BerlinAuch ein Großauftrag über rund 700 Millionen Euro bringt Siemens nicht von seinen umstrittenen Stellenkürzungsplänen in der Turbinen-Sparte ab. Der Auftrag aus Libyen ändere nichts am geplanten Abbau von weltweit rund 6900 Stellen, betonte Vorstandschef Joe Kaeser am Montag. Siemens-Arbeitsdirektorin Janina Kugel sprach mit Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Vertretern der betroffenen Länder über die Konzernpläne. Konkrete Ergebnisse des Gesprächs gab es keine, wie Zypries danach sagte. Beide Seiten wollen aber im Gespräch bleiben und erneut zusammentreffen. Kugel deutete an, es könnte noch Änderungen an den Abbauzahlen geben.
Vor dem Treffen der Siemens-Vertreter mit der Politik im Bundeswirtschaftsministerium protestierten nach Angaben der IG Metall davor rund 200 Siemens-Beschäftigte gegen die geplanten Einschnitte. Klaus Abel, Der Erste Bevollmächtigte der Berliner IG Metall, zeigte sich zufrieden, dass nun auch die Politik mitrede. Allein das sei schon ein Erfolg, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich erwarte, dass es noch Änderungen an den Konzernplänen gibt“, ergänzte er.
Signale dafür gebe es etliche, nicht zuletzt die Bereitschaft des Konzerns, „in ergebnisoffene“ Gespräche mit den Arbeitnehmern einzutreten. „Wir sind aber auch in der Lage, wenn es nicht so kommt, die Proteste noch zu verstärken", drohte er. Die Siemens-Beschäftigten seien im Grundsatz „arbeitskampffähig“. Siemens hatte seine Umbau-Pläne mit der infolge der Energiewende drastisch gesunkene Kraftwerks-Nachfrage begründet.
Bundesministerin Zypries nannte die erste Gesprächsrunde von Unternehmen und Politik in Berlin sehr gut. „Wir sind uns einig geworden, dass wir ein weiteres Treffen anstreben“, sagte sie. Sobald es „konsolidierte Ergebnisse zwischen Vorstand und Betriebsrat“ gebe, wolle man wieder zusammenkommen. Dann wolle man ausloten, inwiefern Bund und Bundesländern bei dem Umbau helfen können. Geholfen werden könnte beispielsweise bei der Weiterqualifizierung betroffener Mitarbeiter. Wie viele Jobs am Ende bei Siemens verloren gehen werden, wisse sie noch nicht, sagte die Ministerin.
Siemens-Arbeitsdirektorin Kugel deutete an, dass es an den genannten Zahlen noch Änderungen geben könne. Bei den bisher angekündigten Zahlen handle es sich um „Planungsstände“, sagte sie. Diese würden nun mit den Vertretern der Arbeitnehmer diskutiert. „Und danach werden wir erst wissen, wie viele Mitarbeiter betrifft das denn"“ ergänzte sie.
In Libyen soll der Münchner Industriekonzern für den staatlichen Versorger Gecol zwei Gaskraftwerke mit einer Leistung von zusammen 1,3 Gigawatt (GW) bauen, um die wacklige Stromversorgung in dem nordafrikanischen Land zu verbessern. Der Auftrag aus Libyen sei wichtig für die Auslastung und Teil der Planung, erklärte Kaeser. Als Anzeichen für eine Erholung des Marktes sieht er ihn hingegen nicht. Der Auftrag ändere nichts an der grundsätzlich „drastisch gesunkenen Nachfrage im Markt für fossile Stromerzeugung“, so der Siemens-Chef.
Was hat Siemens nicht schon alles hergestellt. Telefone, Computer, Halbleiter oder Geldautomaten. Der Konzern, 1847 als Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske in Berlin gegründet, hat sich seither gründlich und stetig gewandelt. Geschäfte kamen hinzu, andere verschwanden. Die Liste prominenter Abgänge ist lang. Eine Auswahl früherer Siemens-Geschäfte.
Die heftigen Turbulenzen auf dem Markt veranlasste Siemens, das Geschäft abzuspalten - der Halbleiterhersteller Infineon wurde 1999 an die Börse geschickt.
Zwar war Siemens als Telegraphen-Hersteller gegründet worden, doch der rasche Wandel auf dem Telefonmarkt überforderte den Konzern. Lange bevor Nokia den Anschluss an Apple auf dem Handymarkt verlor, musste Siemens Mobile trotz zunächst großer Erfolge einst Nokia ziehen lassen. Das Geschäft mit Mobiltelefonen gab Siemens 2005 an den BenQ-Konzern ab. Nur wenig später musste der die Produktion einstellen. Das Geschäft mit schnurlosen Telefonen für daheim verkaufte Siemens 2008 an Arques.
Auch das Ausrüstungsgeschäft für Netzwerke trennte Siemens heraus und brachte das Geschäft 2007 in eine gemeinsame Firma mit Nokia unter dem Namen NSN ein.
Unter dem Namen Siemens Nixdorf baute Siemens einst nicht nur Geldautomaten, sondern auch Computer. Diesen Teil brachte Siemens in ein Joint Venture mit dem japanischen Hersteller Fujitsu ein und zog sich 2009 daraus zurück. Die Sparte mit Kassensystemen und Geldautomaten wurde zehn Jahre zuvor an Investoren verkauft und wurde 1999 als Wincor Nixdorf weiter geführt und an die Börse gebracht.
Wechselvoll ist auch die Geschichte, die Siemens als Autozulieferer erlebt hat. So hat der Konzern 2001 den Zulieferer VDO übernommen und mit dem eigenen Autogeschäft zusammengeführt. Nach einer Ein- und wieder Ausgliederung sollte VDO eigentlich an die Börse gebracht werden, ging aber dann 2007 im Wege eines Verkaufs an den Autozulieferer Continental.
Osram ist das jüngste Beispiel für ein Modell der Trennung. Das traditionsreiche Licht-Unternehmen gehörte lange zu Siemens. Angesichts milliardenschwerer Herausforderungen, etwa für die Entwicklung neuer Produkte nach dem Aus für die Glühbirne, wollte Siemens die Tochter mit einem Börsengang in die Freiheit entlassen - und dafür Milliarden einsammeln. Das klappte nicht, stattdessen buchte Siemens seinen Aktionären Osram-Aktien ins Depot, ein Börsengang light sozusagen. Seit 2013 ist Osram selbstständig.
Siemens ist seit den 1950er Jahren in Libyen vertreten. Rund 30 Prozent des Stroms dort werde mit Siemens-Technik erzeugt, sagte Sparten-Chef Willi Meixner. Damit würden zwei Millionen Menschen mit Energie versorgt. Das Land wird aber von häufigen, plötzlichen Stromausfällen geplagt. Die neuen Kraftwerke sollen helfen, das Problem zu lösen.
Es ist der erste Auftrag für den Konzern nach den Unruhen im Jahr 2011. In Misrata soll ein Kraftwerk mit zwei Siemens-Gasturbinen und einer Leistung von 650 Megawatt (MW) entstehen, in Tripolis ein Kraftwerk mit vier Gasturbinen und 690 MW Leistung. Teil des Auftrags ist eine langfristige Service-Vereinbarung mit Siemens.
2 Kommentare zu "Kraftwerkssparte: Siemens: Zahl zum Stellenabbau ist noch nicht fix"
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Ich hätte da eine Vorschlag, wo Siemens die Arbeiter stattdessen einsetzen könnten: Die Qualitätskontrolle von Siemens scheint mir nämlich arg unterbesetzt zu sein, wie auch die Panne bei der Einweihung der neuen ICE-Strecke München-Berlin mal wieder zeigt...
In den zurückliegenden Jahren hat die Firma Siemens mehrere
Milliarden EURO und DM
von Deutschland bzw. dessen Steuerzahler an Subventionen erhalten.
Als Danke werden zuerst in Deutschland Arbeitsplätze gestrichen.
Wichtiger ist, daß die Parteienspenden nicht ausbleiben.
Ach ja, ....... wir haben verstanden.