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Gezeitenkraftwerke der Zukunft Strom aus der Lagune

Ebbe und Flut bringen täglich riesige Wassermassen in Bewegung. Gezeitenkraftwerke sollen aus dieser Kraft Strom gewinnen. Doch bislang sind sie zu teuer. Die Lösung: Riesenprojekte.
17.12.2015 - 09:36 Uhr
Eine Landzunge wird die Lagune in Swansea Bay umgeben. Quelle: Tidal Lagoon Power

Eine Landzunge wird die Lagune in Swansea Bay umgeben.

(Foto: Tidal Lagoon Power)

Es war eine Idee, die auf den ersten Blick Sinn ergibt: Jeden Tag türmen sich auf dem Meer hohe Wellen auf und tragen gewaltige Massen Energie mit sich. Warum sollte man diese Energie nicht für die Stromproduktion nutzen? Doch offenbar war das leichter gedacht als getan: Die ersten Prototypen lieferten nur unzuverlässig Energie aus der Wellenbewegung, und Investoren verloren das Vertrauen. Pelamis, der Pionier auf dem Gebiet in Schottland, ging in die Insolvenz.

Neben der Unzuverlässigkeit ist die Technik auch noch teuer: Ganze 550 Dollar kostet es, mit Wellenbewegungen eine Megawattstunde Strom zu erzeugen, so die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien IRENA. Offshore-Windanlagen sind da deutlich günstiger: Der Preis liegt im Durchschnitt bei 179 Dollar pro Megawattstunde. Daher konzentrieren sich viele Firmen auf eine Technik, die aussichtsreicher scheint: Gezeitenkraftwerke.

Bei dieser Technik setzen Ingenieure auf die Kraft von Ebbe und Flut: Mit 400 Dollar pro Megawattstunde ist sie rund 150 Dollar/MWh günstiger als Wellenenergie - aber immer noch rund doppelt so teuer wie Offshore-Windkraftwerke. Deshalb lautet die Devise bei Gezeitenkraftwerken nun: Think Big. Es ist günstiger, gleich mehrere Turbinen auf einmal zu bauen und in Betrieb zu nehmen, als lauter kleine Einzel-Projekte zu verwirklichen. Das ökonomische Zauberwort lautet: Skaleneffekte. Die Preisvorteile der Massenproduktion.

Um diese zu nutzen, will die Firma Atkins Global in der walisischen Swansea-Bucht eine zehn Kilometer lange, hufeisenförmige Mauer ins Meer bauen und so eine künstliche Riesen-Lagune entstehen lassen. In der Mauer befinden sich Unterwasser-Turbinen, die durch Strömung angetrieben werden. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie bei einem Damm: Kommt die Flut, schließen sich die Klappen vor den Turbinen und verhindern so, dass das Wasser in die dahinter liegende Lagune fließt. Das Wasser staut sich eine Zeit lang an, und dann öffnen sich die Klappen und lassen das Wasser durch die Unterwasser-Turbinen in die Lagune strömen. Die Turbinen drehen sich und erzeugen Strom. Bei Ebbe funktioniert das Prinzip genau anders herum.

Pro Jahr soll das Kraftwerk 500 Gigawattstunden Elektrizität produzieren und rund 155.000 Haushalte mit Strom versorgen. Dadurch soll der Preis für eine Megawattstunde laut Atkins Global auf etwa 285 Dollar fallen. Das sind rund 115 Dollar weniger als für übliche Gezeitenkraftwerke: Für die ersten 35 Jahre fordert das Unternehmen von der britischen Regierung, den Strom fix für umgerechnet 251 Dollar abzunehmen. Danach soll sich Projekt an den Marktpreisen orientieren können.

Analysten der Beratungsfirma Poyry Oyj haben berechnet, dass Windkraftwerke an Land in Großbritannien rund 123 Dollar pro Megawattstunde für 15 Jahre bekommen, also deutlich weniger. Dafür soll die Riesen-Lagune aber für insgesamt 120 Jahre lang die Umgebung mit Strom versorgen, länger also als ein Windrad, dessen Lebensdauer etwa 20 bis 30 Jahre beträgt. Im Juni 2015 genehmigte London die Planung der Lagune, im Jahr 2021 soll sie fertiggestellt sein. Über die Subventionshöhe wird noch verhandelt.

Ein Schnittbild der Unterwasserturbine, die für die Swansea Lagune geplant ist. Quelle: GE

Ein Schnittbild der Unterwasserturbine, die für die Swansea Lagune geplant ist.

(Foto: GE)

Das Vorhaben in Swansea ist dabei nur das erste von insgesamt sechs Riesenprojekten des Unternehmens. In Cardiff soll eine noch größere Lagune entstehen, die den Preis für die Gezeiten-Energie auf 146 Dollar pro Megawattstunde schrumpfen lassen soll - und damit günstiger als Windkraft wäre. Dieses 2,8-Gigawatt-Kraftwerk soll nach Unternehmensangaben ganz Wales mit Strom versorgen können. Die anderen vier Vorhaben überprüft die Firma gerade auf ihre Machbarkeit: Sollten auch sie umgesetzt werden, so könnte ganz Großbritannien acht Prozent seiner Energie aus solchen Gezeitenkraftwerken beziehen.

GE testet seit längerer Zeit Gezeitenturbinen und andere Technologien am Meeresgrund - so zum Beispiel ein Unterwasser-Gezeitenkraftwerk vor der Küste der Bretagne - und ist einer der bevorzugten Bieter für die Turbinen der Swansea-Lagune. Mark Baker, Geschäftsführer im Bereich erneuerbare Energien bei GE Power Conversion ist von der Flut-und-Ebbe-Technik überzeugt: „Einige Standorte in Großbritannien verzeichnen Gezeitenwechsel im oberen Bereich der Skala. Ihr Potential zur Energieerzeugung ist verlockend.“

Doch auch wenn die Technologie weiterentwickelt wird: Noch hinkt sie anderer regenerativer Energie hinterher. Die Innovationsplattform Ideas Labs schreibt: „Damit sie ein relevanter Mitspieler in dem Bereich der alternativen Energiegewinnung wird, bedarf es wohl massiver öffentlicher Unterstützung und Forschung.“ Das Swansea-Projekt könnte da der Anfang sein.