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Staatsfinanzierung: Nachhaltigkeit im Fokus
(Foto: Unsplash)

Deloitte ESG und Steuerrecht: Auch Staatsfinanzierung braucht Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit – in politischen Diskussionen ist dieser Begriff oft zu hören, kaum eine Unternehmenspräsentation kommt ohne ihn aus. Die Bedeutung von Nachhaltigkeit wirft in der Steuergesetzgebung erhebliche Fragen auf.
22.07.2021 - 10:35 Uhr Kommentieren

Bereits im Jahr 2015 hat sich die Weltgemeinschaft unter dem Dach der Vereinten Nationen mit der Agenda 2030 auf 17 globale Ziele für eine bessere Zukunft der Menschheit verpflichtet. Diese Ziele sind in der Agenda sehr allgemein gehalten und reichen von Armutsbekämpfung über Geschlechter-Gleichheit und Maßnahmen zum Klimaschutz bis hin zu Frieden, Gerechtigkeit und der Stärkung politischer und gesellschaftlicher Institutionen. Die konkreten Handlungen der Staaten sollen sich auf ökonomische, ökologische und soziale Themen erstrecken.

In Deutschland soll die Agenda 2030 mit der kontinuierlich fortzuschreibenden Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt werden. Die Bundesregierung gibt als Leitthemen für diese Strategie Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialen Zusammenhalt und internationale Verantwortung an. Der Fokus der öffentlichen Diskussion liegt derzeit sehr stark auf dem Thema Klimaschutz, das als drängendstes Problem angesehen wird.

Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte hat nun das Konzept der Nachhaltigkeit unter dem besonderen Gesichtspunkt der Steuergesetzgebung analysiert und bewertet. Wirft man die Frage nach dem Beitrag oder Einfluss der Steuern in Sachen Nachhaltigkeit auf, dann würden als Antwort sehr schnell „Umweltsteuern“ genannt, wie die Energiesteuer oder die Kraftfahrzeugsteuer, so die Expertenbetrachtung. Neueste Überlegungen in der EU zum Carbon Border Adjustment Mechanism, also eines Grenzausgleichs auf Emissionen von importieren Industrieprodukten, gehen demnach in dieselbe Richtung. Andere Maßnahmen sind zum Beispiel die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung oder der E-Mobilität.

Finanzierungsfunktion von Steuern

Steuern sind Lenkungsinstrumente des Staates. Mit positiven oder negativen steuerlichen Anreizen sollen gewisse umweltfreundliche Handlungen erreicht werden. Die Lenkungsfunktion steht dabei immer im Spannungsfeld von Kompensation und Vermeidung. Begleitet werden Nachhaltigkeitsmaßnahmen wie die Anhebung des CO2-Preises durch sozialpolitische Ausgleichsmaßnahmen wie der Entfernungspauschale, die für Fernpendler erhöht und durch eine Mobilitätspauschale ergänzt wurde.

Während Steuern allgemein zur Finanzierung staatlicher Maßnahmen beitragen, gilt es der Deloitte-Studie zufolge aber als offen, ob das Steueraufkommen und damit der Beitrag des einzelnen Steuerpflichtigen zu steuerlichen Nachhaltigkeitsmaßnahmen beitragen. Die Steuerexperten halten deshalb eine Aufschlüsselung der staatlichen Ausgaben nach bestimmten Nachhaltigkeitskriterien für wünschenswert, die zu mehr Transparenz und vielleicht auch zu einer höheren Motivation der Steuerzahler führen könnte.

Auch die EU hat das Thema Nachhaltigkeit für die Finanzierung des EU-Haushaltes als Instrument aufgenommen. So sollen die Beiträge der Mitgliedsstaaten ab 2021 auch an der Quote nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff bemessen werden. Einige Mitgliedsstaaten, wie Italien, Spanien oder Irland werden eine entsprechende Plastiksteuer auf nationaler Ebene einführen oder haben diese schon eingeführt. Andere Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, wollen zunächst andere Systeme testen und die Beiträge aus dem jeweiligen allgemeinen nationalen Haushalt finanzieren. In weiteren Ländern ist die Einführung der Plastiksteuer zumindest noch in der Diskussion.

Nachhaltigkeit des Steuersystems

Daraus wird deutlich, dass auch an das Steuersystem selbst Nachhaltigkeitskriterien angelegt werden sollten. So sei der Gesetzgeber gefordert, den Maßstab des ökonomischen, ökologischen und sozialen Handelns auch in der Steuergesetzgebung anzusetzen. Das Thema Gerechtigkeit mit einem besonderen Schwerpunkt auf Generationengerechtigkeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.

Weiterhin sollte ein nachhaltiges Steuersystem effizient sein und ressourcenschonend. Auf diese Weise steht die Digitalisierung in einem engen Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeit.
Das Steuersystem sollte aber auch so ausgestaltet sein, dass sich Nachhaltigkeitsaspekte bei der Steuerermittlung widerspiegeln, so die Deloitte-Experten weiter. Inwiefern das heute schon der Fall ist und inwieweit dies mit Blick auf den Fremdvergleichsgrundsatz geboten ist, müsse aber noch diskutiert werden. Zu klären sei beispielsweise, ob die Auswirkungen von besonders umweltfreundlichem Verhalten von Unternehmen in die Verrechnungspreisermittlung einfließen.

1997 wurde die Global Reporting Initiative (GRI) gegründet, die im Jahr 2000 den ersten GRI-Standard veröffentlichte. Dieser gilt mittlerweile als anerkanntes Format für Nachhaltigkeitsberichterstattung im Unternehmen und erhielt im Jahr 2019 mit dem GRI 207 einen Tax-Standard. Mit dem GRI-Standard sollen Vergleichbarkeit und Transparenz der Nachhaltigkeitsaktivitäten erreicht werden.

Einheitliche Standards

Im Rahmen des GRI 207 sind einerseits Angaben zum Managementansatz vorgesehen, wie der Steuerstrategie, steuerlichen Prozessen, Kontrollen, dem steuerlichen Risikomanagement und der Einbeziehung interner und externer Stakeholder, etwa der Unternehmensleitung und der Finanzbehörden. Zum anderen sind weitreichende zahlenmäßige Angaben in Form eines Country-by-Country Reportings (CbCR) Gegenstand von GRI 207.

Eine geplante Novelle der EU-Rechnungslegungsrichtlinie sieht ebenfalls ein öffentliches CbCR vor. Dieses baut auf dem CbCR auf, das seit 2016 in immer mehr Ländern eingeführt wird und nach dem von Großunternehmen Steuerdaten und gesellschaftsbezogene Stammdaten an die Finanzverwaltung ihres jeweiligen Heimatlandes zu übermitteln sind.

Die Pflege und Erstellung der unterschiedlichen Berichte bedeutet für Unternehmen nicht nur administrativen Mehraufwand. Sie birgt auch das Risiko widersprüchlicher Angaben aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen. All dies verhindert eher, dass Unternehmen die Berichterstattung freiwillig vornehmen. Durch ein öffentliches CbCR entsteht auch die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung, da hierdurch auf legalem Wege unternehmensinterne Informationen in die Hände von Wettbewerbern fallen können.

Die Diskussion hat erst begonnen

Beim Thema Steuern bewegen sich Unternehmen stets in einem Spannungsfeld zwischen öffentlicher Meinung, ethischen Anforderungen und den Interessen der unternehmensinternen Stakeholder. Die Öffentlichkeit erwartet möglichst hohe Steuerzahlungen, die Investoren fordern Kostenminimierung.

Fest steht: Die Diskussion über das Zusammenspiel von Steuern und Nachhaltigkeit hat gerade erst begonnen. Viele Fragen wurde bereits aufgeworfen. Die Diskussion sollte nun mit Augenmaß geführt werden, schlussfolgern die Steuerexperten von Deloitte. Nachhaltigkeitsmaßnahmen müssten sich auch daran messen lassen, dass sie effizient, zielgerichtet und verhältnismäßig sind.