SAP-Deutschland-Chef Thomsen: „Wer nicht investiert, fällt zurück!“
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SAP-Deutschland-Chef Thomsen„Wer nicht investiert, fällt zurück!“
Im Interview zur Digitalisierungslust deutscher Firmen fordert Hartmut Thomsen mehr Mut zu neuen Lösungen, spricht über den Einfluss von SAP in der Industrie 4.0, und denkt an das „next big thing“ der Software-Branche.
24.11.2016 - 15:02 Uhr
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Herr Thomsen, Hand aufs Herz: Sind deutsche Unternehmen wirklich solche Digitalisierungsmuffel, wie häufig behauptet wird? Richtig ist: Es gibt in Deutschland eine gewisse Skepsis. Viele Menschen machen sich Sorgen über die Folgen des digitalen Wandels. Richtig ist auch: Deutschland und Europa hinken gerade bei der Förderung von Start-ups noch hinter den USA her. Das Bild des „deutschen Digitalisierungsmuffels“ ist im Großen und Ganzen aber absolut nicht gerechtfertigt. Die Innovationskraft deutscher und europäischer Unternehmen wird oft unterschätzt. Siemens, Bosch und viele andere angestammte Unternehmen setzen zum Beispiel bereits sehr erfolgreich auf Digitalisierung und auch die zahlreichen Start-up-Hubs sind ein Beweis dafür, dass wir bei der Digitalisierung mehr und mehr mitspielen. Diese Entwicklung wird aber nicht alleine durch Großkonzerne und junge Firmen beeinflusst. Im Gegenteil. Wir stellen insgesamt fest, dass die Digitalisierung immer mehr als Chance erkannt und als solche genutzt wird – über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg.
So digital sind deutsche Unternehmen
Auf der Reifegradstufe „Opportunistic“ (Stufe 2 von 5) haben Unternehmen die Notwendigkeit erkannt, digital unterstützte Geschäfts- und Kundenstrategien zu entwickeln. Doch diese werden nur in vereinzelten Projekten umgesetzt. Ihr Erfolg lässt sich daher weder planen noch zuverlässig reproduzieren. Diese Unternehmen sind „Digital Explorer“. Gut ein Drittel der deutschen Unternehmer (32 Prozent) – und damit die Mehrheit – sieht sich in dieser Kategorie verhaftet und erkennt, dass sich ihr Geschäftsmodell mit der Digitalisierung weiterer Unternehmensbereiche (Logistik, Service und Kundenmanagement) verbessern und ausbauen lässt.
Eine Stufe weiter in der Entwicklung sind die „Digital Player“. Beim Reifegrad „Repeatable“ (Stufe 3 von 5) sind die Geschäfts- und IT-Strategien unternehmensweit auf die Gestaltung von digitalen Produkten, Services und Kundenerlebnissen abgestimmt. Neue digitale Technologien werden jedoch noch nicht offensiv eingesetzt, um den Markt zu beeinflussen. Die Unternehmen fokussieren beim digitalen Ausbau stattdessen die Bereiche Prozessoptimierung, Agilität und Flexibilität. In manchen fällen erwachsen daraus neue Ökosysteme und Geschäftsmodelle. Diese Digitalisierungsstufe erreichen laut IDC-Zahlen 29 von 100 befragten Unternehmern.
Auf der Reifegradstufe „Ad hoc“ (Stufe 1 von 5) sind Business- und IT-Initiativen zur Digitalen Transformation nicht aufeinander abgestimmt, kaum mit der Unternehmensstrategie verzahnt und nicht auf die Kunden ausgerichtet. Einer von fünf deutschen Unternehmern sieht sich derzeit auf dieser Stufe und steht der Digitalisierung abwartend gegenüber. IDC bezeichnet diese Unternehmen als „Digital Resister“.
Noch kleiner als die Zahl der „Digital Resister“ ist die Zahl der „Digital Transformer“. Auf der Reifegradstufe „Managed“ (Stufe 4 von 5) sind die Fähigkeiten zur Digitalen Transformation fest in diesen Unternehmen verankert. Immerhin 12 Prozent der befragten Unternehmer verfügen über ein kontinuierliches Angebot von digital unterstützen Produkten, Dienstleistungen und Erlebnissen, bei denen der Kunde im Mittelpunkt steht. IDC bezeichnet sie als führend bei der Digitalisierung.
An der Spitze der Digitalen Transformation stehen die „Digital Disruptor“. Sie stellen den kleinsten Anteil in der Menge der befragten Unternehmen (6 Prozent). Kennzeichnend für sie sind die offensive Nutzung neuer digitaler Technologien. Mit ihnen beeinflussen sie Märkte und erschließen neue Geschäftsmöglichkeiten. Sie erreichen im IDC-Ranking die höchste Reifegradstufe („Optimized“, Stufe 5 von 5). Aktuelle Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem geschäftlichen Umfeld dienen diesen Firmen kontinuierlich als Basis für weitere Innovationen, wodurch sie dem Wettbewerb immer einen Schritt voraus sind.
Unternehmern, vor allem Mittelständlern wird von vielen Seiten eingeschärft, dass sie sich möglichst schnell digitalisieren sollen. Das erfordert Know-how, Zeitund Geld. Wie schnell sollten sich Technikinvestments amortisiert haben, um als sinnvoll eingestuft zu werden, gibt es eine Faustformel? Eine Faustformel kann ich hier nicht nennen, aber klar ist, wer nicht investiert, fällt zurück. Insofern gilt grundsätzlich: Schneller ist besser. Getreu dem Motto: Wer nichts wagt, der nicht gewinnt. Um unsere Kunden auf ihrem individuellen Weg in die Digitalisierung optimal begleiten zu können, haben wir rund 250 mögliche Anwendungsszenarien entwickelt, die auf die konkreten Umstände in den einzelnen Unternehmen abgestimmt werden können. Zudem bieten wir spezielle Workshops an. Hier bewerten wir gemeinsam mit dem Kunden die Möglichkeiten und statten ihn anschließend mit einer Roadmap aus, die ihm als Orientierung und Fahrplan dienen kann.
Wie groß schätzen Sie den Einfluss und Anteil von SAP an der Industrie 4.0 in Deutschland/weltweit ein? Als Global Player hat SAP namhafte Kunden in nahezu allen Ländern der Erde. Überall, wo wir vertreten sind, versuchen wir, das Thema Industrie 4.0 voranzubringen. Dementsprechend dürfte unser Einfluss auf die Entwicklung nicht gerade gering sein – zumindest sind das unsere Absicht und unser Ziel. Das gilt auch und gerade für Deutschland. Hier liegen unsere Wurzeln und wir hegen ein ganz besonders Interesse an einem zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort.
Das leistet SAP Live Business für Unternehmen
Mit Live-Daten und Live-Fakten sind SAP-Kunden in der Lage, mehrere Entscheidungswege gleichzeitig zu visualisieren. Sie können Business-Szenarien vergleichen und Ergebnisse vorhersagen – sofort. Und sie haben jederzeit sämtliche Geschäftsprozesse im Griff.
Die Live-Suite auf Basis von SAP HANA ist das Herzstück einer digitalisierten Wertschöpfungskette: Sie bildet das gesamte Unternehmen präzise ab und bringt alle Abläufe über sämtliche Fachbereiche hinweg in Einklang, um bessere Entscheidungen im richtigen Moment zu ermöglichen.
Mit dynamischen Live-Profilen lassen sich Kundenwünsche vorhersehen. So können Unternehmen schneller und auf allen Kanälen auf sie reagieren. SAP Hybris sorgt für einen durchgängig integrierten, einheitlichen Auftritt, der Kunden vom ersten Kaufinteresse bis zur langfristigen Kundenbeziehung begleitet.
Live-Software integriert Mitarbeiter und Geschäftspartner in eine Wertschöpfungskette. Der Vorteil: Unternehmen managen mit SAP Ariba und Concur branchen- und länderübergreifend Personal, Transaktionen, Reisen und Services über intelligente und dynamische Netzwerke mit einem einfachen Zugang.
Die richtigen Mitarbeiter finden, fördern und begeistern: Mit der Live-Software SAP SuccessFactors und SAP Fieldglass für das Personalmanagement bleiben Unternehmen nah dran an ihren Teams. Durch diese Lösungen behalten sie in Personalfragen selbst international den Überblick und können qualifizierte Fachkräfte leichter entdecken, gewinnen und fördern.
Big Data-Technologien, die auf der SAP HANA Cloud Platform basieren, sorgen dafür, dass Unternehmer Marktchancen ergreifen können, sobald sie sich bieten. Zudem dient die Software dazu, mögliche Probleme rechtzeitig zu entdecken. Benötigte Anwendungen lassen sich in der Cloud-Umgebung schnell und flexibel entwickeln und rasch implementieren.
Was entgegnen Sie Kritikern, die behaupten, dass Plattformen wie zum Beispiel die SAP HANA Cloud Platform (HCP) nur dazu dienen, Unternehmer mit ihren Daten in eine Art goldenen Käfig zu sperren? Genau das Gegenteil ist der Fall. Die SAP HANA Cloud Platform eröffnet den Anwendern völlig neue Möglichkeiten. Die Plattform gibt den Unternehmen mehr Freiheiten und mehr Flexibilität. Die Daten der Unternehmen sind in der Cloud absolut sicher, aber keineswegs gefangen. Die HCP eröffnet den Kunden schnelle Umsetzung von Digitalisierung und Innovationen und ermöglicht die einfache Integration unterschiedlichster Anwendungen und Daten über den API Hub.
Daten von Tausenden von Unternehmen sind ein hochattraktives Ziel für Hacker. Welchen Stellenwert hat der Datenschutz für deutsche Kunden? Dass Sicherheit den Deutschen in jeder Hinsicht sehr wichtig ist, ist kein Geheimnis. Das gilt selbstverständlich auch und gerade für die Sicherheit sensibler Unternehmensinformationen. Was SAP angeht, ist Datensicherheit Teil unserer DNA. Wir entwickeln unsere Cloud-Software mit derselben Sorgfalt und denselben Sicherheitsmechanismen, wie wir es auch für unsere traditionellen On-Premise-Lösungen tun. Sicherheit beginnt für uns dabei bereits bei der Entwicklung. Nur so haben wir früh im Prozess einen sehr großen Einfluss auf die spätere Qualität der fertigen Lösung. Außerdem warten wir unsere Cloud-Lösungen kontinuierlich und mit höchster Sorgfalt. Zum Beispiel sorgen wir mit regelmäßigen Updates dafür, dass stets die aktuellen Sicherheitsstandards zum Einsatz kommen.
Welches Potential sieht die SAP für Live Business-Anwendungen? Zu unseren Kunden zählen: 87 Prozent der Forbes-Global-2000-Unternehmen und 98 Prozent der 100 wertvollsten Marken, 76 Prozent aller Transaktionsumsätze weltweit durchlaufen SAP-Systeme. Nicht nur damit haben wir gehörig Potential für Live Business und weiteres Wachstum.
Welche Themen stehen bei SAP-Kunden weit oben auf der Agenda (beispielsweise Internet of Things, agile Produktion (Losgröße 1), Design Thinking, Machine Learning, Augmented Reality, Innovationsmanagement, etc.)? Da gibt es sehr unterschiedliche Prioritäten in Abhängigkeit von Unternehmensgröße und Branche. Weit oben stehen für viele Kunden IoT Szenarien und Big Data Anwendungen. Im Mittelpunkt steht der Kunde und die individuelle Erfüllung seiner Anforderungen. Sei es zum Thema Segment of One, Losgröße 1, Mass Customizing, oder auch Omni Channel.
Welcher Technologie trauen Sie zu, zum nächsten „next big thing“ für Software-Entwickler und Plattformbetreiber zu werden? Big Data und IoT werden sich in den nächsten Jahren noch weiter entwickeln. Ein Aspekt, der mehr und mehr an Bedeutung gewinnen wird, ist Machine Learning, auch in Verbindung mit Big Data und IoT. Machine Learning verändert die Art der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Die Automatisierung wird weiter vorangetrieben, hier liegt viel Potential.
Wie viele der Lösungen, die SAP seinen Kunden anbietet, kommen auch intern zur Anwendung? Alle Lösungen, die SAP anbietet und die wir für das Betreiben unseres Geschäftsmodells benötigen, haben wir auch selbst erfolgreich im Einsatz. Zum Abschluss: In einem Interview haben Sie es als eine Marotte von sich beschrieben, dass Sie sich jede Zahl merken müssen, mit der Sie sich beschäftigen.Welche Zahl haben Sie sich zuletzt gemerkt? Das kann ich so gar nicht beantworten. In meinem Job habe ich täglich mit unglaublich vielen Zahlen zu tun. Ich merke sie mir weniger bewusst, sondern präge sie mir unterbewusst ein. Vielleicht ist es weniger eine Marotte als eine seltsame Begabung. In jedem Fall aber eine, die mir im Alltag sehr weiterhilft.