
Portugal hat sich mit der EU und dem IWF auf ein Hilfspaket geeinigt, sagte Premierminister Jose Socrates.
LissabonDas hoch verschuldete Portugal hat die Weichen für das Milliarden-Rettungspaket gestellt. Der geschäftsführende Regierungschef José Sócrates teilte am Dienstagabend in Lissabon mit, man habe die Verhandlungen mit den Vertretern der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) erfolgreich abgeschlossen.
Keine Angaben machte Sócrates zur Höhe der benötigten Finanzhilfe. Nach bisherigen Angaben der EU-Kommission geht es um eine Größenordnung von 80 Milliarden Euro. Die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa
berichtet unter Berufung auf Regierungskreise, das Hilfspaket werde auf 78 Milliarden Euro belaufen. Entscheidende Voraussetzung für eine Einigung war die Verständigung auf ein neues Sparpaket, mit dem Portugal seine Finanzen wieder in den Griff bekommen soll.
Auch dazu gab Sócrates nur wenige Details bekannt. In Lissabon wurde damit gerechnet, dass die EU-Kommission und der IWF am Mittwoch weitere Einzelheiten mitteilen. „Wir haben ein gutes Abkommen erzielt“, sagte Sócrates.Entgegen den Befürchtungen werde man weder die niedrigsten Renten und Pensionen bis 600 Euro senken noch das Weihnachtsgeld und das 13. Gehalt streichen. Das Abkommen sehe ferner keine Entlassungen und
auch keine weiteren Kürzungen im öffentlichen Dienst vor. Das Hilfspaket sehe vielmehr eine „Vertiefung“ des jüngsten Sparpakets der Minderheitsregierung vor, das Ende März von Parlament abgelehnt worden war, erklärte Sócrates. Entgegen den Befürchtungen werde es auch keine Privatisierung der staatlichen Bank Caixa Geral de Depósitos geben.
Das Haushaltsdefizit von zuletzt 9,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes soll bis 2013 auf höchstens drei Prozent gedrückt werden. Mehr ist nach den EU-Spielregeln nicht erlaubt. Für das laufende Jahr habe man sich zu einer Senkung des Defizits auf 5,9, für das nächste auf 4,5 Prozent verpflichtet.
„Er (Socrates) hat uns nur die freundliche Seite des Deals gezeigt“, sagte Filipe Garcia von Mercados Financeiros in Porto. „Die dunkle Seite ist noch unbekannt, und die enthält unter anderem die Zinssätze.“
Portugal hatte vor knapp vier Wochen den offiziellen Hilferuf bei der EU-Kommission in Brüssel aktenkundig gemacht. Nur wenige Stunden später war das Hilfsverfahren für das gebeutelte Land in Gang
gesetzt worden. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte im April angekündigt, dass das Hilfspaket am 16. Mai endgültig geschnürt werden solle. Die Europäer werden dabei nach bewährtem Muster rund zwei Drittel der Last - also rund 54 Milliarden Euro - stemmen, der Internationale Währungsfonds (IWF) das restliche Drittel.
In Brüssel gilt die Gewährung von Kredithilfen für Portugal als schwieriger als die bereits geschnürten Pakete für Griechenland und Irland. Grund sei, dass sowohl die hohe Verschuldung des Staats als auch Schwierigkeiten im Bankensystem und Strukturreformen gleichzeitig angegangen werden müssten.
Portugals Rettung hängt nun an Finnland
Die Rating-Agentur Moody's hat 13 staatliche Zahlungsausfälle zwischen 1998 und 2008 untersucht. Danach mussten die Gläubiger 30 Tage nach dem Zahlungsverzug einen durchschnittlichen Abschlag von rund 50 Prozent hinnehmen.
Der Zahlungsausfall schwankte in den einzelnen Ländern aber stark. Gläubiger der Dominikanischen Republik kamen mit einem Minus von fünf Prozent noch glimpflich davon. Für Zeichner russischer Anleihen lag der Verlust mit 82 Prozent um ein Vielfaches höher.
Grundsätzlich werden ausländische Investoren nicht schlechter behandelt als einheimische Gläubiger. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Allerdings gibt es auch hier keine Regeln ohne Ausnahmen: Sowohl die Ukraine als auch Russland räumten den einheimischen Investoren „deutlich bessere Deals“ ein.
„Sowohl die russische als auch die argentinische Wirtschaft konnten die Krise relativ schnell überwinden, profitierten dabei aber von außergewöhnlich günstigen Rahmenbedingungen“, heißt es in einer Commerzbank-Studie. In Russland brach die Wirtschaftsleistung im Krisenjahr 1998 um rund 5,5 Prozent ein, ehe sie in den Folgejahren wegen des Rohstoffbooms um durchschnittlich etwa sieben Prozent wuchs.
Auch Argentinien erholte sich dank der steigenden Rohstoffnachfrage rasch. „Anleger sollten diese Erfolge daher nicht bedenkenlos auf andere Länder übertragen“, warnen die Experten der Commerzbank.
Neben den Euro-Ländern hilft auch der IWF mit Geldern aus: Sowohl in Griechenland als auch in Irland ist der erfahrende Krisenhelfer mit im Boot. Aber auch IWF-Hilfen waren in der Vergangenheit keine Garantie gegen Staatspleiten, wie das Beispiel Russland zeigt.
IWF und Weltbank sagten dem vor dem finanziellen Kollaps stehenden Land im Krisenjahr 1998 Hilfen von 22,6 Milliarden Dollar zu. Dennoch bediente der Staat ab August 1998 seine Schulden nicht mehr.
Bedingung für IWF-Hilfen sind strenge Auflagen, die aber nicht immer eingehalten werden. Der IWF schnürte 2000/2001 mehrere Hilfspakete für Argentinien - er erhöhte die Kreditlinien, organisierte Kreditzusagen der Weltbank und der spanischen Regierung.
Die Regierung aber sparte nicht wie vereinbart, sondern fuhr ihre Ausgaben im Kampf gegen die Wirtschaftskrise sogar hoch. Argentinien verfehlte damit die mit dem IWF vereinbarten Haushaltsziele.
Der Fonds setzte deshalb im Dezember 2001 die Zahlungen aus. Am 3. Januar 2002 konnte Argentinien seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen.
Nun blicken alle Beteiligten mit Spannung nach Finnland, wo etwaige Portugal-Hilfen vom Parlament gebilligt werden müssen. Die euroskeptischen „Wahren Finnen“, die bei der jüngsten Wahl stark zugelegt hatten, haben sich gegen eine Rettung Portugals ausgesprochen. Beobachter gehen aber davon aus, dass die Partei ihre Haltung abschwächen könnte, sobald sie an der Regierung beteiligt ist. Die designierte finnische Regierung aus Konservativen, Sozialdemokraten und „Wahren Finnen“ will die umstrittene Frage nach Angaben des designierten Ministerpräsidenten Jyrki Katainen bis zum 13. Mai klären.
Socrates hatte jüngst erklärt, seine Regierung hoffe auf eine Zusage des Hilfspakets auf dem Treffen der Finanzminister der Euro-Zone (Ecofin) am 16. Mai. Das Land hat nach eigenen Angaben ausreichend Geld bis Juni, muss danach aber wohl auf das Hilfspaket zurückgreifen.
Für eine Besonderheit im Verfahren hatte die Regierungskrise in Portugal gesorgt, wo Ministerpräsident José Socrates zurückgetreten war, weil sein jüngstes Sparpaket von der Opposition zu Fall gebracht worden war. Die Neuwahl des Parlaments ist für den 5. Juni vorgesehen - Socrates Sozialistische Partei führt die Wahlumfragen an. Die EU hatte wegen dem Sturz der Regierung ausdrücklich alle politischen Kräfte in Portugal an den Tisch gebeten und eine parteiübergreifende Vereinbarung angemahnt.
Nach bisherigen Angaben war damit zu rechnen, dass die Sparauflagen noch härter ausfallen werden. Zusätzlich wurde Lissabon ausdrücklich aufgefordert, nach dem Vorbild Griechenlands Staatsbesitz zu versilbern. Portugal wird als drittes Land der Europäischen Union - nach Griechenland und Irland - an den Brüsseler Finanztropf kommen.
Irland wird von einer Bankenkrise erschüttert und nimmt 85 Milliarden Euro Finanzhilfe von der EU und dem IWF in Anspruch. Griechenland hatte bereits vor der Bildung des EU-Rettungsfonds EFSF von einem Extra-Paket von 110 Milliarden Euro profitiert.
2 Kommentare zu "Euro-Krise: Portugal stellt die Weichen für Milliarden-Rettungspaket"
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Übrigens ist der Risikoaufschlag für deutsche Staatsanleihen seit der Eurokrise von 0.03% auf 0,46% - also immerhin um das 15-fache gestiegen - aber das nur als Nebeninfo... (Infos aus FTD ---> http://is.gd/ETYwNF).
Maßstab hierfür sind die Risikoausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS). Sie geben an, wie viel Prozent des Kredits ein Gläubiger des Landes auf Sicht von fünf Jahren Laufzeit pro Jahr zahlen muss, um sich gegen einen Staatsbankrott zu versichern.
Bei zur Zeit rund 140 Mrd. Euro/Jahr Refinanzierungsbedarf der Bundesrepublik bedeutet alleine die Risikoprämie nach Adam Riese Kredit-Mehrkosten von rund 600 Mio. Euro - jährlich. Und das im Umfeld ohnehin steigender Zinsen.
Der sich aus der steigenden Risikoprämie ergebende Mehrbetrag beträgt somit immerhin das 6-7-fache aller jährlichen "HartzIV-Schummeleien" zusammen, soviel zur "Wahrnehmungspresse".
Und die Risikoprämie ist nur Teil des Übels: Die Renditen der 10-jährigen Bundesanleihen sind in den letzten Monaten von rund 2,6% auf > 3,2% gestiegen.
Kurse und Renditen börsennotierter Bundeswertpapiere von heute (3. Mai 2011 ---> http://is.gd/dvHCWE)
Vergleich 3. Aug.2010 ---> http://is.gd/mHNEck)
Die jetzt schon - zwecks Verdeckung der Notwendigkeit erforderlichen Umschuldungen in Griechenland - geplanten Stundungen und Zinsnachlässe für Griechenland drücken die Kredite höchstwahrscheinlich unter die Eigenfinanzierungskosten. Die Transferunion - sie lebt längst...
Ich glaube schon vor Mugabe wurde die bekanntgabe des neu erschaffenen Geldes eingestellt.