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Geldanlage Werden die Zinsen jemals wieder steigen?

Warum sich Investoren darauf einstellen sollten, dass die Renditen sicherer Anleihen wegen der Notenbankpolitik noch länger extrem niedrig bleiben. Und was das in den kommenden Monaten für Aktien bedeutet.
18.09.2020 - 11:36 Uhr Kommentieren

"Das Signal der Notenbanken ist klar: Die Geldpolitik bleibt auf absehbare Zeit sehr locker. Die Zinsen bleiben ultraniedrig und die Anleihekauf-Programme laufen weiter. Die Währungshüter rund um die Welt fluten die Märkte nun schon seit Jahren mit billigem Geld - von Krise zu Krise. „Die Notenbanken haben den Ausstieg bisher nicht wirklich geschafft“, sagt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, in seinem wöchentlichen Podcast „PERSPEKTIVEN To Go“. „Sie hatten immer die Sorge, dass der sich selbst tragende Aufschwung nicht stark genug ist und die Wirtschaft negativ reagieren würde, wenn sie die Geldpolitik etwas anziehen.“ Vor allem steigende Zinsen könnten die Kreditvergabe und damit Investitionen ausbremsen. Das sei das Dilemma der vergangenen Jahre.

Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank Quelle: Deutsche Bank
Dr. Ulrich Stephan

Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank

(Foto: Deutsche Bank)

Die Frage, ob die ultralockere Geldpolitik jemals endet, treibt Investoren um. Solange die Inflation aber nicht steigt, wird das kaum passieren. Seit Jahren ist sie niedrig, aktuell sogar extrem niedrig. Falls sich das aber ändert, kommt die Geldpolitik voraussichtlich auf den Prüfstand. „Aus diesem Grund hat auch die amerikanische Notenbank gerade ein symmetrisches Inflationsziel bekanntgegeben“, sagt Stephan.

In Zukunft strebt die Fed ein durchschnittliches Inflationsziel von zwei Prozent an. Liegt die Teuerungsrate einige Jahre unter zwei Prozent, dann darf sie auch ein paar Jahre über zwei Prozent liegen. „Steigt die Inflation wirklich an, dann kommt es darauf an, ob die Geldpolitik ihrem Hauptziel der Geldwertstabilität wirklich treu bleibt oder ob sie nicht doch andere Ziele verfolgt“, gibt der Experte zu bedenken.

Doch weder mit einem Ende der Anleihekauf-Programm noch mit steigenden Zinsen ist derzeit zu rechnen - zu hart hat die Corona-Pandemie die Weltwirtschaft getroffen. Die Fed hat gerade erst ihre ultralockere Geldpolitik bestätigt und verkündet, den Leitzins zumindest bis Ende 2021, wahrscheinlich sogar bis Ende 2023 nahe Null zu halten. Die Märkte preisen eine erste Zinserhöhung sogar frühestens im Herbst 2024 ein.

Den Chefanlagestrategen der Deutschen Bank hat allerdings verwundert, dass die Fed ihre Ankündigung mit einem wirtschaftlichen Ausblick verbunden hat, den sie insgesamt angehoben hat. „Sie ist gar nicht mehr so pessimistisch, sondern sie glaubt, dass die amerikanische Volkswirtschaft in diesem Jahr nur um 3,7 Prozent schrumpft und 2021 schon wieder um vier Prozent wächst“, so Stephan.

Noch im Sommer hatte die Fed ein Minus von 6,5 Prozent für 2020 prognostiziert. Auch die Arbeitslosenquote sollte weiter sinken. „Vor diesem Hintergrund ist es schon erstaunlich, dass die Geldpolitik so locker gelassen wird“, sagt er. „Man hat aber auf beiden Seiten des Atlantiks darauf hingewiesen, dass die Fiskalpolitik jetzt am Zug ist.“

"Modern Money Theory": Ein bisschen Voodoo für die Märkte

Fluten nach den Notenbanken nun auch die Staaten die Märkte beziehungsweise die Wirtschaft mit Geld? Die Staatsverschuldung steigt in der aktuellen Krise massiv, die Rettungsprogramme sind gigantisch, der Ruf nach Steuerprogrammen wird laut. Börsianer denken dabei gleich an eines ihrer so geliebten Akronyme: MMT. Es steht für "Modern Money Theory". „Die Idee ist gar nicht so modern, sondern schon einige Jahrzehnte alt“, so Stephan. „Es ist ein bisschen Voodoo, wenn ich das so nennen darf: Die Idee ist, dass man mit Geld alles retten kann, dass der Staat letztendlich derjenige ist, der Geld in Umlauf bringt.“

Staatsverschuldung als Gegenstück zu Steuereinnahmen, und wenn die Schulden zu hoch werden, wird eben an der Steuerschraube gedreht. „Schaut man sich aber die Wachstumstheorie an, wird deutlich, dass man mit Geld nicht so viel erreichen kann, zumindest langfristig nicht“, ergänzt der Experte. „Kurzfristig kann man immer keynesianisch stimulieren, langfristig aber brauche ich Produktionsfaktoren, also Arbeit, Kapital und den technischen Fortschritt. Und da spielt Geld eben nicht so eine große Rolle.“

Dass die extreme Staatsverschuldung aktuell so unkritisch gesehen wird, gibt Stephan zu denken. „Man kann sicherlich darüber diskutieren, ob man wirklich an der schwarzen Null festhalten muss“, sagt er. Diese sei noch strenger als die Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert ist. Man könne natürlich darüber diskutieren, inwieweit der Staat investieren sollte. Stephan selbst befürwortet staatliche Investitionen, „aber MMT suggeriert eben etwas anderes, nämlich eine völlig ungebremste Verschuldung mit der Notenpresse, die dann eben dazu führt, dass wir Vollbeschäftigung und Einkommen erreichen“. Allerdings bezweifelt er, dass das langfristig funktioniere.

Investoren müssen sich darauf einstellen, dass die Renditen von sicheren Anleihen noch länger extrem niedrig und sogar negativ bleiben. Auch wenn Stephan das Wort „alternativlos“ nicht gerne benutzt, aber Aktien würden - bei entsprechender Risikobereitschaft - in den kommenden Monaten ins Depot gehören. „Langfristig bieten Aktien eine interessante Rendite“, sagt er. Nach dem jüngsten Anstieg müssten Investoren aber stärker differenzieren.

Auch erwartet Stephan immer wieder stärkere Schwankungen. Die Corona-Pandemie ist schließlich noch nicht besiegt, die Welt wartet immer noch auf Medikamente und einen Impfstoff. „Wir haben eine gewisse Erholung der Wirtschaft gesehen“, so der Experte. „Das wird sich auch in den Unternehmensgewinnen widerspiegeln, die im zweiten Quartal deutlich gefallen sind.“

Die weitere Erholung werde aber wahrscheinlich langsamer vonstatten gehen, was daran liegt, dass einige Branchen immer noch große Probleme haben und sehr lange brauchen, um sich zu erholen. Trotzdem ist Stephan überzeugt: „Um die Aktie kommt man nicht herum, will man in den kommenden Monaten und Jahren einen positiven Ertrag erzielen.“

Hier hören Sie regelmäßig aktuelle Einschätzungen von Dr. Ulrich Stephan im Podcast PERSPEKTIVEN To Go.  Der Chefanlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank spricht in seinem Podcast jede Woche mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer darüber, was die Märkte bewegt – und was das für Anleger bedeutet. Schnell, pragmatisch und auf den Punkt.

Hier hören Sie regelmäßig aktuelle Einschätzungen von Dr. Ulrich Stephan im Podcast PERSPEKTIVEN To Go.

Der Chefanlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank spricht in seinem Podcast jede Woche mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer darüber, was die Märkte bewegt – und was das für Anleger bedeutet. Schnell, pragmatisch und auf den Punkt.