"Sachsen gehört zu den spannendsten Life-Sciences-Regionen Deutschlands"
Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, im Gespräch
Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH
- 03.12.2024
Herr Horn, der Life-Sciences-Sektor gilt als besonders innovativ und wachstumsstark. Wie ist der Standort Sachsen aufgestellt?
Sachsen gehört zu den spannendsten Life-Sciences-Regionen Deutschlands und bietet Unternehmen des Sektors beste Bedingungen. Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, Biotechnologie, Medizintechnik und Pharmaindustrie, zahlreiche Hochschulen und international etablierte Institute und Forschungseinrichtungen bilden gemeinsam mit Branchennetzwerken, wie beispielsweise biosaxony, ein ideales Ökosystem für Innovation und Wachstum. Dass wir hier mittlerweile die gesamte Wertschöpfungskette – von Forschung und Entwicklung über Produktion und Vermarktung bis hin zu Logistik und Service – haben, ist nicht zuletzt der Biotechnologie-Offensive des Freistaats vor circa 25 Jahren zu verdanken.Wie bewerten Sie rückblickend die Erfolge der Offensive und welche Erwartungen haben Sie?
Es hat sich ausgezahlt, dass in die Infrastruktur sowie den Aufbau wissenschaftlicher Expertise an den Hochschulen investiert wurde. Die beiden interdisziplinären Standorte BioCity Leipzig und BioInnovationsZentrum (BioZ) Dresden haben sich hervorragend entwickelt. Mittlerweile treiben nicht nur die Hochschulen, sondern auch renommierte Forschungseinrichtungen mit zahlreichen Start-ups die Entwicklung des Standortes voran. Durch den Ausbau der Innovationszentren und der wissenschaftlichen Expertise konnte Sachsen als Biotech-Standort auch international auf sich aufmerksam machen. In den letzten Jahren ist es gelungen, verstärkt Investoren und internationale Biotechnologiefirmen zu gewinnen. Wir erwarten, dass Sachsen vor allem bei Zukunftsthemen seine Position als führender Standort festigt und weiter ausbaut.Stichwort Zukunftsthemen: Woran wird da in Sachsen gearbeitet?
Schwerpunkte sind unter anderem die Bereiche Zell- und Gentherapie sowie Regenerative Medizin, wo Sachsen nationales Leistungszentrum ist. Stellvertretend dafür stehen das Leipziger Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI sowie das Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD), ein europaweit einzigartiges Exzellenzcluster. Das CRTD arbeitet an neuartigen Therapien für bisher unheilbare Krankheiten, wie Alzheimer, Parkinson oder Leukämie. Das IZI ist Partner im Zukunftscluster SaxoCell, das eine breite Expertise vereint, wenn es um präklinisch validierte Zell- und Gentherapieverfahren im Bereich der sogenannten "lebenden Arzneien" geht. Auch Unternehmen, wie Seamless Therapeutics (Genom-Editierung) aus Dresden, die Leipziger Roboscreen (Alzheimer-Diagnostik) und EPITOPIC (Epitop-Fingerprinting-Service) sowie BiFlow Systems (Point-of-Need-Lösungen) aus Chemnitz arbeiten an zukunftsweisenden Entwicklungen. Zudem hat Sachsen mit dem deutschlandweit zweiten Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden wichtige Expertise in diesem Bereich gebündelt.Sachsen ist bekannt als Hochtechnologiestandort mit starken Kompetenzen in der Mikro- und Nanoelektronik, Automatisierung und Robotik. Wie profitiert die Branche davon?
Neben Clustern und Forschungseinrichtungen – was gibt es hier für innovative Entwicklungen von Unternehmensseite?
Auch hier ist Sachsen breit aufgestellt. Lösungen aus dem Robotikbereich sind angesichts eines wachsenden Fachkräftemangels sehr gefragt. So unterstützt die diabots GmbH aus Neukirchen/Erzgebirge Labore mit Robotersystemen, die Proben auswerten und gern die Nachtschicht übernehmen. Genannt sei auch die somnio-App der Leipziger Mementor DE GmbH, die zu den ersten digitalen Gesundheitsanwendungen Deutschlands gehört, die kassenärztlich verordnet werden können. Pionier und Marktführer auf dem Gebiet der Durchflusszytometrie ist die Sysmex Partec GmbH in Görlitz als Teil des weltweit agierenden japanischen Konzerns Sysmex. Die GETT Gerätetechnik GmbH aus Treuen/Vogtland hat sich auf Dateneingabegeräte und Touchscreens für den medizinischen Einsatz spezialisiert und ist damit auf langjährigem Erfolgskurs.Erst vor kurzem hat sich das nukliD Radiopharmacy Cluster Dresden neu gegründet. Was steckt dahinter?
Hier haben sich verschiedene Akteure zusammengefunden, um ihre gebündelte Expertise künftig als Cluster zu vermarkten. Aus unserer Sicht hat das Cluster das Potenzial, sich zu einem führenden Radiopharmazie-Zentrum in Europa zu entwickeln. Wachstumsnukleus dafür war das frühere DDR-Kernforschungszentrum, das heutige Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), das schon in den 1970er- und 1980er-Jahren den Bedarf an radio-pharmazeutischen Präparaten deckte. Um das HZDR haben sich inzwischen zahlreiche Unternehmen angesiedelt. Genannt sei die Isotope Technologies Dresden GmbH, eine Tochterfirma der Eckert & Ziegler Gruppe, die erst kürzlich ein neues Betriebsgebäude eröffnete, um die steigende Nachfrage nach nuklearmedizinischen Präparaten für Krebsdiagnostik und -therapie zu decken. Die ROTOP Pharmaka GmbH stellt hier radioaktive Iod-123-Präparate für die nuklearmedizinische Bildgebung sowie Radioapharmaka für Prostatakrebs-Therapien her. Durch den Ausbau des Gewerbegebiets Dresden-Rossendorf entsteht Raum für zusätzliche Ansiedlungen. Weitere Akteure sind zudem in Radeberg tätig: die ABX advanced biochemical compounds GmbH, ein weltweit führender Anbieter von PET-Präkursoren und Reagenzienkits, die "CUP-Laboratorien Dr. Freitag", die sich auf anspruchsvolle Reinheitsprüfungen von Radiopharmaka spezialisiert haben sowie die Trimt GmbH, die an einem Stoff gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs forscht.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Wie unterstützt die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) diese Zusammenarbeit?