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Industrie 4.0 Auf dem Weg zu smarten Prozessen

Eigenständig lernende und digital vernetzte Systeme, die eine Produktion zum Selbstläufer machen – dafür steht der Begriff Industrie 4.0. Doch auf dem Weg zu smarten Prozessen müssen Unternehmer einige Hürden meistern.
08.12.2017 - 09:17 Uhr Kommentieren
Quelle: Getty Images/Getty Images
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Flexible Fertigung, schnellere Umrüstzeiten, Einsparung von Rohstoffen: Viele Hoffnungen ruhen auf der Digitalisierung von Produktionsprozessen. Im schwäbischen Winnenden haben Fertigungsplaner, Organisationsprofis, IT-Experten, Ingenieure und Techniker ein Jahr lang an einem solchen Projekt getüftelt. Entstanden ist eine völlig neuartige Montagelinie der Alfred Kärcher GmbH & Co. KG.

Auf 30 Metern in der Länge und 5 Metern in der Breite werden Scheuersaugmaschinen gebaut. Mit diesen Geräten lassen sich große Bodenflächen effizient säubern. Die Anlage soll vor allem eines leisten: „So wie sich Kunden bis ins Detail ihr Auto beim Neukauf zusammenstellen, können auch unsere Floor-Care-Maschinen B40 oder B60 konfiguriert werden – mit mehr als 40.000 Varianten der Modelle“, erklärt Wolfgang Thomar, Bereichsleiter Factories Germany & Production Engineering bei Kärcher.

Individuelle Kundenwünsche und automatische Bestellungen

Die Losung bei Kärcher heißt: Lasst uns – digital unterstützt – alle Materialien bereithalten und nach Kundenwunsch in der Montagelinie zusammenbauen. Mithilfe einer ausgeklügelten Vernetzung von Logistik, Lager und Produktion ist die zunehmend gefragte Einzelfertigung möglich. Immer mehr Mittelständler digitalisieren diese wichtige Prozesse und vernetzen sie miteinander. Das passiert sowohl intern im Rahmen ihrer Fertigung als auch extern im Datenaustausch mit Lieferanten und Kunden.

Ein Ziel ist es dabei beispielsweise, dass Maschinen in der Produktion Material für die Verarbeitung beim Zulieferer eigenständig nachbestellen, wenn es im Lager zur Neige geht. Der Lieferant bekommt dann – mit etwas menschlichem Zutun oder vollautomatisch – den entsprechenden Auftrag. Möglich ist diese Vernetzung innerhalb der Produktion mithilfe des Internets der Dinge. Jedes Teil im Fertigungsprozess hat dabei seine eindeutige Kennung, eine Art chipbasierte DNS, die diese Kommunikation möglich macht. Der Begriff dafür: Industrie 4.0.

Einer, der den Begriff der Industrie 4.0 mitgeprägt hat, ist Henning Kagermann, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Er erklärt die Namensfindung damit, dass eine „vom Internet getriebene vierte industrielle Revolution“ stattfinde. Die vierte deshalb, weil sie nach der Mechanisierung, der Elektrifizierung und dem Einsatz der Mikroelektronik durch die Entwicklung des Internets vorangetrieben wird. Ihr Ziel sind vollautonome, intelligente Fabriken und Logistikzentren.

So ist der deutsche Mittelstand aufgestellt

Durch die Digitalisierung ist es möglich, Abläufe dezentral zu steuern und die Prozesse mit Datenanalysen zu verbessern. Einzelne Branchen gehen dabei vorneweg. Das sind vor allem die Telekommunikation, die Elektroindustrie und der Maschinenbau. Auch im Mittelstand gibt es sehr intelligente Lösungen. Mehr als 300 Firmenanwendungen von rund 130 Unternehmen finden sich allein auf der Plattform-i40.de vom BMWi.

Die Cebit in Hannover hat deutlich gemacht: Die vernetzte Produktion ist bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen angekommen. Viele Aussteller präsentierten dort ihre Lösungen. Im Campus Mittelstand gab es 2017 eine Sonderveranstaltung Handwerk, die sich unter anderem mit neuen Strategien für größere Wettbewerbsfähigkeit befasste. Die Hannover-Messe präsentierte sich als der globale Hotspot für die Industrie 4.0.

Doch es gibt auch Unternehmer, die mit Blick auf diese vierte industrielle Revolution große Probleme wahrnehmen. Horst Wildemann, Professor an der TU München und Geschäftsführer der Unternehmensberatung TCW, konstatiert, die mittelständischen Betriebe beschäftigten sich zwar „intensiv mit der Thematik“, aber es gebe punktuell Nachholbedarf. Wer solch ein Projekt angehe, habe eine Menge zu beachten.

Die Großen gehen voran

Reinigungsspezialist Kärcher ist über dieses Stadium weit hinaus. Die Montagelinie für die Floor-Care-Maschinen B40 und B60 ist in der 20.000 Quadratmeter großen Werkshalle in Winnenden untergebracht. Jeden Tag geht Bereichsleiter Thomar auf dem Weg zu seinem Büro an der neuen Fertigungsstraße vorbei, die er mit Stolz als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnet. Dort arbeiten sechs Monteure im Zweischichtbetrieb.

Ihre Arbeit ist anspruchsvoll: Sie begleiten die entstehende Maschine über die Fertigungsstraße. Zum Start des Baus einer von Kunden konfigurierten Scheuersaugmaschine finden sich alle für die Herstellung wichtigen Informationen auf einem Funketikett – RFID-Chip genannt – am Werkstückträger. Mithilfe der RFID-Erkennung werden an jeder Arbeitsstation automatisch die nötigen Hinweise für die Bearbeitung auf Bildschirmen angezeigt. Die dafür zu nutzenden Einzelteile findet der Monteur in ausgesuchten Kisten, die grün aufleuchten. Neues Material wird über ein ausgeklügeltes System automatisch bestellt und rechtzeitig angeliefert, bevor das alte zur Neige geht.

Ohne den Menschen geht es nicht

Am Ende der Produktionslinie steht ein Prüfstand. Wenn der Bodenreiniger dort als voll funktionsfähig abgenommen ist, wird das Stück über einen Scan des QR-Codes elektronisch als fertig montiert und geprüft verbucht. Thomar resümiert: „Letztlich ist dieses Projekt mithilfe der beteiligten Monteure, Logistiker und Ingenieure entstanden, die alle ihre Erfahrung eingebracht haben.“ Deshalb gilt für ihn: „Auch wenn es um Digitales geht, reden wir von Mitarbeitern, Kollegen und Kunden.“ Eine Bitkom-Umfrage unter Unternehmern zeigt: Eine große Hürde für Industrie-4.0-Projekte ist neben der hohen Komplexität der Mangel an Fachkräften. Für die Digitalisierung eines Unternehmens braucht es qualifizierte Mitarbeiter.

Davon ist auch Stefan Aßmann überzeugt. Er leitet bei Bosch den Innovationscluster Connected Industry. Im Werk Blaichach stellen rund 3.200 Beschäftigte Bremssysteme, Einspritzkomponenten, Turbolader und Sensoren her. Produktion und Logistik sind in Echtzeit vernetzt, die Betriebsdaten werden sofort ausgewertet. Für den Ingenieur Aßmann heißt das: „Durch technologischen Wandel entstehen neue Tätigkeitsfelder und der Bedarf an besser ausgebildeten Fachkräften wächst.“

Gesucht: Fachkräfte mit Industrie-4.0-Kompetenzen

Facharbeiter benötigten in diesem Umfeld spezielle Kompetenzen in den Bereichen IT, Netzwerk- und Funktechnologien sowie Prozesswissen. „Bei Bosch binden wir das Thema Vernetzung in unsere Ausbildungsgänge ein“, sagt Aßmann. „Wir lehren die Bedienung von Anlagen mithilfe von Tablets sowie das Wissen um Netzwerke und Funktechnologien in der Fertigung.“

Künftige Mitarbeiter bereitet Bosch in der Ausbildung zum Produktionstechnologen auf Industrie-4.0-Fragen vor. Die Absolventen optimieren später die betrieblichen Abläufe in der Fertigung und werden in den dafür benötigten IT-Systemen geschult.

Ohne Investition geht es nicht

Das größte Hindernis für Industrie-4.0-Projekte sind laut Bitkom-Umfrage jedoch die Investitionskosten. 72 Prozent der Befragten gaben dies als Grund für ihre Zurückhaltung bei der Digitalisierung an. Zu kurz gedacht, sagt Winfried Holz, Mitglied des Bitkom-Präsidiums: „Wer seine Produktion fit machen will für die Zukunft, muss in aller Regel erst einmal investieren. Diese Investitionen sind aber genauso essenziell wie die Pflege und Wartung von Maschinen.“ Seine Schlussfolgerung: „Ohne diese Investitionen wird es künftig keine moderne, effiziente Produktion mehr geben.“

Förderungen: Bund und Banken helfen mit

Zudem müssen mittelständische Unternehmen die Kosten nicht allein stemmen. Neben Programmen des Bundes gibt es zahlreiche andere Förderungen, die Banken ihren Kunden vermitteln. Sie werden rege genutzt, wie Amparo Hausherr-Bohn, verantwortlich für den Bereich Branchen-Know-how & Zukunftsmärkte bei der Bayerischen Landesbank in München, feststellt. Doch ohne die Unterstützung von Experten sei es für den einzelnen Unternehmer nahezu unmöglich, sich im Dschungel der vielfältigen Fördermöglichkeiten zurechtzufinden.

„Die Förderung eines Industrie-4.0-Projekts hängt beispielsweise davon ab, in welcher Phase es sich befindet“, so Hausherr-Bohn. „Für ein Projekt, das sich in der Forschungs- und Entwicklungsphase befindet, stehen andere Förderprogramme zur Verfügung als für ein Projekt in der Umsetzung.“ Davon sollten sich Betriebe jedoch nicht abschrecken lassen. Denn wir helfen Unternehmern dabei, ihre Firmen fit für die Zukunft zu machen. Gerne beraten wir auch über alle möglichen Fördermittel.