Krise fordert auch am Finanzplatz Frankfurt Opfer Investmentbanken verlieren prominente Köpfe
FRANKFURT/M. So schnell drehte sich das Personalkarussell schon lange nicht mehr. Aus den Büroetagen der großen angelsächsischen Investmentbanken in Deutschland verabschieden sich immer mehr prominente Namen. Meist ist die tiefe Krise, in der die Branche steckt, schuld an den Abgängen. Doch nicht alle Banker fallen den Sparzwängen ihrer Arbeitgeber zum Opfer, einige haben schlicht und einfach keine Lust mehr, und steigen erst einmal aus.
Die meisten Abgänge musste in den vergangenen Monaten wohl die Frankfurter Niederlassung von Morgan Stanley verkraften. Jan van Nieuwenhuizen, Co-Head des Investmentbanking und Mitglied des Vorstands wechselte Ende August zur niederländischen NIB Capital Bank. Jan Weidner, ein renommierter Berater für Fusionen und Übernahmen im Finanzbereich schied ebenso aus, wie der Leiter des Geschäfts mit festverzinslichen Wertpapieren Omar Selim. Auch Martin Reinboth, verantwortlich für das Geschäft mit Aktienplatzierungen und sein Gegenpart auf der Anleihenseite, Frank Rüland, arbeiten inzwischen nicht mehr für Morgan Stanley.
Über die US-Bank, die in der vergangenen Woche mit ihrem Quartalsergebnis die Erwartungen der Analysten enttäuscht hat, rollt mittlerweile bereits die dritte Entlassungswelle hinweg. Darüber hinaus steckt das Institut mitten in einer tief greifenden Umstrukturierung, das Aktien- und das Rentengeschäft sollen zusammengelegt werden.
Überkapazitäten in Deutschland
Aber natürlich trifft der Sparzwang Morgan Stanley nicht alleine. Weltweit haben die großen Wall-Street-Häuser in den vergangenen zwölf Monaten 50 000 Banker auf die Straße gesetzt. Mit den drastischen Einschnitten reagieren die Institute auf den Einbruch der Einnahmen auf das Niveau von 1997. Mittlerweile hat die Sparwelle auch den lange verschonten Finanzplatz Deutschland voll erfasst, der lange von seinem Ruf als lukrativer Wachstumsmarkt zehrte. Eine Studie der Beratungsgesellschaft Oliver, Wyman & Company kommt zu dem Schluss, dass die Schwäche im Investmentbanking vor allem in Deutschland zu Überkapazitäten geführt habe, weil die Sparmaßnahmen hier bislang deutlich weniger aggressiv als im angelsächsischen Raum ausgefallen seien.
"Alle in Deutschland vertretenen Investmentbanken stehen unter massivem Kostendruck und müssen Anpassungen vornehmen", bestätigt Andreas Halin von der Personalberatung Spencer Stuart. Allerdings denke derzeit keines der angelsächsischen Häuser über einen Rückzug aus Frankfurt nach. "Vor fünf Jahren wäre das vielleicht diskutiert worden, heute ist das kein Thema mehr", macht Halin klar. Es gehe eher um eine Ausdünnung. Komme es in Deutschland zu Abgängen, würden die Stellen häufig nicht neu besetzt, sondern das entsprechende Arbeitsgebiet aus der Zentrale in London abgedeckt.
Abgänge gab es in Frankfurt in den vergangenen Monaten reichlich. So gab Florian Meister von Lehman Brothers auf, der zusammen mit Rolf Gerner das Investmentbanking der US-Bank in Frankfurt leitete. Bei Merrill Lynch wanderten die beiden Deutschland-Chefs Ernst Fassbender und Malcolm Thwaites zum Konkurrenten Lazard ab. Ihren Job soll Mathias Mosler als Chief Executive Officer (CEO) des Bereichs Global Markets und Investment-Banking Deutschland übernehmen. Bei Goldman Sachs warf der M&A-Berater Gerhard Baumgard das Handtuch und suchte sich eine neue Herausfoderung in der Entwicklungshilfe.
Goldman Sachs hat mit Sicherheit auch den spektakulärsten Abgang zu beklagen. Timothy Plaut, Sprecher der Geschäftsführung in Deutschland zieht sich mit 47 Jahren aus dem Investmentbanking zurück. Nach 21 hektischen Jahren in der Geldbranche will sich der studierte Kunsthistoriker in Zukunft eher in Richtung seines erlernten Beruf orientieren und sich mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigen.