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Gastbeitrag: Dynamik durch gesetzliche Vorgaben Hätte die Vorstandsquote verhindert werden können?

Ein Handlungsdefizit kann man dem Gesetzgeber derzeit nicht vorwerfen: 2020 gab Bundeskanzlerin Angela Merkel die Losung aus, das Ziel der Gleichberechtigung müsse „Parität in allen Bereichen“ sein, auch in Spitzenämtern der Wirtschaft.
  • Monika Schulz-Strelow
11.03.2021 - 13:41 Uhr Kommentieren

Die Autorin dieses Beitrags ist Monika Schulz-Strelow. Sie ist Präsidentin des FidAR e.V.
Im November wurde ein gemeinsamer Gesetzentwurf von Justiz- und Frauenministerin diskutiert, der eine Mindestbesetzung mit Frauen in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern der börsennotierten und paritätisch besetzten Konzerne bei Neubesetzungen vorsieht. Der Gesetzesvorschlag wurde am 6. Januar im Kabinett beschlossen und durchläuft jetzt das Gesetzesverfahren. Das FüPoG II erhöht zudem den Druck auf öffentliche Unternehmen und neuerdings auch auf ca. 150 Anstalten des öffentlichen Rechts, den Frauenanteil in Führungspositionen zu steigern.

Quelle: FidAR
Monika Schulz-Strelow
(Foto: FidAR)

Zu Recht. Denn Deutschland hinkt bei der gleichberechtigten Teilhabe massiv hinterher. Zwar wurde zahlenmäßig das Ziel erreicht, den Frauenanteil in Aufsichtsräten von der Quote unterliegenden börsennotierten und paritätisch mitbestimmten 105 Unternehmen zu steigern. Doch an der grundsätzlichen Einstellung änderte sich bislang wenig.

Der Blick auf die Zielgrößen, die alle börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, Vorstand und in den zwei obersten Managementebenen festlegen müssen, offenbart, wie gering die Veränderungsbereitschaft ist: Laut Women-on-Board-Index von FidAR aus 2020 planten 75 von 185 untersuchten Konzernen ohne Frauen im Vorstand mit Zielgröße Null – also weiterhin mit einem frauenfreien Vorstand.

Vorgaben zeigen schon vor Inkrafttreten Wirkung

Umso bemerkenswerter, dass die geplante Mindestbesetzungsvorgabe für die Vorstände schon wirkt, bevor sie in Kraft tritt: Adidas, BAYER, E.ON und Infineon gehen als Beispiel voran und holen wieder Frauen in die Führungsetage. Die Zahl der Vorstandsetagen ohne Frauen bei den DAX-30-Konzernen sinkt. Nur HeidelbergCement und MTU haben noch Handlungsbedarf, um die neue Vorgabe zu erfüllen. Überraschend ist das nicht. Schon bei der Aufsichtsratsquote führte bereits die Diskussion im Vorfeld über gesetzliche Vorgaben zu zahlenmäßigen Verbesserungen.

Insgesamt macht, wie der WoB-Index zeigt, die verbindliche Frauenquote den Unterschied. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten, Vorständen und oberen Managementebenen steigt überall dort stärker an, wo die Quote gilt.

Doch die Vorstandsquote hätte verhindert werden können, wenn die Aufsichtsräte ihrer Verpflichtung aus dem Gesetz nachgekommen wären und ambitionierte Zielgrößen für den Vorstand festgelegt und umgesetzt hätten. Die Zielgröße Null zeugt eher von Verweigerungshaltung und Missachtung des Gesetzes. Da leider nur erhöhter Druck Veränderung auslöst, war es höchste Zeit, die gesetzlichen Schrauben anzuziehen und die Wirkung auszuweiten.

Nur auf Einsicht der Unternehmen zu hoffen bringt keine Veränderung. Daher gilt für die Arbeit von FidAR: weiter gemeinsamer Einsatz auf dem Weg zur Chancengerechtigkeit. Wir wollen Deutschland nicht mehr auf den hinteren Plätzen in Europa sehen.