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Das Steuerrecht bremst Unternehmen aus
(Foto: Adobe Stock)

Ebner Stolz Das deutsche Steuerrecht blockiert Veränderungen

Der Motor der deutschen Wirtschaft ächzt – unter der Pandemie, verschärftem internationalem Wettbewerb und der Digitalisierung. Mittelständische Unternehmen wollen die Herausforderungen annehmen, wären da nicht die Hürden des deutschen Steuerrechts. Welche Reformen besonders nötig sind.
29.04.2021 - 09:51 Uhr Kommentieren

Der deutsche Mittelstand durchlebt derzeit disruptive Zeiten. Allen voran spüren das etwa die Hersteller und die vielen mittelständischen Zulieferer in der Automobilindustrie. Der Wille zur Innovation ist vielerorts vorhanden. Doch um einen nachhaltigen Innovationsschub zu erzielen, bedarf es oftmals einer kompletten Reorganisation der bisherigen Unternehmensstruktur, um etwa Know-how von außen einbinden, kleinere, flexiblere Einheiten schaffen oder Risiken minimieren zu können.

Steuern auf nicht realisierte Wertsteigerungen drohen

Doch eine der größten Hürden auf dem Weg zum zukunftsträchtigen Unternehmen steht deutschen Mittelständlern in Form des überbürokratisierten deutschen Steuerrechts entgegen, das mit dem rasanten Tempo des Wandels der Wirtschaft längst nicht mehr Schritt halten kann und damit immer mehr zum Standortnachteil für Deutschland wird. Konkretes Beispiel: Ein Unternehmen entschließt sich, einen Teil des Unternehmens zu verselbständigen. Das derzeitige Steuerrecht sieht allerdings nur begrenzte Möglichkeiten vor, derartige Spin-offs steuerneutral zu gestalten. Wird nicht ein weitgehend verselbständigter (Teil-)Betrieb herausgelöst, droht in der Regel die Besteuerung von Wertsteigerungen im Unternehmen, auch wenn keinerlei Liquidität zufließt. Steuerzahlungen schmälern damit vorhandene liquide Mittel, die doch dringend für Investitionen erforderlich wären.

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Dr. Sven Christian Gläser, Steuerberater und Rechtsanwalt bei Ebner Stolz in Stuttgart
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„Auf Unverständnis stoßen Regelungen im Umwandlungssteuer- und Einkommensteuerrecht insbesondere auch deshalb, weil die zu übertragenden Wirtschaftsgüter und deren Wertsteigerungen unverändert steuerverhaftet bleiben. Der Fiskus läuft also nicht Gefahr, Steuersubstrat zu verlieren“, sagt Dr. Sven Christian Gläser, Steuerberater und Rechtsanwalt bei Ebner Stolz in Stuttgart.

Warum also passt der Gesetzgeber die rechtlichen Vorgaben nicht der Unternehmenswirklichkeit an? Und ändert die Regeln so, dass Umstrukturierungen generell steuerneutral erfolgen können, solange die Steuerverhaftung sichergestellt ist?

Mittelstand besonders betroffen

In Zeiten dringend gebotener Veränderung erweist sich das deutsche Steuerrecht auch deshalb als Hemmschuh, weil sich vermeintlich gut gemeinte steuerliche Regelungen – je nach gewählter Rechtsform – nun ins Gegenteil verkehren. Mittelständische Unternehmen sind oftmals in der Rechtsform einer Personengesellschaft organisiert. Für diese besteht zwar mit der sogenannten Thesaurierungsbesteuerung die Möglichkeit einer deutlichen Reduzierung der Steuerlast auf Gewinne, die wie bei Kapitalgesellschaften im Unternehmen verbleiben. Wird jedoch eine Restrukturierung des Unternehmens erforderlich, blockiert diese Regelung nahezu jede Veränderung durch das Einbringen oder die Übertragung von Unternehmensteilen. Dann ist automatisch eine Nachversteuerung der thesaurierten Beträge erforderlich, die letztlich sogar zu einer höheren Gesamtsteuerbelastung führt als bei regulärer Besteuerung. Die Thesaurierung ist damit allenfalls dann vorteilhaft, wenn Gewinne und Unternehmensstruktur über viele Jahre unangetastet bleiben. Diese Annahme hat mit der wirtschaftlichen Realität vieler Mittelständler und den sich schnell ändernden Erfordernissen in einer globalisierten Wirtschaft nichts mehr zu tun.

Es bedarf deshalb unbedingt einer Verbesserung der Umwandlungs- und Umstrukturierungsmöglichkeiten für Kapital- wie auch Personengesellschaften, so dass zukunftsträchtige Veränderungen nicht zu steuerlichen Nachteilen führen. Dabei darf sich die Personengesellschaft nicht als steuerlich nachteilig gegenüber der Rechtsform der Kapitalgesellschaft erweisen. Zwar will der Gesetzgeber mit einem sogenannten Optionsmodell Personengesellschaften die Wahl einräumen, sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen. „Aber auch die Ausübung dieser Option würde nach dem vorliegenden Gesetzentwurf dazu führen, dass sämtliche im Rahmen der Thesaurierungsbesteuerung im Unternehmen belassenen Gewinne auf einen Schlag nachversteuert werden müssten und damit dem Unternehmen wichtige Liquidität entzogen würde. Damit hält sich die Attraktivität dieses Modells in sehr engen Grenzen“, sagt Steuerexperte Gläser von Ebner Stolz.

Mut zum Scheitern wird steuerlich bestraft

In der derzeitigen Wirtschaftslage müssen viele Unternehmen ins Risiko gehen. Entwickelt sich eine Geschäftsidee indes nicht wie gewünscht, droht das Unternehmen angesichts bestehender Verlustnutzungsvorgaben steuerlich auf den Verlusten sitzen zu bleiben. Stellt sich etwa bei einer Kapitalgesellschaft der erhoffte Erfolg nicht ein und wird diese umstrukturiert, gehen deren Verluste regelmäßig unter. Aber auch im Falle einer allmählichen Erholung des Unternehmens tritt die steuerliche Entlastung durch Berücksichtigung vorheriger Verluste infolge der Verlustnutzungsbeschränkungen nur stark verzögert ein. Dem Unternehmen wird dadurch dringend benötigte Liquidität durch fällige Steuern entzogen.

Hier ist der Staat gefordert, unternehmerischen Mut nicht zu bestrafen. Er sollte vielmehr durch flexible Verlustnutzungsregelungen zum einen die sich nach Verlustjahren entwickelnde zarte Erfolgspflanze durch zügige Verrechenbarkeit der (Anlauf-)Verluste mit den erwirtschafteten Gewinnen nach Kräften fördern. Und zum anderen die Reorganisation eines sanierungsbedürftigen Unternehmens nicht noch behindern.

Regelungsdichte und Rechtsunsicherheit verhindern Veränderung

Umfangreiche und komplexe Steuergesetze, Durchführungsvorschriften und Verwaltungsanweisungen führen zu einer Regelungsdichte mit nurmehr schwer nachvollziehbaren Regel-Ausnahme-Verhältnissen, Antimissbrauchsvorschriften und Anwendungsregelungen. Dies belegen ganz aktuell die vorliegenden Entwürfe für eine Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes sowie des Außensteuergesetzes. Gleichwohl besteht sehr häufig große Rechtsunsicherheit. Zugleich schafft der Gesetzgeber ständig neue Tatbestände für Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die dann – wie etwa das geplante Verbandssanktionengesetz oder die DAC 6-Regelungen – wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen und ihren Mitarbeitern schweben.

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Markus Braun, Director Tax bei der ElringKlinger AG
(Foto: PR)

„Dieser Trend stellt uns als mittelständisches Unternehmen zunehmend vor die Herausforderung, dies in Einklang mit der täglichen Arbeit zu bewältigen. Dadurch bestärkt sich auch das Gefühl, nach und nach ein verlängerter Arm des Finanzamts zu werden und sich in Verwaltungsaktivitäten zu verlieren, anstatt das Wachstum der operativen Bereiche zu unterstützen. Diese Entwicklung sollte uns Steuerrechtsanwender aber nicht zu berufsmäßigen Bedenkenträgern werden lassen und damit zum Hemmschuh für wichtige Entwicklungen im Unternehmen. Vielmehr sollten der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung heutzutage nicht jeder Veränderung misstrauisch begegnen. In Zeiten schneller Entwicklungen und Entscheidungen ist das fatal und bremst Wachstum gezielt aus,“ sagt Markus Braun, Director Tax beim Automobilzulieferer ElringKlinger AG.

Künftiges Leitbild von Gesetzgeber und Finanzverwaltung muss daher sein, den Unternehmen möglichst schnell und umfassend rechtliche Klarheit zu verschaffen. Dabei gilt: Nicht der perfektionistisch, jede denkbare Gestaltungsmöglichkeit berücksichtigende, sich in Details verlierende Wortlaut ist zielführend, sondern eine die unternehmerische Lebenswirklichkeit der großen Mehrheit abbildende Regelung mit Mut zur Lücke im Einzelfall.