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Menschen und Roboter arbeiten frei auf der gleichen Fläche
(Foto: PR)

The Spark-Preisträger mit Erfolgsgeschichten Magazinos Roboter lernen mit jedem Gang

Das Münchener Start-up Magazino überzeugte in der Endrunde des Tech-Gründerpreises The Spark im Jahr 2018. Seitdem sind dem Unternehmen entscheidende Schritte gelungen, ihre Lagerroboter zu etablieren.
16.03.2020 - 10:35 Uhr Kommentieren

Zunächst klingt es so, als habe man sich verhört: „Wer schützt eigentlich den Roboter vor dem Menschen?“, fragt Frederik Brantner, Mitgründer von Magazino. Ist es nicht so, dass alles getan werden muss, damit Menschen keine Sorge haben müssen, von einem Roboter verletzt zu werden? Und gilt das nicht erst recht für Modelle wie Toru und Soto, die selbstständig durch Lagerhallen fahren?

Laserscanner und 3D-Sensoren und Kameras haben die Wege quer durch die Lagerhallen im Blick, wenn sich Toru, das kleinere der beiden Modelle, auf den Weg macht, einige Kartons mit bestellten Schuhen zu holen, und vielleicht hat einen davon ein menschlicher Mitarbeiter ein wenig schief ins Regal geschoben hat oder an einer anderen Stelle positioniert hat, als er zuletzt lag. Dann muss Toru suchen.

Das Miteinander von Mensch und Roboter – in den Hallen von Online-Händler Zalando oder Transportunternehmen Fiege Logistik, die für Deichmann arbeiten, ist das zu beobachten. Auf der einen Seite die Mitarbeiter, die an Werktagen gemeinsam mit der Toru-Flotte die eingehenden Bestellungen ausführen, auf der anderen Seite die Roboter, die am Sonntag, wenn die Mitarbeiter frei haben, das besonders hohe Aufkommen an Bestellungen abarbeiten könnten. Selbstverständlich helfen in Zeiten von Homeoffice und Reduzierung menschlicher Kontakte die Roboter auch, die Arbeit zu bewältigen, da sie von keinerlei Einschränkungen betroffen sind.

Aus dem Pilotversuch wird ein Auftrag

Der Jury des Gründerwettbewerbs The Spark war das bereits 2018 den Sieg wert. Da war das Unternehmen noch keine vier Jahre alt und der Pilotversuch in Erfurt bei Mitinvestor Zalando in seiner aktiven Phase. Im August 2019 sind aus dem Versuch echte Bestellungen geworden – die durchnummerierten Roboter, die zudem den Namen eines Magazino-Mitarbeiters auf der Kunststoffverkleidung tragen, sind nun vollwertige Arbeitskräfte. Unermüdlich, präzise und zuverlässig.
Eingearbeitet wurden die sechs zusätzlichen in Lahr in Baden-Württemberg arbeitenden Roboter auch – sie übernehmen das jedoch weitgehend selbst und untereinander. Die Roboter vermessen ihre Umgebung, zeichnen sie auf, registrieren Standorte einzelner Kartons, vermerken Veränderungen des Status quo – und tauschen diese Information unmittelbar untereinander aus. Sie entscheiden selbst, welcher Roboter welche Tätigkeit übernimmt, da der eine zeitsparendere Route als der andere nehmen kann. Satte vier bis fünf Gigabyte an Daten generiert ein Roboter allein in einer Minute.

„Es ist wie mit einem Kind, dem Sie auch das Wissen der älteren Menschen beibringen können. Nur steht einem neuen Roboter sofort das vollständige Wissen der anderen zur Verfügung“, sagt Frederik Brantner, der das Unternehmen zusammen mit seinem Mitgründer Lukas Zanger führt.

Magazino ist über mehrere Büroflächen und Produktionsräume im Münchener Gewerbehof an der Landsberger Straße auf zwei verschiedenen Etagen gewachsen. Für Magazino ist es gut, dass nicht jedes Start-up Erfolg hat und in dem Gebäude Flächen frei wurden. Für das Unternehmen mit seinen anfänglich drei Gründern, sind inzwischen mehr als 110 Mitarbeiter tätig. Während in der Fertigung von Toru und Soto auch gebohrt und geschraubt wird, sitzen im Obergeschoss die Entwickler still und coden.

Denn das eigentliche Produkt von Magazino ist nicht der physische Roboter, den geschickte Maschinenbauer rasch entwickeln könnten. Es ist das sogenannte Software-Stack, das zu Beginn die Investoren, und später neben der The-Spark-Jury auch die Kunden, überzeugen konnte. „ACROS“ nennt Magazino sein Software-Stack. Grob vereinfacht handelt es sich um vier Elemente, die verschiedene Aufgaben von Navigation bis Orderbearbeitung bündeln.

So kann ein Zalando-Kunde sonntags nachmittags ein Paar Schuhe des gleichen Modells in zwei Größen per App ordern und damit rechnen, dass sie noch am Montag auf die Reise gehen – ohne dass dazwischen ein Mensch einen Auftragseingang eingeben oder ein Etikett kleben musste.

Es braucht nur ein wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass die Lernfähigkeit und Sensorik in Kombination für viele Anwendungen in der Robotik interessant ist und nicht bei Schuhkartons und Logistik enden muss. Wichtig für Magazinos Wachstum ist dabei, dass das Startup nicht als Hersteller eines Roboters betrachtet wird. „Unser Schwerpunkt ist die Software“ sagt Brantner.

Jede Aufgabe der Logistik, die den Transport von Einheiten beinhaltet, könnten von Robotern langfristig übernommen werden.
Deswegen befindet sich Magazino auch nur bei einem flüchtigen Blick im Wettbewerb mit den klassischen Herstellern von Transportern, sondern allen Unternehmen, die sich mit Autonomen Fahren und automatisierten Prozessen befinden.


Dafür braucht es die Ingenieursleistung und Code-Fähigkeiten der Programmierer. Die werden sich die sich in Zukunft vielleicht damit auseinandersetzen müssen, dass Magazinos Software-Stack in anderen Fahrzeugen steckt. Solchen, die sicher zwischen Paletten oder Regalen hindurch fahren sollen. Das könnten dann auch Dinge sein, die nicht so harmlos sind wie ein Schuhkarton, der verkantet im Regal steht. Und die Roboter, das weiß Brantner, die muss man vor menschlichen Fehlern schützen.