Die Arbeitswelt befindet sich aktuell im Wandel: Neue Arbeitsmodelle sind für immer mehr Unternehmen in der DACH-Region kein Fremdwort mehr. Für Kristina Willi, Geschäftsführerin der naymo GmbH, ist diese Entwicklung auch ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen. Im folgenden Interview spricht Kristina Willi über ihren Weg als Interim Managerin und gibt Einblicke in eine Branche, die lange Zeit durch überdurchschnittlich hohe Seniorität gekennzeichnet war.
Kristina Willi: Ich habe Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzen studiert und während meines Studiums bereits 50 Prozent als Controllerin gearbeitet. Nach dem Masterstudium war ich dann in verschiedenen Funktionen tätig – unter anderem als Head of Accounting und Head of Controlling in einer Schweizer Tochtergesellschaft eines großen deutschen börsennotierten Unternehmens.
Neben der Tatsache, dass ich das hohe Tempo schon früh mochte, habe ich recht schnell gemerkt, dass ich sehr viel Abwechslung in meinem Arbeitsalltag benötige und gerne Verantwortung übernehme. Während meiner Laufbahn habe ich sehr viel Wachstum in den Unternehmen miterlebt, insbesondere durch zahlreiche Zukäufe.
Ein wichtiges Augenmerk meiner Arbeit lag darin, Prozesse zu definieren, Teams zu strukturieren und Veränderungen aktiv zu begleiten. Denn dies war auch eine Chance, mehr dazuzulernen. Zudem war ich an einigen ERP-Einführungen sowie einem Börsengang beteiligt. Vor vier Jahren habe ich mich dann entschieden, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
Kristina Willi: Als ich zum ersten Mal Mutter wurde, habe ich meine Führungsrolle zunächst abgegeben. Ich habe dann aber sehr schnell gemerkt, dass mir neben der Verantwortung zu Hause diejenige im Beruf fehlt. Zugleich haben mich unterschiedliche Unternehmen gereizt – ich wollte viele Finanzabteilungen kennenlernen, neue Strukturen aufbauen und in andere Unternehmenskulturen eintauchen.
Das Interim Management ermöglicht mir genau diese Vielfalt. Gleichzeitig bietet es mir die Flexibilität, um wertvolle Zeit mit meinen Kindern zu verbringen und meinen Hobbys oder Vereinstätigkeiten nachzugehen. Seit diesem Entscheid begleite ich vor allem Unternehmen, welche aufgrund von Vakanzen, Umstrukturierungen oder ERP-Einführungen einen Engpass in ihrer Finanzabteilung haben. Das kann im Accounting aber auch im Controlling sein. Dabei habe ich auch als Externe ganze Teams geleitet und gemerkt, dass ich meist nur eine kurze Einarbeitungszeit benötige – ein klarer Vorteil für mich und meine Kunden. Die Arbeit bereitet mir außerdem große Freude und die Unternehmen schätzen die Unterstützung enorm, da sie natürlich oft in einer herausfordernden Situation sind, wenn ich komme. Alles in allem ein sehr dankbarer und erfüllender Beruf.
Kristina Willi: Der Frauenanteil nimmt tendenziell zu. In den vergangenen Jahren hatte ich die Gelegenheit, einige beeindruckende Kolleginnen kennenzulernen. Wir sind jedoch immer noch deutlich unterrepräsentiert. Die Branche spiegelt insgesamt die Situation in vielen Führungsebenen wider. Steigt der Anteil von Frauen in Führungspositionen, wird sich auch der Anteil Interim Managerinnen automatisch erhöhen. Der Wandel ist spürbar, schreitet jedoch nur langsam voran.
Kristina Willi: Erfahrung ist eine wichtige Voraussetzung für das Interim Management – aber längst nicht die einzige. Wichtiger ist, Entscheidungen treffen zu können, effizient zu arbeiten, zuverlässig und schnell zu liefern und stressresistent zu sein. Auch ohne lange Einarbeitungszeit muss man sich schnell in neue Themen einfinden. Diese Eigenschaften sind nicht nur vom Alter abhängig. Junge Interim Managerinnen und Manager sollten sich deshalb nicht abschrecken lassen, wenn sie über keine 20-jährige Erfahrung verfügen. Wer den Einstieg sucht, sollte sich online informieren, etwa beim Dachverband oder sich mit anderen Interim Managern vernetzen. Auch die Zusammenarbeit mit Providern kann sehr hilfreich sein, um Fuss in der Branche zu fassen.
Kristina Willi: Beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen aus meiner Sicht drei Parteien Verantwortung: Mütter, Väter und Arbeitgeber. Dazu gehört eine Mutter, die bereit ist, Aufgaben abzugeben oder auszulagern; ein Vater, der sich aktiv an der Kinderbetreuung sowie am sogenannten „Mental Load“ beteiligt; und Unternehmen, die eine familienfreundliche Kultur fördern und flexible Arbeitszeitmodelle auf allen Hierarchieebenen für Frauen und Männer ermöglichen.
Bei mir funktioniert dieses Zusammenspiel derzeit sehr gut, weshalb ich Führungsrolle und Familie gut vereinbaren kann, ohne dabei auszubrennen. Als unsere Kinder noch nicht im Schulsystem waren, haben mein Mann und ich uns die Betreuung gleichberechtigt aufgeteilt – jeder von uns war zwei Tage pro Woche zu Hause. Zudem hatte ich in der letzten Festanstellung einen Vorgesetzten, der mir eine Führungsfunktion auch in Teilzeit ermöglicht hat und diese Form der Arbeitsgestaltung unterstützt hat.
Kristina Willi: Flexible Arbeitsmodelle haben sich in der Schweiz für Mütter schon länger etabliert und es kommen auch immer mehr Frauen wieder zurück in ihre Führungsposition, was erfreulich ist. Ich beobachte jedoch, dass die Verantwortung für das organisatorische Räderwerk des Familienalltags noch immer meist bei den Müttern verbleibt und sie dadurch stark belastet sind. Das bringt manche Frauen dazu, beruflich wieder kürzerzutreten, wenn der Druck zu groß wird.
Deshalb wünsche ich mir vor allem mehr flexible Arbeitsmodelle für Väter als Entlastung für das gesamte Familiensystem. Ihr Engagement zu Hause sollte im beruflichen Umfeld dieselbe Wertschätzung erfahren und allfälligen Karrierebestrebungen nicht einschränken. Es sollte als ebenso selbstverständlich gelten, dass ein Vater nach der Geburt eines Kindes in ein Teilzeitmodell zurückkehrt, wie es bei Müttern längst etabliert ist.
Kristina Willi: In den vergangenen vier Jahren konnte ich zahlreiche Unternehmen unterstützen, dabei umfangreiche Verantwortung übernehmen und viel Vertrauen entgegennehmen. Für mich stimmt es genau so wie es ist. Für die kommenden vier Jahre wünsche ich mir ebenso vielfältige und spannende Mandate, um meinen Erfahrungsschatz weiter auszubauen und mein berufliches Netzwerk zu erweitern. Die naymo GmbH soll weiterhin als verlässliche Anlaufstelle wahrgenommen werden. Als Partnerin, auf die sich Unternehmen in herausfordernden Situationen verlassen können und schnell Entlastung erhalten.
Vielen Dank für das Gespräch.
naymo GmbH
Haselmatte 13a
6210 Sursee
Schweiz
Kristina Willi
UID: CHE-140.845.808