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GastkommentarWarum ich mehr verdienen sollte!

Ein Manager hat auf Handelsblatt Online sein hohes Gehalt gerechtfertigt. Nun antwortet ihm einer, der weitaus weniger verdient: Ein Rettungsassistent. Warum er glaubt, dass er mehr verdienen sollte.Katharina Matheis 06.08.2014 - 11:16 Uhr Artikel anhören

Sanitäter im Einsatz: "Unsere Jobs haben viel gemeinsam, nur eines nicht: die Bezahlung."

Foto: dpa

Am Montag hat ein Manager an dieser Stelle sein hohes Gehalt verteidigt. Er sitze bis zu zehn Stunden am Tag in Meetings, am Schreibtisch oder im Auto, sein Job erfordere Mut, neue Wege zu gehen und Verantwortung zu übernehmen. Er verdiene, was er verdiene. Der Beitrag sorgte für reges Interesse und interessante Diskussionen bei den Lesern von Handelsblatt Online. Heute antwortet dem Manager einer, der nicht so viel verdient, aber seiner Meinung nach mehr verdient hätte. Der Leser möchte anonym bleiben, weil er auch interne Dinge aus seinem Arbeitsalltag preisgibt. Handelsblatt-Mitarbeiterin Katharina Matheis hat Protokoll geführt.

Hallo unbekannter Manager,

unsere tägliche Arbeit und unser Beruf haben viel gemeinsam – nur eine Sache nicht: Niemand hält mein Gehalt für zu hoch.

Ich arbeite Vollzeit im Rettungsdienst als Rettungsassistent beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Ich will Ihnen zeigen, dass Sie nicht der einzige sind, der hohen Anforderungen gerecht werden muss - und dabei nicht mit einem sechsstelligen Betrag im Jahr belohnt wird. Dabei sind unsere Jobprofile sehr ähnlich.

Plädoyer für hohe Managergehälter

Das sind die Gründe, warum ich so viel Geld verdiene!


1.       Arbeitszeiten

Sie arbeiten täglich bis zu elf Stunden, da kann ich mithalten: Unsere Schichten sind je nach Tag oder Nacht entweder elf oder 13 Stunden lang. Für den Nachtdienst ist eine Ruhepause vorgeschrieben, offiziell heißt diese „drei Stunden unbezahlte Bereitschaft“. Doch das interessiert im Notfall sowieso nicht. Gerade am Wochenende arbeiten wir durch, Pause hin oder her. Eigentlich ist es auch egal, schlafen kann ich auf der Wache meistens nicht. Schließlich kann jeden Moment der Piepser losgehen. Sie beantworten eine Mail nach der anderen (bis zu 200 sagen Sie) oder sind in Gesprächen –  wir fahren zu einem Einsatz nach dem anderen. Und jeder Schichtdienstler weiß, wie das Privatleben aussieht. Wir sind meist unterbesetzt, mein Kollege hat vor kurzem zwei Wochen ohne freien Tag gehabt. Und an Weihnachten, Silvester und zu Feiertagen sind wir selbstverständlich auch auf der Wache.

 

2.       Komplexität

Viele Faktoren berücksichtigen, alle Eventualitäten einplanen. Darum verdienen Sie also so viel Gehalt? Top-Manager müssten mit Komplexität zurechtkommen. Im Rettungsdienst ist das gleich: Wir dürfen nichts übersehen und das obwohl wir meist in komplett unbekannte Situationen kommen. Jeder Rettungsfall ist anders, die Faktoren unzählig, von der Vorgeschichte bis zur Medikation. Wir kommen zu Menschen, über die wir nichts wissen und haben meist nur wenige Minuten, die über Leben und Tod entscheiden könnten. Sie sagen, Manager werden für Ihren Entscheidungsmut bezahlt. Auch wir müssen uns entscheiden und haben oft nur wenige Augenblicke, um das richtige zu tun.

Schon vor einem Jahr wurde der Autobauer VW für das Rekordgehalt von 17,5 Millionen Euro, dass der Chef Martin Winterkorn bekam, ordentlich kritisiert. Auch deswegen muss sich der Topmanager heute mit „nur“ 14,5 Millionen Euro begnügen. Das macht bei einer Milchmädchenrechnung (200 Arbeitstage im Jahr, zehn Arbeitsstunden pro Tag, 80 Stunden in der Woche und nie Urlaub) einen Stundenlohn von 3500 Euro.

Aber wie relativ das alles ist, zeigt ein internationaler Gehaltsvergleich, den das „Wirtschaftsblatt“ angestellt hat.

In dem Ranking werden die weltweit bestbezahlten CEOs gezeigt (jedenfalls solche, deren Firmen die Gagen offenlegen). Es sind, das war zu erwarten, durchwegs Amerikaner, wobei die Rangliste der Gagenkaiser im Detail überrascht...

Foto: AFP

Rang 20: Der US-Medienmogul Philippe Dauman ist einer der bestbezahlten Chefs der Welt. Der Unterhaltungskonzern Viacom (MTV, Paramount, Nickelodeon) hat seinem CEO zuletzt umgerechnet all in all ein Jahresgehalt von 26 Millionen Euro gezahlt. Wobei der Großteil der Vergütung bei allen Top-Verdienern variabel ist, in Form von Aktienoptionen, die mitunter über mehrere Jahre laufen.

Foto: Reuters

In der Riege der weltweiten Top-Verdiener findet sich auch David M. Cote – der Chef des US-Mischkonzerns hat es mit einer Gage von 27,2 Millionen Euro auf Platz 19 geschafft.

(Quelle: Screenshot Honeywell)

Foto: Handelsblatt

Mark Parker: Der Chef des weltgrößten Sportartikelherstellers Nike hat es auf Platz 18 geschafft und wurde im vergangenen Jahr mit umgerechnet 27,4 Millionen Euro entlohnt. Er ist ein Urgestein in der Firma und hat 1979 als "kleiner Designer" angefangen, bevor er sich bis auf den Thron des Megakonzerns katapultierte.

Foto: obs

Der Designer Ralph Lauren hat es zwar nicht in die Top-Ten geschafft, gehört aber mit einem Jahresgehalt von 28,3 Millionen Euro trotzdem zu den bestverdienenden Manager der Welt. Dabei hat der Gründer des Modeunternehmens Polo Ralph Lauren nie eine Ausbildung als Modedesigner absolviert. Er hat es aber so weit gebracht, dass er es sich leisten konnte, für eine Party anlässlich des 40. Jubiläums seiner Firma (2007) den Central Park in New York zu mieten.

Foto: Reuters

Neben Ralph Lauren findet sich auch der Chef des IBM-Rivalen Nuance Communications in der Liste der Großverdiener. Paul Ricci landet mit einem Gehalt von 28,9 Millionen Euro auf Rang 16.

(Quelle: http://ww1.prweb.com/prfiles/2011/11/22/8987620/Ricci%20nuance.jpg)

Foto: Handelsblatt

Seine Karriere begann er mit Wetteransagen bei einem lokalen Radiosender. Inzwischen ist Robert A. Iger der mächtigste Mann bei Walt Disney. Dafür zahlt im das Medienunternehmen ein Jahresgehalt von umgerechnet 31,3 Millionen Euro. Seit 2011 dient er außerdem im Board of Directors von Apple.

Foto: dpa

Kann man mit Feinfiltern für die Absonderung von stabilen, flüssigen oder auch gasförmigen Fremdstoffen, die in Krankenhäusern, Blutbanken, Laboren, aber auch bei Fluggesellschaften und kommunalen Wasserversorgern Verwendung finden reich werden? Man kann. Zumindest, wenn der Chef der Firma Pall ist. Lawrence Kingsley bekam im vergangenen Jahr 32,5 Millionen Euro überwiesen.

(Quelle: Screenshot Pall.com)

Foto: Handelsblatt

Auch er hat mal klein angefangen und kam im Jahr 1979 als Praktikant zu Target. Inzwischen ist Gregg Steinhafel Chef des zweitgrößten Discounters in den USA, hinter Walmart. Target selbst beschreibt sich als ein „Billigkaufhaus“, um nicht nur ein Discounter zu sein. Steinhafel kam laut Wirtschafts Blatt im vergangenen Jahr auf ein Gehalt von 34 Millionen Euro.

(Quelle: Screenshot Forbes.com)

Foto: Handelsblatt

Richard B. Handler ist Chef der amerikanischen Investmentbank Jefferies. Dort laufen die Geschäfte prächtig: Allein zwischen 1993 und 2006 kletterte der Umsatz auf rund 2 Milliarden Dollar. Die Bank zahlte ihrem Boss im vergangenen Jahr 35,2 Millionen Euro – damit landet er auf Rang 12.

(Quelle: Screenshot wsj.com)

Foto: Handelsblatt

Der US-Telefonriese Verizon Communications hat seinem CEO Lowell McAdam (rechts), der seit zwei Jahren im Chefsessel sitzt, gut 35,6 Millionen Euro ausgezahlt.

Foto: dapd

Weiter geht's mit den Top-Ten-Bossen: Michael S. Jeffries ist der Chef der weltweiten Kultmarke Abercrombie & Fitch. Der Spiegel bezeichnete den 68-Jährigen mal als Kontrollfreak. Wenn er eine Aufgabe für das Personal hat, hat dieses mit „kein Problem“ zu antworten und nicht etwa mit „Sicher“ oder „einen Moment“, schreibt „Bloomberg News“. Die Strenge hat ihm offenbar noch nicht geschadet: Von seiner Firma bekommt er ein Gehalt von 37,4 Millionen Euro.

Foto: ddp images/AP/Mark Lennihan

Rankg 9: Der amerikanische Öl- und Gaskonzern Kosmos Energy zahlt seinem Chef, Brian Maxted, ein Jahresgehalt von 41,4 Millionen Euro.

(Quelle: Screenshot Homepage Kosmos Energy)

Foto: Handelsblatt

Rang 8: Der Chef des amerikanischen Pay-TV-Konzerns Discovery Communications ist seit 2006 im Amt und hat den Konzern vom starken Nischenanbieter zu einem der schnellstwachsenden Medienunternehmen der Welt umgekrempelt. In 2011 generierte Discovery zwölf Prozent Umsatzwachstum - bei 45 Prozent operativer Rendite. Im vergangenen Jahr bekam der erfolgreiche Manager David Zaslav (links) ein Gehalt von 41,7 Millionen Euro.

Foto: ap

Jahresgehalt 43,1 Millionen Euro: Das bekommt der amerikanische Investor Henry Kravis von seiner Beteiligungsgesellschaft KKR überwiesen. In Deutschland wurde das Unternehmen 2006 durch die gemeinschaftliche Übernahme der Pro Sieben Sat 1 Media bekannt.

(Quelle: Screenshot Homepage KKR)

Foto: Handelsblatt

It's Showtime: Der CBS-Chef Leslie Moonves arbeitet schon mehr als 20 Jahre in derselben Firma. Diese Treue zahlt sich aus. Der Medienkonzern gewährte ihm im vergangenen Jahr eine Vergütung von 50,3 Millionen Euro.

Foto: Reuters

Stephen Chazen (zweiter von links) ist Chef von Oxy, also Occidential Petroleum. Bei dem auf die Förderung von Erdöl und Erdgas spezialisierten Unternehmen verdient Chazen stattliche 58,6 Millionen Euro.

(Quelle: Screenshot Homepage Oxy)

Foto: Handelsblatt

Die Nummer vier im Ranking ist Ron Johnson, der als CEO der Kaffeehauskette J.C. Penney eine Jahresgage von 68,4 Millionen Euro bekommt. Bevor er bei J.C. Penney anheuerte, hat er 16 Jahre beim Walmart-Rivalen Target gearbeitet.

Foto: Reuters

Die Jahresgage des Google-Chefs Larry Page soll umgerechnet bei über 70 Millionen Euro liegen, so die Recherche des Wirtschaftsblatts. Der absolute Top-Verdiener ist aber Chef bei einer weniger bekannten Firma...

Foto: Reuters

Dazwischen landet aber noch der Oracle-Chef Larry Ellison auf dem vorletzten Platz. Das dürfte der Gründer des Tech-Riesen aber bei einem Jahresverdienst von 74,8 Millionen Euro verschmerzen. Ellison landet außerdem in der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt regelmäßig in den Top-Ten.

Foto: Reuters

Er steht an der Spitze des Rankings: David Simon, Chef der Immobilienfirma Simon Property Group, hat zuletzt fast 100 Millionen Euro verdient; ein Großteil davon in Form von Aktien. Das macht umgerechnet einen Stundenlohn von bis zu 50.000 Euro - dagegen soll ein Fonds bereits Klage eingereicht haben.

Foto: Bloomberg

  

3.       Verantwortung

Sie tragen Verantwortung für mehrere Millionen Euro und Arbeitsplätze? Ich glaube, es gibt wenige Berufe, die folgendes tatsächlich sagen können: Bei uns geht es um Leben und Tod. Und ohne dramatisieren zu wollen: Gibt es mehr Verantwortung? Ihre Fehler kosten Geld; wenn wir Fehler machen, kostet das Menschenleben.

Bis wir im Krankenhaus sind oder der Notarzt vor Ort ist, müssen wir für alles geradestehen. Wir haben medizinisches Fachwissen, doch viele Dinge darf rechtlich nur der Arzt. Dann müssen wir – natürlich schnell – abwägen: Wie dringend ist ein Eingriff? Wenn einem Patienten etwas passiert, wird danach oft gefragt: Warum haben sie nicht auf den Arzt gewartet? Oder eben: Warum haben die Rettungsdienstler nicht eingegriffen? Dann trage ich die volle Verantwortung – auch für die anderen in meinem Team.



4.       Belastung

Sie berichten von der Belastung, die ein Topmanager aushalten muss: Eine Mauer sein, standhaft bleiben, im Wind vor dem Unternehmen und den Mitarbeitern. Nicht wenige Manager bekämen davon Magengeschwüre. Bei letztgenannten könnten wir Ihnen vielleicht helfen, gegen psychische Belastung in unserem Job gibt es aber kein direktes Gegenmittel. Jeder hat sein eigenes Päckchen, für mich persönlich ist es schlimm, wenn ein Notfall mit Kindern zu tun hat. Mit harten Bildern müssen wir irgendwie zurechtkommen. Oder wenn wir Fehlentscheidungen getroffen haben und im schlimmsten Fall jemand stirbt – das geht an die Substanz. Klar, das gehört zu unserem Job. Dafür werden wir bezahlt. Aber das bedeutet nicht, dass es uns kaltlässt.

Übrigens geht unser Job auch auf die Knochen: Oft tragen wir schwergewichtige Patienten aus mehrstöckigen Häusern.

5.       Gefühl und Kommunikation

Feingefühl – eine Qualität von Topmanagern, die oft vergessen wird, sagen Sie. Wir können davon ein Lied singen. Gefühl und Kommunikation gehört zu unserem Alltag, obwohl es gar nichts mit der eigentlichen Patientenversorgung zu tun hat. Es wird einfach erwartet, dass wir schwierige Situationen mit Kommunikation lösen können. Fast täglich werden wir beleidigt, viele verstehen nicht, warum wir nicht schneller da sind oder warum wir uns für eine bestimmte Lösung entscheiden. Dann kommt’s auf die richtige Kommunikation an – im Team, mit Patienten, mit Angehörigen. Der schlimmste Fall ist, wenn wir jemandem einen Trauerfall nahebringen müssen. So etwas steht in keinem Buch. Nein, feinfühlige Kommunikation kann man nicht einfach so lernen. Weder Sie, noch wir.

 

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht neidisch auf Ihr Gehalt. Doch die Fähigkeiten, die es angeblich rechtfertigen, sind nicht nur in Ihrem Job gefragt. 

Wir haben übrigens noch eine Gemeinsamkeit. Wir bekommen immer einen gleichen Satz zu hören. Doch bei uns es nicht die Frage „Und dafür kriegt ihr Geld?“. Ich verdiene rund 1.600 Euro netto im Monat, das ist nicht wenig, aber auch nicht genug, um zum Beispiel eine Familie zu ernähren. Reich wird man im Rettungsdienst nicht. Wenn ich also von meinem Beruf erzähle, höre ich nicht „Dafür kriegt Ihr so viel Geld?“ – sondern: „Das könnte ich nicht!“.

Für anonyme Informanten

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