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MOBILITY – BE URBAN Jan-Eric Putze über die Zukunft von Drohnen

Drohnen sind in Deutschland schon aktiv. Es gibt viele Pilotprojekte. Sie können für die Inspektion von Pipelines oder bei der Überwachung des Bahnverkehrs genutzt werden. Doch es fehlt ein gesetzlicher Rahmen.
25.05.2021 - 07:37 Uhr Kommentieren

Jan-Eric Putze ist der CEO der Droniq GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und der Deutschen Telekom. Der gebürtige Frankfurter verantwortet bei der Droniq die Bereiche Finance, Sales & Business Development, Marketing & PR sowie Human Resources. In seine Zuständigkeit fällt damit unter anderem die Identifizierung und Entwicklung neuer Geschäftsfelder sowie der Ausbau des Droniq-Kooperationsnetzwerks.

Der Frankfurter Jan-Eric Putze ist der CEO der Droniq GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und der Deutschen Telekom.
Jan-Eric Putze

Der Frankfurter Jan-Eric Putze ist der CEO der Droniq GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und der Deutschen Telekom.

Herr Putze, wie sieht für Sie urbane Mobilität in 5-10 Jahren aus? Welches Bild stellen Sie sich hier vor?
Wenn ich ein Bild von der Mobilität der Zukunft male, dann ist die Drohne ein Bestandteil von vielen Verkehrsmitteln. Ich stelle mir einen modernen Terminkalender vor, der weiß, wo ich wohne und arbeite und wo ich einen Großteil meiner Freizeit verbringe. Ich muss nur noch angeben, dass ich um 13 Uhr einen Geschäftstermin beim Italiener habe. Das System übernimmt dann die gesamte Planung: Wann kommt die S-Bahn? Dabei wird direkt ein Ticket für mich gebucht. Wie komme ich von der S-Bahn-Station weiter zum Restaurant? Mit einem Scooter oder E-Bike? Das wird schon reserviert. Oder ist es doch sinnvoller, ein autonomes Taxi zu nehmen? Das wird dann automatisch für mich bestellt. Beim Italiener wartet dann bereits alles – der Tisch ist reserviert, das Restaurant konnte sich auf meine Ankunft vorbereiten.

In der Welt der Zukunft stelle ich mir vor, dass das gesamte Mobilitätsangebot vernetzt ist. Da sind wir noch lange nicht. Es gibt einzelne Anbieter und die Aufgabe besteht nun darin, alles in einem Angebot zusammenzuführen.

Sie haben Drohnen als ein Verkehrsmittel unter vielen genannt. In welchem Stadium befindet sich die Drohnenentwicklung aktuell? Was ist heute schon möglich, welche Entwicklungen fehlen noch zur Seriennutzung?
Drohnen sind in Deutschland schon heute aktiv. Es gibt viele Pilotprojekte im Rahmen von Förderprogrammen. Drohnen können für die Inspektion von Pipelines oder bei der Grünanlagenüberwachung des Bahnverkehrs genutzt werden. Sie können aktuell für den Transport von medizinischen Gütern – von Medikamenten, Impfstoffen oder Blutkonserven – von Krankenhaus zu Krankenhaus innerhalb einer Stadt genutzt werden. Oder auch für die Überwachung von Industrieanlagen, Fußballstadien und kritischer Infrastruktur.
Das können Drohnen bereits heute erledigen, es benötigt jedoch noch den gesetzlichen Rahmen, um Drohnen in einen Regelbetrieb zu überführen. Wirtschaftsunternehmen investieren nur in Bereiche, in denen es einen gefestigten Rahmen und Planungssicherheit gibt. Das fehlt aktuell noch.

Was zudem noch fehlt, sind robuste und wetterfeste Drohnen. Hier findet gewerblich noch keine Serienproduktion statt.

Die Drohnenhersteller sind vorbereitet. Jetzt muss der Übergang zum Regelbetrieb gefunden werden. Dieser Übergang wird nicht durch eine Taxidrohne erfolgen, sondern eher durch eine Transportdrohne, die einen Auftrag abarbeitet.

In welchem Bereich werden Transportdrohnen in Zukunft genutzt werden? Wie schätzen Sie die Entwicklung bei Transportdrohnen in Zukunft ein?
Die Pizzaauslieferung mit der Drohne sehe ich bis dato nicht. Drohnen sind noch nicht in der Lage, Ware aufzunehmen und einfach wieder abzugeben. Die Drohne kann ihre Ware ja nicht einfach fallen lassen. Zudem fehlt für dieses Szenario die bürgerliche Akzeptanz. Den Regelbetrieb kann ich mir z.B. im ländlichen Raum oder für überregionale Strecken gut vorstellen. Deutschland ist ein verkehrstechnisch hervorragend vernetztes und zudem ein hoch bevölkertes Land. In Europa ist die Infrastruktur sehr gut ausgebaut. Eine Drohne muss in diesem Umfeld erstmal einen zeitlichen und kosteneffizienten Vorteil gegenüber dem Auto, dem Zug oder einem Hubschrauber besitzen. In Afrika oder auch in den USA sieht das anders aus. Dort kann ich mir das eher vorstellen.

Für Deutschland kann ich mir gut vorstellen, dass Drohnen abgelegenere Inseln in der Nordsee versorgen. Und, wie zuvor erwähnt, sind sie im Bereich der Streckenüberfliegung von Pipelines oder Hochspannungsleitungen sowie der Überwachung von Infrastruktur hierzulande effizient nutzbar. Auch in urbanen Bereichen, wie z.B. in Großstädten wird der Drohnentransport in Teilen eine zentrale Rolle spielen – beispielsweise, wenn es um den Medikamente- und Gewebetransport von einem Krankenhaus zum anderen geht. Mit dem U-Space-Konzept, das wir für Deutschland aktiv mitgestalten wollen, hat die EASA bereits eine erste Grundlage geschaffen, um Flüge in urbanisierten Gegenden möglichst einfach und gleichzeitig unter größtmöglicher Sicherheit zu ermöglichen.

Was sind die größten Hindernisse und Probleme bei der Nutzung von Drohnen in Deutschland? Welche regulatorischen Bereiche müssen insbesondere noch angegangen werden?
Das größte Thema für uns ist die Sichtbarmachung aller Verkehrsteilnehmer. Es ist wichtig, dass Drohnen für die bemannte Luftfahrt und für die Flugsicherung sichtbar im Luftraum agieren. Im kontrollierten Luftraum kann die Flugsicherung auf ihrem Radarschirm alle Verkehrsteilnehmer sehen, die sich mittels Transponder sichtbar machen. Es gibt in der Flugsicherung jedoch einen blinden Fleck im unkontrollierten Luftraum, der vom Boden bis auf 330m (1.000 Fuß) reicht und der gebietsweise auf 830m (2.500 Fuß) ansteigen kann. Dort sind beispielsweise auch die Rettungsflieger und Polizeihubschrauber unterwegs. In diesem Bereich müssen sich Verkehrsteilnehmer für die Flugsicherung digital nicht sichtbar machen. Wir bieten hierfür die geeignete Technik an, um die Drohne sichtbar zu machen, denn aktuell ist diese Ausstattung noch nicht serienmäßig. Die Daten werden über das Mobilfunknetz an die Flugsicherung gegeben. Eine Integration von Drohnen in den Luftraum ist ein erheblicher Sicherheitsgewinn. Drohnen müssen im Luftraum ordentlich und sicher in die bestehende Infrastruktur integriert werden. Dies funktioniert nur, wenn eine Drohne auf dem Radarschirm und für andere Luftraumteilnehmer digital sichtbar ist. Die Technik ist schon vorhanden, sie muss nicht neu erfunden werden. Wir appellieren dafür, dass sich alle Verkehrsteilnehmer zeigen müssen – sowohl im kontrollierten als auch im unkontrollierten Luftraum.

Eine weitere Herausforderung ist, dass Drohnen und deren Piloten luftfahrtfremd sind. Piloten von bemannten Luftfahrtzeugen beschäftigen sich intensiv mit den aktuell geltenden Regeln der Luftfahrt. Im Straßenverkehr ist allen Verkehrsteilnehmern bewusst, dass es Regeln gibt, an die sie sich halten müssen. Diese werden unter anderem durch Schilder, Fahrbahnmarkierungen und Ampeln gekennzeichnet. Der Nutzer einer Drohne dagegen schaut in den Himmel – und sieht nichts. Dabei kann man nicht einfach seine Drohne auspacken und losfliegen, denn auch hier gibt es Regeln und Vorschriften, die es zu beachten gilt.
Drohnennutzer sind sich dessen häufig nicht bewusst und Hersteller geben ihnen diese Informationen auch nicht unbedingt an die Hand. Der Drohnenpilot möchten keine Straftat begehen, er weiß es aber teilweise einfach nicht besser! Dabei ist das Schlimmste nicht einmal, die Drohne einfach startet zu lassen, sondern beispielsweise ein Foto vom Nachbarn oder dessen Haus zu veröffentlichen. Hier handelt es sich um eine Straftat und da beginnen Mindeststrafen bei 50.000 Euro und höher.

Sie haben erwähnt, dass der rechtliche Rahmen für den Regelbetrieb von Drohnen noch nicht ausreichend vorhanden ist. Wann rechnen Sie hier mit einer Entscheidung?
Die EASA (European Union Aviation Safety Agency) hat im Februar dieses Jahrs eine neue Drohnenverordnung erlassen. Sie liegt nun bei den Mitgliedsstaaten. Die Bundesregierung ist gerade dabei die Verordnung in nationales Recht umzuwandeln. Die EASA hat dabei den Ländern viel Spielraum in der Umsetzung gelassen. Ich hoffe, dass die deutsche Regierung diese Freiräume beibehält und nur in den Bereichen noch stärker reguliert, in denen sich die deutsche Situation tatsächlich gravierend von der Situation in anderen Ländern unterscheidet. Denn wenn es zu komplex wird, eine Drohne einzusetzen und beispielsweise gegen einen Hubschrauber auszutauschen, wird sich die Drohne am Markt nicht durchsetzen. So darf eine Drohne im Moment in Deutschland nicht über ein Naturschutzgebiet fliegen. Der Naturschutz geht bis zum Weltall und hört nicht bei beispielsweise 200 Metern über dem Boden auf. Ein Hubschrauber darf dort fliegen, eine Drohne aber nicht. Da würde ich mir ein bisschen mehr Augenmaß von der Regierung wünschen.

Was erhoffen Sie sich von der Teilnahme an The Mission? Welche Rolle spielt die Arbeit mit jungen Talenten und innerhalb eines breiten Partnernetzwerkes für Weiterentwicklung von Mobilitätslösungen?
Ich finde es sehr spannend, mit jungen Talenten, die eine andere Denkweise und eine andere Herangehensweise besitzen, ins Gespräch zu kommen. Das finde ich sehr erfrischend. Ich beschäftige mich bereits so lange mit dem Thema und habe da gewissermaßen bereits Scheuklappen auf. Zudem ist es als Unternehmen auch sehr interessant, beim Thema Mobilität mit anderen Unternehmen zusammenzukommen, Kontakte zu knüpfen und Gleichgesinnte zu treffen.

„The Mission“ ist eine Initiative von Futury, einem Spin-off der Werte-Stiftung, der Deutschen Bank, Bain & Company, PreZero und der Handelsblatt Media Group. Im Rahmen von „The Mission“ entwickeln junge Talente in jeweils dreimonatigen Projekten eine Unternehmensidee.

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