diesen Vorteil können letztere durchaus nutzen – mit strategischen Kooperationen. Quelle: Gorodenkoff/Adobe Stock
Gezielte Investments mit großem Effekt

Start-ups agieren frei von den Strukturen großer Unternehmen. Diesen Vorteil können letztere durchaus nutzen – mit strategischen Kooperationen.

(Foto: Gorodenkoff/Adobe Stock)

Herr Gentner, Deloitte ist ein Weltkonzern, der auf einige Jahrzehnte Firmengeschichte zurückblickt. Sie sind Experte für Tech-Start-ups. Ziehen Sie den Vergleich: Was macht die Arbeit bei einem Start-up unter Umständen attraktiver als die bei einem großen Konzern?
Mit Start-ups hat man die Möglichkeit, die Welt ein Stück weit neu zu erfinden. Eine zündende Geschäftsidee verfolgt der Starter mit Passion und hat Mitstreiter, die unternehmerisch ebenso hungrig sind. In einem schnellen, agilen und flexiblen Umfeld macht es Spaß zu arbeiten. Daher bestimmen nicht mehr allein junge Hochschulabsolventen die Szene, sondern durchaus auch erfahrene Kräfte.

Flexibilität ist ein Merkmal von Start-ups. Welche Geschäftsmodelle sind typisch für die Szene im Tech-Bereich?
Am Anfang steht immer die Idee einer technologischen Entwicklung, die es so bislang nicht gab. Das bedeutet auch eine gewisse Technologieführerschaft. In letzter Zeit verschieben sich die Geschäftsmodelle. Der Trend geht vom reinen Bereitstellen einer Plattform hin zu einer Kombination aus Plattform und intelligenter Datenauswertung. Das schafft für den Kunden etwas Neuartiges mit Mehrwert und macht viele Unternehmen erfolgreich – Start-ups, aber auch größere. 

Deloitte widmet solchen Geschäftsideen die Fast 50 Awards. Stellen Sie uns den Wettbewerb vor?
Wir waren einer der ersten Wettbewerbe, der die am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen auszeichnet – und das seit nunmehr 15 Jahren. Wir richten uns nicht an die typischen Garagen-Start-ups, die möglichst schnell gewinnbringend verkaufen wollen. Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Kriterium für die Fast 50. Daher kommt es uns nicht allein auf die Idee, sondern auf eine Kombination von Technologie und nachweislichem Wachstum an. Im Rückblick haben viele unserer Preisträger in der Tat langfristig Erfolg.

Digitalisierung betrifft alle Branchen und macht auch an Landesgrenzen nicht Halt. Wie spiegelt sich das im Wettbewerb?
Fast 50 ist keine rein deutsche Veranstaltung, sondern findet mittlerweile in 20 europäischen Ländern statt. Auf dieser Ebene gibt es die Fast 500 und darüber hinaus noch ein globales Event. Damit haben die Sieger die Gelegenheit, sich mit Ihresgleichen länderübergreifend auszutauschen. Das bringt neue Impulse und ergänzende Netzwerke.

Bei den Fast-50-Awards ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Kriterium. „Daher kommt es uns nicht allein auf die Idee, sondern auf eine Kombination von Technologie und nachweislichem Wachstum an“, sagt Gentner. Quelle: Deloitte
Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter TMT EMEA bei Deloitte

Bei den Fast-50-Awards ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Kriterium. „Daher kommt es uns nicht allein auf die Idee, sondern auf eine Kombination von Technologie und nachweislichem Wachstum an“, sagt Gentner.

(Foto: Deloitte)

Auszeichnungen wie Fast 50 sind ein Weg, die Entwicklung von Start-ups zu fördern, Kooperationen mit etablierten Unternehmen ein anderer. Warum sind solche Partnerschaften interessant – für beide Seiten?
Dank der Digitalisierung müssen Starter nicht mehr unbedingt Millionen in ihre Idee reinschießen, sondern können schon mit wenig Investment einiges erreichen. Die Kooperationen werden interessant, um den Eintritt in einen Massenmarkt zu schaffen – sei es im B2B- oder B2C-Bereich. Etablierte Unternehmen bringen dann ihren Kundenstamm, ihre Infrastruktur oder ihre Erfahrung mit ein. Umgekehrt sind Start-ups hilfreich, um veraltete Prozesse digital zu optimieren. Sie liefern Lösungen, auf die ein etabliertes Unternehmen vielleicht selbst nie kommt. Daher unterhalten viele Venture-Capital-Töchter oder Inkubatoren – immer auf der Suche nach Ideen für das eigene Geschäftsfeld.

Nennen Sie ein konkretes Beispiel für ein Start-up, das bei den Fast 50 und ebenso bei einen Branchenriesen überzeugt hat?
Celonis schaffte es 2015 an die Spitze der Fast 50 – mit einem Wachstum von damals fast 4.000 Prozent. Mit ihrer Software für Prozessanalyse haben sie auch den Weltmarktführer SAP überzeugt. Das etablierte Unternehmen bietet dem Start-up eine weltweite Präsenz und nutzt dessen Idee gleichzeitig, um sein eigenes Produkt interessanter zu machen. Das ist ein gutes Beispiel für so eine Win-Win-Situation.

Celonis und SAP sind ein Beispiel. Wie steht es um die deutsche Tech-Szene im Allgemeinen?
Mittlerweile sind wir gut aufgestellt. Lange hat man den Deutschen vorgeworfen, sie könnten alles, nur nicht Software. Aber alle Start-ups, die wir in den vergangenen Jahren ausgezeichnet haben und in diesem Jahr auszeichnen, sind in digitalen Geschäftsfeldern unterwegs. Zudem bietet Deutschland ein hervorragendes Ausbildungsniveau und immerhin an einigen Standorten ein gewisses Ecosystem. Damit machen wir zwar nicht dem Silicon Valley Konkurrenz, müssen uns aber auch nicht verstecken.

Vielleicht ist die Kluft zwischen Deutschland und dem Silicon Valley auch eine Frage der Mentalität: Dominiert in Deutschland mehr als in den USA die Angst zu scheitern?
Sicherlich sind die Deutschen risikoavers, während insbesondere in den USA das Scheitern als Voraussetzung für den nächsten Erfolg gilt. Andererseits verschaffen sorgfältiges Abwägen und genaue Planung den Start-ups auch Glaubwürdigkeit. Das solide, bodenständige, wohlüberlegte Deutsche mit etwas mehr Gründergeist und Risikobereitschaft zu verbinden, wäre wohl der Mittelweg zum Erfolg. Die Rahmenbedingungen spielen aber ebenso eine Rolle. In Deutschland und Europa haben es Gründer mit Richtlinien etwa zum Datenschutz schwerer als ihre Mitbewerber in den USA. Weniger Regulierung könnte für die Start-ups mehr Erfolg bedeuten.

Aktuell laufen in Berlin die Koalitionsverhandlungen. Trauen Sie einer neuen Regierung zu, die Weichen für ein gründerfreundlicheres Umfeld zu schaffen?
Die veränderte Regierungsbeteiligung wird hoffentlich neuen Schwung bringen. Schließlich haben die Parteien unisono erklärt, dass sie Digitalisierung und die entsprechende Infrastruktur in dieser Legislaturperiode angehen wollen. Flächendeckende Breitbandversorgung ist ein Thema, das alle Parteien auf ihrer Wahlkampfagenda hatten.

Danke für das Gespräch, Herr Gentner.

Alle deutschen Fast 50-Teilnehmer des Jahrgang 2017 in der Übersicht
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