Vielfalt Warum das gleiche Trainee-Programm für alle nicht reicht
IPhones, Apps und aufstrebende Start-ups sind normalerweise sein Thema. Doch im Oktober 2014 geht es Apple-Chef Tim Cook um etwas anderes. „Ich bin stolz darauf, schwul zu sein“, schreibt er im amerikanischen Magazin Businessweek. Für den unternehmerischen Erfolg des Elektronikkonzerns ist diese Nachricht eigentlich irrelevant. Dennoch nimmt die Welt genau Kenntnis von dem, was der Apple-CEO da schreibt.
Viele Apple-Mitarbeiter wissen es ohnehin längst. Viele meinen auch, dass Cooks sexuelle Orientierung nichts mit dem Geschäft zu tun habe – und daher nicht der Rede wert sei. Ein direkter Bezug zu den Produkten oder der Strategie eines der weltweit erfolgreichsten Unternehmen lasse sich schließlich nicht herstellen. Allerdings: „Es ist höchst relevant für ein Unternehmen und seinen Erfolg, ob es eine Kultur der Vielfalt zulässt“, sagt Carsten Kratz, Deutschlandchef der Strategieberatung „Boston Consulting Group“.
Natürlich lässt sich nicht unmittelbar belegen, dass Apple so erfolgreich ist, weil Tim Cook dort arbeitet. Doch fest steht: Es macht einen Unterschied, ob alle Mitarbeiter im Unternehmen gleich sind. Ob sie etwa aus dem gleichen Trainee-Programm im gleichen Großkonzern stammen. Oder ob auch Menschen zusammenkommen, die durch ihren unterschiedlichen Hintergrund unterschiedlich geprägt sind. „Wer innovativ sein möchte, muss Vielfalt fördern. Und zwar in allen Facetten. Ein vielfältiges Unternehmen ist eines, in dem Männer und Frauen zusammenkommen. Menschen unterschiedlicher Herkunft. Menschen, die mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Lebens- und Ausbildungswegen zusammenkommen. Oder eben auch Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung“, sagt Carsten Kratz.
Zahlreiche Studien haben bereits den Zusammenhang zwischen Vielfalt in einem Unternehmen und dem Erfolg dieses Unternehmens untersucht. Und in der Tat finden sich quantitative Belege. Dennoch ist die Korrelation etwa mit kurzfristigen Wachstumswerten zu gering – und Vielfalt kein Selbstläufer. Viele Unternehmen straucheln, obwohl ihre Absichten gut sind.
Beispiel Frauen: Die Luft für Frauen in Führungsetagen ist nach wie vor dünn – aller Fördermaßnahmen und besserer Bildungsabschlüsse zum Trotz, wie eine aktuelle Studie der Boston Consulting Group (BCG) mit dem Titel „Frau Dich! – Das schlummernde Potenzial der Frauen für die deutsche Wirtschaft“ zeigt.
Zwar stieg der Anteil weiblicher Hochschulabsolventen in Deutschland von 1994 bis 2014 signifikant an; Frauen machen mittlerweile rund 51 Prozent der Hochschulabsolventen aus. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen aber nahm kaum zu und bleibt nach wie vor deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ein wesentlicher Faktor für die Karriereverläufe sind Kinder: Frauen ohne Kinder schaffen es dreimal häufiger in die Topmanagementpositionen. „Dabei können Frauen mit ihrer Lebens- und Arbeitserfahrung einen zentralen Beitrag zu mehr Innovation und Wachstum in der Wirtschaft leisten„, sagt Rocío Lorenzo, BCG-Partnerin und Autorin der Studie „Frau Dich“. „Unternehmen sollten rasch handeln und diese Chance nutzen. Nur wer seine Unternehmenskultur an Vielfalt ausrichtet, hat damit auf lange Sicht Erfolg.“