Smart Grid Wie das Stromnetz der Zukunft mitdenkt
Waschmaschinen, Industrieanlagen, Heizungen oder Windräder schalten sich im intelligenten Stromnetz automatisch ein oder drosseln ihre Leistung. Was nach Zauberei aussieht, sind stattdessen hochmoderne Kommunikationstechnologie und digitale Messtechnik. Die Industrie weltweit stellt derzeit die technologischen Weichen für das Stromnetz der Zukunft. In diesem steuern miteinander vernetzte mess- und regelbare Komponenten den Transport und die Verteilung der Energie, und sorgen so für Versorgungssicherheit. Ziel ist es, eine Plattform für den Informationsaustausch über Angebot und Nachfrage zu haben.
Die Energiewende ist mehr als der Ersatz fossiler Energieträger und Atomkraft durch erneuerbare Energien. Vor dem Erfolg muss eine überzeugende Gesamtlösung für die neuen technischen Anforderungen her. Dafür muss die Überwachung und Steuerung der Energienetze auf mehrere Ebenen ausgedehnt werden. Denn bislang speiste eine überschaubare Anzahl Kraftwerke ihren Strom in die Hochspannungsnetze ein. Der Strom wurde, je nach Bedarf der Verbraucher, in die Mittel- und Niederspannungsebene weitergeleitet. Diesen „Top-Down-Ansatz“ hat die Energiewende umgeworfen. Viele kleinere und räumlich verteilte Erzeuger produzieren nun Strom und speisen ihn direkt in die Mittel- oder Niederspannungsnetze ein.
Um der neuen Situation gerecht zu werden, muss das Versorgungsnetz der Zukunft kommunizieren: Informationen über den Strombedarf der Verbraucher einerseits und über prognostizierte Strommengen im Netz andererseits sind für einen stabilen Betrieb notwendig. Liefern Windräder und Solaranlagen zu wenig Strom, können andere Stromerzeuger zugeschaltet werden. Ist zu viel Strom im Netz vorhanden, kann die Einspeisung heruntergefahren oder überschüssiger Strom zwischengespeichert werden. Informations- und Kommunikationstechnologien wachsen also mit der Netzinfrastruktur zusammen: Das Netz wird smart.
Und das lohnt sich. Laut der Verteilnetzstudie des Bundeswirtschaftsministeriums 2014 kann allein durch das Abregeln von drei Prozent der jährlichen Einspeisung von Ökoenergie-Anlagen bis zu vierzig Prozent des Ausbaus der Verteilnetze eingespart werden.
Ein Smart Grid beginnt mit dem ersten Windrad oder der ersten Photovoltaikanlage, die Strom in das Netz einspeisen und auf intelligente Weise in das Gesamtsystem integriert werden. Mit jeder Erzeugungseinheit, die hinzukommt, wird die Steuerung komplexer. In ein vollständiges Smart Grid sind Industriebetriebe und private Haushalte eingebunden. Viele von ihnen verbrauchen nicht nur Strom, sondern erzeugen ihn auch, etwa durch die eigene Solaranlage auf dem Dach. Zudem sollen Haushalte überschüssigen Strom zwischenspeichern können. Entsprechende Batteriespeicher gibt es für Einfamilienhäuser schon in kleinen Varianten– von Blei-Akkus bis hin zu Lithium-Ionen-Lösungen, die auch in Elektroautos eingesetzt werden, und eine höhere nutzbare Kapazität und Haltbarkeit vorweisen.
Der Weg ist das Ziel
Wie ein Smart Grid funktionieren muss, ist somit weitgehend klar. Der Weg dahin ist aber eine Herausforderung: Flächendeckend müssen Erzeuger, private und kommerzielle Verbraucher, Speicher und Netzkomponenten mit moderner Mess- und Regeltechnik ausgestattet und vernetzt werden. Die notwendigen technologischen Weichen dafür stellt heute die Industrie. Der Bedarf an Informations- und Kommunikationstechnologien sowie an Messtechnik ist groß. Die Konzerne GE und Deutsche Telekom haben sich zusammengetan, um ihre Kompetenzen in den jeweiligen Bereichen zu bündeln: GE bringt die Expertise im Planen, Verwalten, Steuern und Automatisieren von Energienetzen mit ein. Von der Deutschen Telekom kommt das Know-how zum Übertragen und Verarbeiten von Massendaten aus digitalen Stromzählern. Der flächendeckende Austausch herkömmlicher Stromzähler durch sogenannte Smart Meter ist eine wesentliche Komponente im intelligenten Netz: Die digitalen Stromzähler machen den Verbrauch für Kunden transparent und zeigen genau auf, wann und wie viel Strom verbraucht wurde.
Der Weg zum Smart Grid ist also vorgezeichnet. Digitale Lösungen werden alle Bereiche des Stromnetzes ergänzen, optimieren und Kosten reduzieren. Sie sind unabdingbar, um die wachsende Zahl dezentraler Erzeuger effizient in die Verteilnetze zu integrieren. Technologie verbindet dabei die alte mit der neuen Stromwelt. Ein bisschen digitaler Zauber ist auch dabei.