
Eine Europaflagge.
BerlinFührende Ökonomen in Deutschland haben vor dem Hintergrund des Schuldenstreits in den USA und der unsicheren politischen Lage in Italien vor schwerwiegenden Konsequenzen für die weitere weltweite konjunkturelle Entwicklung gewarnt. „Die Weltwirtschaft und insbesondere der Euroraum gehen stürmischen Zeiten entgegen“, sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, Handelsblatt Online. „Der tiefere Grund liegt in den derzeit weltweit debattierten finanzpolitischen Strategien.“
Horn kritisierte, dass Konsolidierungsmaßnahmen meist nur aus einer nationalen Perspektive diskutiert würden, ohne dabei die weltwirtschaftlichen Folgen und ihre Rückwirkungen auf die nationale Ökonomie zu berücksichtigen. „Wenn nun große Volkswirtschaften wie die USA und der Euroraum gleichzeitig auf einen harten Konsolidierungskurs einschwenken, schädigt dies nicht nur jeweils ihre eigenen Volkswirtschaften, sondern die gesamte Weltwirtschaft droht auf Talfahrt geschickt zu werden“, warnte der IMK-Chef.
Das habe wieder negative Rückwirkungen auf die Exporte aller Volkswirtschaften. In einem solch schwachen wirtschaftlichen Umfeld könne Konsolidierung nicht gelingen. Die daraus folgenden politischen Verwerfungen ließen sich derzeit in Italien beobachten. „Die politische Unsicherheit dort wirkt zurück auf die Finanzmärkte, was die durch die EZB mühsam erreichte monetäre Stabilisierung im Euroraums gefährdet“, so Horn. Das sei dann eine „weitere Belastung für die wirtschaftliche Dynamik“.
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Christian Dreger, Forschungsdirektor International Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), erklärte, dass der Wahlausgang in Italien das Risiko berge, dass sich die europäische Schuldenkrise wieder verschärfe. „Die Entwicklung macht aber auch deutlich, dass die Lösungsstrategien zur Bewältigung der Schuldenkrise noch nicht ausreichend sind“, sagte Dreger Handelsblatt Online. „Die Politik der Haushaltskonsolidierung und struktureller Reformen braucht bekanntlich einen langen Atem und läuft in der schwierigen Anpassungsperiode immer wieder Gefahr, dass die Wähler in den verschiedenen Staaten den Kurs nicht mehr uneingeschränkt mittragen.“
Geburtstag: 29. September 1936
Geburtsort: Mailand
Vater: Bankangestellter Luigi Berlusconi (1908-1989)
Mutter: Rosa Bossi (1911-2008)
Familienstand: getrennt lebend, seit 2009 in Scheidung
Kinder: drei Töchter und zwei Söhne aus zwei Ehen
1961 Jura-Examen mit Bestnote der Universität Mailand
1,64 Meter
„Cavaliere“ (Ritter, Kavalier)
1994 Gründung der Forza Italia, 2008 neue Partei Popolo della Libertà (Volk der Freiheit)
Von Mai 1994 bis Januar 1995, dann von 2001 bis 2006, erneut zum Ministerpräsidenten gewählt am 8. Mai 2008. Im November 2011 trat Berlusconi nach einer langen Reihe von Skandalen zurück.
Rund 150 Firmen, darunter der Fußballverein AC Mailand
Geschätzt auf mehr als sechs Milliarden Euro
„Mit mir kann sich keiner vergleichen, nicht in Europa und nicht in der Welt.“
Dreger schätzt daher, dass sich die Aussichten für die Weltwirtschaft durch die politischen Entwicklungen in Italien, aber auch durch die möglichen Einsparungen in den USA „tendenziell verschlechtert“ hätten.
Das am höchsten verschuldete Land der Euro-Zone ist - wer hätte es gedacht - Griechenland. Bei satten 175 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegt die Schuldenquote des Mittelmeerlandes. Ein kleiner Lichtblick: Immerhin haben es die Griechen in den vergangenen Jahren geschafft, ihr extrem hohes Haushaltsdefizit zu drücken: Nahm die Regierung 2009 noch neue Kredite in Höhe von 15,6 Prozent des BIP auf, wird sich die Defizitquote im Jahr 2012 - nicht zuletzt dank europäischer Hilfe - auf 7,3 Prozent des BIP verringern.
Auf Platz zwei der am meisten verschuldeten Euro-Länder landet Italien. Mit 123 Prozent des BIP stehen die Italiener laut Eurostat in der Kreide. Die Märkte bestrafen das mit höheren Zinsen, die der Regierung von Premierminister Mario Monti das Leben schwer machen. Mit einem harten Sparkurs steuert Rom dem entgegen: Die Defizitquote sank von 5,4 Prozent im Jahr 2009 auf voraussichtlich 2,0 Prozent in diesem Jahr.
Irland hatte vor allem unter der Bankenkrise zu leiden. Weil das kleine Land seine Banken stützen musste, hat es einen Bruttoschuldenstand von 116,1 Prozent des BIP. Auch das Haushaltsdefizit des früheren keltischen Tigers war in der Folge beängstigend hoch und lag 2010 bei 31 Prozent des BIP. Inzwischen konnte die Regierung das Defizit auf 8,3 Prozent senken - was immer noch deutlich zu hoch ist.
Genau wie Griechenland und Irland musste sich auch Portugal unter den Rettungsschirm flüchten. Das Land ächzt unter einer Schuldenquote von 113,9 Prozent der BIP. Auf Druck der EU reduzierten die Portugiesen ihr Haushaltsdefizit in den vergangenen Jahren deutlich: Waren es 2009 noch 10,2 Prozent des BIP, wird die Defizitquote in diesem Jahr voraussichtlich auf 4,7 Prozent sinken.
Auch Belgiens Schuldenquote hat mit 113,9 Prozent vom BIP eine kritische Höhe erreicht. Bei Haushaltsdefizit hingegen sehen die Belgier inzwischen wieder ganz gut aus: Nach satten 10,2 Prozent im Jahr 2009 werden sie die in den Maastricht-Kriterien festgelegte Defizitquote von drei Prozent in diesem Jahr vorrausichtlich exakt einhalten.
Deutschlands Nachbarland Frankreich hat eine Verschuldungsquote von 90,5 Prozent des BIP. Ökonomen halten diese Schuldenlast für gerade noch tragbar, die Maastricht-Kriterien hingegen verletzen die Franzosen deutlich: Sie sehen eine Quote von höchstens 60 Prozent vor. Auch das französische Haushaltsdefizit ist mit 4,5 Prozent vom BIP im Jahr 2012 zu hoch.
Auch Deutschland, das sich gerne als Musterschüler der Euro-Zone sieht, drückt eine hohe Schuldenlast: 81,2 Prozent beträgt die Bruttoschuldenquote im Jahr 2012 - zu hoch für Maastricht. Beim Haushaltsdefizit hingegen sieht Europas größte Volkswirtschaft inzwischen richtig gut aus: Eurostat schätzt, dass Schäubles Defizitquote in diesem Jahr nur noch bei 0,9 Prozent des BIP liegt - der zweitbeste Wert aller Euro-Staaten.
Das letzte Land, das Schutz unter dem Euro-Rettungsschirm suchte, war Spanien. Dabei ist die Bruttoschuldenquote der Iberer gar nicht so hoch: mit 80,9 Prozent liegt sie unter der von Deutschland. Deutlich zu hoch ist allerdings das Haushaltsdefizit Spaniens: Kredite in Höhe von 6,4 Prozent muss die konservative Regierung in diesem Jahr aufnehmen - weniger als im letzten Jahr (8,5 Prozent) aber immer noch zu viel.
Bei Zypern wird immer gemunkelt, dass das Land als nächstes unter den Rettungsschirm schlüpfen könnte. Den Inselstaat drückt eine Schuldenquote von 76,5 Prozent des BIP. Immerhin: Das Haushaltsdefizit konnten die Zyprioten spürbar reduzieren: Es sankt von 6,3 Prozent des BIP im Vorjahr auf 3,4 Prozent in diesem Jahr. Die Maastricht-Grenze ist damit wieder in Reichweite.
Die Mittelmeerinsel Malta weist eine Bruttoverschuldungsquote von 74,8 Prozent des BIP auf. Im europäischen Vergleich reicht das für Platz zehn. Das Haushaltsdefizit von Malta bewegt sich innerhalb der Maastricht-Kriterien und wird in diesem Jahr voraussichtlich bei 2,6 Prozent liegen.
Deutschlands südlicher Nachbar Österreich weist eine Verschuldungsquote von 74,2 Prozent des BIP auf - Platz elf in Europa. Auch das Haushaltsdefizitdefizit der Alpenrepublik ist mit aktuell drei Prozent vom BIP vergleichsweise gering. Im Jahr 2011 hatte es mit 2,6 Prozent sogar noch niedriger gelegen.
Die Niederlande gelten ähnlich wie Deutschland als Verfechter einer strengen Haushaltspolitik. Das macht sich bemerkbar: Die Verschuldungsquote liegt bei nur 70,1 Prozent vom BIP. Weniger erfolgreich haben die Niederländer in den vergangen Jahren gewirtschaftet: Das Haushaltsdefizit lag 2009 bei 5,6 Prozent und hat sich danach nur leicht verringert. Im Jahr 2012 peilt die Regierung ein Defizit in Höhe von 4,4 Prozent des BIP an.
Slowenien ist das erste Land im Ranking, dessen Verschuldungsquote die Maastricht-Kriterien erfüllt: Sie liegt im Jahr 2012 bei 54,7 Prozent des BIP. Schlechter sieht es bei den Haushaltszahlen aus: Nach einen Defizit in Höhe von 6,4 Prozent des BIP im Jahr 2011 steuert die Regierung in diesem Jahr auf 4,3 Prozent zu. Die Gesamtverschuldung steigt also.
Ein Musterbeispiel für solide Haushaltsführung ist Finnland: Die Bruttoverschuldungsquote der Skandinavier liegt bei 50,5 Prozent und bewegt sich damit locker in dem Rahmen, den der Maastricht-Vertrag vorgibt. Auch die Haushaltszahlen können sich sehen lassen: In den vergangenen vier Jahren lag Finnlands Defizit nie über der Drei-Prozent-Marke. Im Jahr 2012 werden es nach Prognose von Eurostat gerade einmal 0,7 Prozent sein.
Auch die Slowakei weist eine niedrige Gesamtverschuldung auf: Die Bruttoverschuldungsquote liegt bei 49,7 Prozent des BIP. In den vergangen Jahren allerdings hatten die Slowaken zunehmend Probleme: Bei acht Prozent des BIP lag das Haushaltsdefizit im Jahr 2009, in diesem Jahr werden es laut Eurostat-Prognose 4,7 Prozent sein.
Geldsorgen sind in Luxemburg ein Fremdwort. Die Verschuldungsquote des Großherzogtums liegt bei niedrigen 20,3 Prozent. Der Regierung gelingt es in den meisten Jahren auch, mit den eingenommenen Steuermitteln auszukommen. In den vergangenen drei Jahren lag das Haushaltsdefizit stets unter einem Prozent des BIP. Die anvisierten 1,8 Prozent in diesem Jahr sind da schon ein Ausreißer nach oben.
Hätten Sie es gewusst? Der absolute Haushalts-Musterschüler der Euro-Zone ist Estland. Das baltische Land hat eine Gesamtverschuldung, die bei extrem niedrigen 10,4 Prozent des BIP liegt - ein echter Spitzenwert. 2010 und 2011 gelang es der Regierung sogar, einen kleinen Haushaltsüberschuss zu erwirtschaften. In diesem Jahr läuft es etwas schlechter: Voraussichtlich wird die Regierung Kredite in Höhe von 2,4 Prozent des BIP aufnehmen. Die Maastricht-Kriterien halten die Esten damit aber immer noch locker ein.
28 Kommentare zu "Ökonomen-Warnung: „Euroraum geht stürmischen Zeiten entgegen“"
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Wenn die Börse steigt, wenn die USA anfangen zu sparen, dann zaigt das, dass all das Geschwafel von "man muss noch mehr Geld drucken, damit die Welt die Welt nicht untergeht", genauso hohl ist, wie die kaufmännische Erfahrung von denen, die es fordern. ... aber man will ja ausprobieren, was man an der Uni gelernt hat.
'margrit117888' sagt
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Wir gehen keinen stürmischen Zeiten entgegen, sondern wir gehen geradewegs in den Bankrott und in den Untergang
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Aber klar doch - wenn Sie das sagen.
O-Ton Horn
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„Wenn nun große Volkswirtschaften wie die USA und der Euroraum gleichzeitig auf einen harten Konsolidierungskurs einschwenken, schädigt dies nicht nur jeweils ihre eigenen Volkswirtschaften, sondern die gesamte Weltwirtschaft droht auf Talfahrt geschickt zu werden“, warnte der IMK-Chef.
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Und selbst wenn!
Der Mann hat immer noch nicht begriffen daß weiteres Schuldenmachen nur noch die Wahl zwischen Inflation und Zusammenbruch des Finanzsystems durch Staatspleiten ließe.
Da sind mir ein paar Prozent Minus beim durch 40 Jahre Schuldenpolitik Marke Horn aufgeblähten BSP schon lieber.
Hans
das Urteil war logisch im Namen der Politiker
Das Bundesverf.-GEricht ist schon lange kein Gericht mehr, was das GG achtet und die Bürgerrechte, sondern es ist voll in polit. Hand.
Wir gehen keinen stürmischen Zeiten entgegen, sondern wir gehen geradewegs in den Bankrott und in den Untergang
wir gehen also mit dem AAA im Rating in den AAA-gau. aber wir sind ja auf dem richtigen Weg, gell?
@Hans
Die Frage erübrigt sich, das Urteil war eindeutig im Namen der Politiker.
So wie das neueste Urteil zum ESM. Was wollen Sie auch von einem Gericht erwarten, das von Schoßhunden der jeweils an der Macht befindlichen Politiker durchsetzt ist.
Zu ändern ist das nur, wenn diese Befehlsempfänger von Goldman-Sachs (Eine Bank regiert die Welt) und weiteren Geheimbünden aus der Regierung verschwinden.
Ich hoffe nur, daß bei der kommenden Bundestagswahl nicht mehr nach dem Motto "meine Familie hat schon immer SPD gewählt" oder "wir sind katholisch und deshalb wählen wir CDU oder das rebellische Anhängsel" verfahren wird.
Es gibt inzwischen mehrere Alternativen. Also liebe Kommentatoren, macht Euch auf und sprecht mit allen Mitgliedern Eurer Familie und allen Bekannten über das Thema EU und den EURO.
Ich mache immer noch die Erfahrung, daß die Mehrzahl der Bevölkerung noch nicht im Entferntesten ahnt welches miese Spiel mit ihr getrieben wird.
Die Befürchtungen von Professor Hankel im Jahre 2001, als alle in völliger Euphorie den Euro entgegengefiebert haben, werden jetzt bittere Realität.
Wieso haben denn die Richter am Bundesverfassungsgericht seine Klagen gegen die Einführung des Euro abgeschmettert, wobei doch nahezu alle namhaften Wissenschaftler hierzulande vor dem Euro als Gemeinschaftswährung gewarnt haben? War das Urteil mit den "Wissenschaftlichen Erkenntnissen" zu vereinbaren?
War das ein Urteil "im Namen des Volkes" oder "im Namen der Politiker"?
Nein der Euro-Eiterbeutel darf 2013 noch nicht platzen, frühestens 2016, dann könnte meine Frührente reichen.
Da kürzt die USA nun den Etat um ca. 60 Mrd € (die sowieso nur durch neue 100% neue Schulden möglich wurden) und die ganze Weltwirtschaft leidet Schaden??
Wie krank ist dieses Falschgeldsystem eigentlich?
Demgemäss sollte man die Riester-Bonsai-Rente auch auflösen, die Zulagen zurückzahlen, dann bleibt wenigstens etwas.
Um wieviel wird die EUDSSR-Währungseinheit denn dann abgewertet? 1:5 schlage ich vor.
@Wer_sind_die_Beguenstigten
Das greift leider zu kurz. Ja, es sind auch deutsche und französische Banken dabei. Aber auch ganz andere Banken von überall her. Sie alle haben sich in Südeuropa verzockt. Und jetzt soll der Steuerzahler in Nordeuropa diese Banken illegal zwangsweise retten, weil dieses Bankensystem+"globale Elite im Hintergrund" einen sehr hohen politischen Einfluss haben.
Wer das auf deutsche und französische Banken konzentrieren will hat entweder Angst oder die falschen Informationen.
Damit will man Deutschland die Rettung nur schmackhaft machen. Es sind viel weniger deutsche Banken beteiligt, als Banken aus vielen anderen Ländern. So sieht es aus!