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Moderne Mobilität
(Foto: Stocksy)

Studie zur Zukunft der Mobilität Diese fünf Faktoren prägen den Verkehr nach Covid-19

Welchen Einfluss hat die Coronakrise auf das Mobilitätsverhalten der Menschen, welchen auf die Autoindustrie? Diesen Fragen geht eine McKinsey-Studie nach.
25.09.2020 - 15:53 Uhr Kommentieren

Auf den ersten Blick scheint es wieder so zu sein, wie es war. Die Autobahnen sind voll, es gibt wieder Staus, die Züge, Bus und Bahn zu Stoßzeiten gut gefüllt – wenn auch mit Menschen, die im Gegensatz zu vor einem Jahr alle eine Maske tragen. Doch der Schein trügt.

Der Ausbruch der Pandemie und die aktuell wieder steigende Zahl von Menschen, die an Covid-19 erkranken, haben bereits tiefe Spuren in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur oder Sport hinterlassen. Ein einfaches Zurück zu Verhältnissen wie vor dem weltweiten Lockdown scheint fast unmöglich. In der Mobilität ist bereits heute abzusehen: Es wird sichtbare Veränderungen geben, weil Menschen auf die Pandemie mit Änderung von Gewohnheiten und Prioritäten reagieren.

Grundsätzlich ist die Sorge um die persönliche Gesundheit und die Versorgung von Infizierten so präsent, dass Menschen ihren Alltag verändern. Für die Mobilität bedeutet das, dass diejenigen, die Wege zurücklegen, sichere Transportmittel bevorzugen. Das sind schlechte Nachrichten zum Beispiel für die Anbieter für Shared Mobility. Aber auch das Fahrrad oder der schlicht zu Fuß zurückgelegte Weg gewinnen an Bedeutung.

Einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey zufolge planen fast 70 Prozent der Befragten in den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und China, dass sie nach dem Ende sämtlicher Einschränkungen mindestens einmal die Woche zu Fuß gehen oder Rad fahren wollen – ein Anstieg um sechs Prozentpunkte im Vergleich zur Zeit vor dem Lockdown.

Vor Covid-19 waren es vier Megatrends, die McKinsey als dominierend für die Mobilität der Zukunft ausgemacht hat und mit ACES abkürzte: Autonomous Driving, Connected Cars, Electrified Vehicles und Shared Mobility. An diesen Annahmen hat sich grundsätzlich nichts geändert, aber einer Studie von McKinsey zufolge müssen Entscheider nun fünf weitere Faktoren berücksichtigen, wenn es darum geht, eine Einschätzung zu erhalten, wie die Zukunft der Mobilität im Neuen Normal aussieht.

1. Gesundheit steht an erster Stelle

Galt Gesundheit bei der Wahl des Verkehrsmittels bislang nur als einer von vielen Aspekten, hat sich dies grundsätzlich gewandelt. Die Sorge um eine Ansteckung führt zu veränderten Prioritäten. Dem Privat-Pkw, dem Fahrrad oder dem Fußweg wird wieder öfter der Vorzug gegeben gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln. Deren Nutzung ist nichtsdestotrotz wieder angestiegen und wird es auch weiter. So erklären 40 Prozent der Befragten, dass sie mindestens einmal die Woche auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen werden.

Das in den vergangenen Jahren stark gewachsene Zahl an Sharing-Angeboten von Autos, aber auch insbesondere Mietsysteme für E-Scooter wird nach der Krise, so die Autoren der Studie, auf ein höheres Niveau zurückkehren. Der Wunsch, sich fortzubewegen, sei intakt. Daran ändere auch nichts die höhere Zahl an Mitarbeitern, die im Homeoffice arbeiten.

2. Politik handelt

Momentan konzentriert sich die Politik darauf, mit den Entscheidungen zu Regelungen der Mobilität die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Politik im Anschluss an die kritischste Phase der Pandemie lokal bis national ihren Einfluss auf die Mobilität verstärken wird, um den bereits begonnen Wandel zu beschleunigen.
So würden Programme zur Stimulation des Marktes für Fahrzeuge mit niedrigen Emissionswerten die Mobilität der Menschen verändern, ebenso wie die Umstrukturierung ganzer Städte durch den Ausbau der Infrastruktur für Radfahrer und damit einhergehend den Rückzug des Autos in der Innenstadt. Diese veränderten Rahmenbedingungen würden einen Einfluss auf die Mobilität haben, den die Stadtpolitik in den Jahren zuvor so nicht hatte. Das wird deutlich am Beispiel der Stadt Rom, die unlängst eine Partnerschaft mit einem Anbieter von E-Scootern eingegangen ist, um den Verkehr in der italienischen Hauptstadt nachhaltiger zu gestalten.

3. Alles wird lokal

So sehr Covid-19 Entwicklungen begünstigt – viele hatten ihre Wurzeln bereits vor der Pandemie und werden durch sie katalytisch verstärkt. Das gilt auch für die Art der Mobilität in der Welt, die sich von einer Standardisierung wegbewegte. Auf Basis der Analyse von sechs Regionen in aller Welt gehen die Autoren der Studie davon aus, dass sich dieser Trend verstärkt.

In großen europäischen Metropolen wird der private Pkw zurückgedrängt und die Nutzung drastisch zurückgehen bis zum Jahr 2030. In den USA hingegen wird dieser Rückgang deutlich kleiner ausfallen. In China und Städten in Südost-Asien wird sich bei der bereits bestehenden Nutzung des öffentlichen Transports keine signifikante Verschiebung bis 2030 ergeben.

Folglich werden Unternehmen ihre Strategien den regionalen Unterschieden anpassen müssen – bis auf die Ebene von einzelnen Städten, deren Regelungen innerhalb eines Landes stark voneinander abweichen können.

4. Konsolidierung ganzer Branchen

Der Lockdown zeigte es an vielen Straßenecken in Großstädten – Hoffnungsträger der Mobilität blieben ungenutzt stehen. Carsharing oder zu mietende E-Roller wurden nicht länger benötigt. Dennoch bedeutet das nicht das Ende dieser Angebote, wird aber zur einer Konsolidierung führen. Die Anbieter von Mikromobilität haben damit bereits vor der Pandemie begonnen. Zudem stehen mit Tech-Companies die nächsten Unternehmen bereit, die auch Kraft ihrer Cash-Reserven in den Markt eintreten könnten.

5. Innovation mit neuem Fokus

Die Krise zwang Unternehmen dazu, ihre Kräfte zu bündeln, um das Tagesgeschäft am Laufen zu halten, schlimmstenfalls Produktionsstätten zu schließen und ihre Belegschaft sicher und gesund zu halten. Wenn diese Aufgaben erledigt sind, so sagen die Autoren, wird die Konzentration wieder auf Innovationen gerichtet werden.

Auch die Hersteller und Dienstleister rund um elektrische Fahrzeuge, die sehr wahrscheinlich die Krise überstehen oder gar wachsen werden, müssen ihre Innovationen vorantreiben. Allein die vermutlich steigende Nachfrage nach emissionsarmen Fahrzeugen in Städten wird den Markt beeinflussen, allen voran in China und Europa.

Die traditionelle Autoindustrie wird hingegen die Forschung und Entwicklung des Autonomen Fahrens reduzieren, um Kosten zu senken. Erste Unternehmen haben diesbezüglich schon reagiert. Dies erlaubt anderen Marktteilnehmern, die frei gewordenen Spezialisten zu rekrutieren.

Die bereits begonnen Schritte in der Digitalisierung wurden durch die Pandemie vielfach bereits verstärkt – prominentestes Beispiel bleibt das Homeoffice – und werden sich vom nun höheren Niveau als vor der Krise beschleunigen. Kunden erwarten neue Modelle und Strukturen im Vertrieb, dem einzelne Hersteller bereits Rechnung tragen mit einer Auslieferung eines Fahrzeugs bis zur Haustür.

Diese fünf Faktoren sind es, die die Mobilität der Zukunft gestalten. Der Einfluss der ACES-Trends wird durch die Pandemie jedoch nicht geringer. Traditionelle Markteilnehmer müssen innovativ am Ball bleiben, um im System der Mobilität keine kleinere Rolle zu spielen.

Es wird, so die Autoren der Studie, innerhalb der Riege der Anbieter neue Kooperationen zwischen Tech-Firmen und Herstellern von Fahrzeugen geben, die wiederum den Markt von morgen ihren Stempel aufdrücken werden. Sicher ist eines – die Menschen werden den Zugewinn an Mobilität zurücksehnen und nicht leichtfertig aufgeben. Der Markt wird da sein.