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Maschienenbau im Wandel Codes statt nur Kugellager

Die digitalisierte Welt verändert den Maschinenbau nachhaltig: Software ist plötzlich der Treiber für Innovation und Erfolg. Die Voraussetzungen: Gutes Personal, enge Zusammenarbeit und moderne Führungskultur.
26.02.2018 - 00:57 Uhr Kommentieren
Die Entwicklung von Software wird auch für Maschinenbauer immer wichtiger. Quelle: Unsplash

Die Entwicklung von Software wird auch für Maschinenbauer immer wichtiger.

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Früher war in der Maschinenbau-Welt alles irgendwie einfacher: Der Kunde wünschte sich eine Maschine; der Hersteller entwickelte sie und setzte die Anforderungen auf mechanische oder elektrische Weise um. In der digitalisierten Gegenwart reicht das nicht mehr, zusätzliche Anforderungen ergeben sich. Maschinen sollen jetzt kommunizieren, flexibel sein, Daten sammeln und austauschen. Statt nur Blech spielen nun auch Bits und Bytes eine entscheidende Rolle für den Unternehmenserfolg. Der Umgang mit Softwarefragestellungen wird deshalb für den Maschinen- und Anlagenbau immer wichtiger.

Mehr noch: „Ohne Kompetenz in der Entwicklung von Software wird in Zukunft kein Maschinenbauer mehr auskommen“, sagt Jan Vestbjerg Koch, Global Head Industry Sales bei der Lenze SE . Die Branche muss sich mit Kommunikationstechnik, digitaler Vernetzung, Datenbanksystemen und auch Datensicherheit beschäftigen. Alles sensible Themen, meint Vestbjerg Koch, denn „über dieses Know-How verfügen die meisten Unternehmen nicht in ausreichendem Maße. Der typische Maschinenbauer ist mittelständisch und hat 100 oder 200 Mitarbeiter. Zum großen Teil sind das Mechaniker. Software-Entwickler sind dort in der Unterzahl.“

Programmierer, die etwa Steuerungssoftware schreiben, gibt es heute in den meisten Unternehmen bereits. Doch es kommen weitere Anforderungen hinzu: „Die Steuerung wächst mit der IT zusammen. Es wird Desktop-Software benötigt, Apps, Schnittstellen für die Anbindung von Maschinen an ERP- oder MES-Systeme. Dafür braucht es Spezialisten, die über die bisher meist verwendeten Programmiersprachen gemäß der IEC 61131 auch typische Hochsprachen wie z.B. C/C++/C#, Java, Python oder für Web-Interfaces HTML5/CSS/Javascript beherrschen“, erklärt Hans Egermeier von der Consulting-Firma lean dt. Er berät Maschinen- und Anlagenbauer, darunter auch Lenze, bei der digitalen Transformation ihres Geschäfts. Zudem müsse moderne Automatisierungssoftware über den Maschinenkontext hinaus gehen. „Sie brauchen Software-Architekten, die systemisch denken und einzelne Teile zu einem großen Ganzen zusammensetzen können“, so Egermeier. „Die Fähigkeit des Maschinenbauers über die bisherigen Grenzen hinaus zu denken, wird unter dem Schlagwort Industrie 4.0 und Industrie 4.0-Kommunikation auch zunehmend vehement von den Kunden eingefordert. Produktionsbetriebe verlangen die extrem leichte Vernetzbarkeit unterschiedlichster Produktionsmittel, um dem Ziel einer kostenoptimalen variablen Produktion schnell näher zu kommen. Dies kann mit dem bekannten Plug&Play Prinzip gleichgesetzt werden. Nur ist dies für Produktionsanlagen ungleich schwerer umzusetzen und es stellt Anforderungen weit über dem bisherigen Kompetenz- und Kapazitätsniveau der Softwareteams.“

Darüber hinaus gewinnen maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KI) immer mehr an Bedeutung. „Man geht davon aus, dass in fünf bis sechs Jahren 80 Prozent aller Software-Produkte KI-Anteile enthalten“, sagt Egermeier. Zunächst werde sich diese Entwicklung im Consumer-Bereich vollziehen, aber bis zum Einsatz in der Industrie sei es dann nur noch ein kleiner Schritt. „Früher oder später benötigen die Maschinenbauer Data Scientists für die entsprechenden Algorithmen.“

All diese Spezialisten in die Unternehmen zu locken, wird nicht leicht. Schon heute mangelt es laut Jan Vestbjerg Koch an Fachkräften. „Wie will der deutsche Maschinenbau seine marktführende Position verteidigen, wenn uns diese kritische Ressource fehlt?“, fragt der gelernte Informatiker. Auch Berater Egermeier sieht, dass gute Software-Leute schwer zu bekommen sind. Zu groß ist der Konkurrenzdruck zwischen den Organisationen - Hochqualifizierte können sich aussuchen, wo und bei wem sie arbeiten wollen. Doch die Schwierigkeiten sind nach seiner Ansicht auch zum Teil hausgemacht. „Es gibt sehr wohl Unternehmen, die auch in dieser Zeit des Mitarbeitermangels genügend Fachkräfte finden.“

Der Unterschied: Sie werben in den Schulen, klinken sich an den Hochschulen in die Forschung ein, engagieren sich in der Ausbildung von jungen Menschen. So aktiv seien aber die wenigsten, berichtet Egermeier. „Viele leben noch in einer Recruiting-Welt, in der man eine Annonce in der Zeitung aufgibt und glaubt, dann kommen die Leute. Das ist zu wenig.“ Für Jan Vestbjerg Koch ist das Problem ebenfalls nur über Kooperationen mit Universitäten und mehr Engagement im Bereich HR zu lösen. Lenze biete seit letztem Jahr beispielsweise das internationale Traineeprogramm „Automation Camp“ an. „Junge Ingenieure aus verschiedenen Ländern arbeiten, lernen und leben mehrere Monate an unserem Headquarter in Hameln zusammen. Das Programm ist sehr vielfältig und vor allem Hands-on. Die Absolventen vertiefen ihre technischen Fähigkeiten, bauen Know-how rund um die Themen IIoT, Cloud-Computing und Digitalisierung auf, lernen aber auch die wesentlichen Softskills. Schließlich sind sie später als Lenze-System-Ingenieure bei Kunden im Einsatz und entwickeln passende Automatisierungslösung für deren Maschinen.“

Auch das Engineering von Maschinen verändert sich, wenn Elektrotechnik, Mechanik und die Informatik eine gleichwertige Rolle in der Produktentwicklung spielen. „Die drei Disziplinen müssen sich entlang des ganzen Entwicklungszyklus vernetzen und synchronisieren“, sagt Vestbjerg Koch. In der Praxis werde aber vielfach noch sequenziell gearbeitet. Zuerst baue man die Maschine, anschließend sei die Software an der Reihe. Das koste viel Zeit und berge das Risiko für Fehler, so Vestbjerg Koch. Um dem Konkurrenzdruck standhalten zu können wird dieser traditionelle Entwicklungsprozess modellbasierten Methoden weichen müssen. Unter dem Schlagwort „Digitaler Zwilling“ fasst man die Daten, Modelle und Simulationen zusammen, um von Beginn einer Maschinenentwicklung, über den Betrieb bis hin zum Rückbau alle Entwicklungsschritte ohne reale Maschinen vorab durchführen und testen zu können. Erst wenn in der Simulation oder in anderen Worten in der virtuellen Welt das zu erwartende Ergebnis abgesichert und bestätigt wurde wird die entsprechende Hardware realisiert und die veränderte Software auf die Maschine aufgespielt.

Die Veränderungen betreffen auch die Führungskultur im Maschinenbau. Dem Management ist es nicht ohne Weiteres möglich, die Qualität und den Output ihrer Software-Teams zu überprüfen. „Das Produkt kann man nicht anfassen. Die Manager sind ihren Mitarbeitern ein Stück weit ausgeliefert. Zuviel Druck, wenn es mal nicht läuft, ist kontraproduktiv“, meint Egermeier. Diese Geistesarbeit erfordert Führung mit hoher sozialer Kompetenz: kooperativer Umgang mit Mitarbeitern, Schwächen auffangen, Stärken fördern. „Die Führung muss diese Leute für sich gewinnen, damit sie alles geben“, rät Egermeier.