Ägypten nach der Revolte: Warten auf die Rückkehr der Touristen
Benachrichtigung aktivierenDürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafftErlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviertWir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Anzeige
Ägypten nach der RevolteWarten auf die Rückkehr der Touristen
Mit ihren Pharaonengräbern und Tempelanlagen gilt die oberägyptische Stadt Luxor als Touristenmagnet. Doch auch hier lähmt die unsichere Lage das Geschäft. Händler setzen alle Hoffnungen auf die Zeit nach den Wahlen.
Touristen besuchen Tempel der Hatshepsut in der West Bank in Luxor: Die Tourismusindustrie ist in Ägypten ein wichtiger Wirtschafsfaktor und leidet unter der Krise.
LuxorHadsch Mahmud hält Ketten in der Hand, an denen der Skarabäus baumelt. Er verschenkt die ägyptischen Glückskäfer an die wenigen Touristen, die an diesem heißen Maitag das Tal der Königinnen nahe der Stadt Luxor besuchen. Der Souvenirhändler hofft auch für sich selbst auf etwas Glück: Vielleicht locken die Geschenke den einen oder anderen in seinen Laden und helfen so seinem Geschäft wieder auf die Beine. Mahmud ist einer der wenigen Einheimischen, die ihre Läden an Luxors berühmten Grabstätten noch öffnen. Eigentlich gehört die Stadt am Nil in Oberägypten zum Pflichtprogramm jedes Touristen - liegen bei der einstigen Königsmetropole Theben doch die wichtigsten archäologischen Stätten mit dem Tal der Könige und dem Tal der Königinnen sowie mehrere berühmte Tempelanlagen. Doch nun: Flaute. Die Touristen bleiben aus.
„Möge Gott unser Leben erleichtern und die Dinge bald zum Besseren wenden“, sagt er mit einem Wink gen Himmel. „Nach den Wahlen wird alles hoffentlich allmählich wieder so werden, wie es war“, fügt er hinzu. Gemeint sind die Präsidentschaftswahlen Ende Mai. Der Tourismus, einst Grundpfeiler von Ägyptens Wirtschaft, liegt darnieder - nach politischen Umstürzen und Unruhen, die das Land seit mehr als drei Jahren im Griff halten. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres kamen nach Angaben der Behörden mit 1,3 Millionen Touristen 28 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres.
Ägypten als Machtfaktor im Nahen Osten
Mit rund 85 Millionen Einwohnern ist der Staat das bevölkerungsreichste arabische Land. Niltal und Nildelta zählen mit mehr als 1100 Menschen pro Quadratkilometer zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Welt.
Bei der Wirtschaftsleistung gab es 2012 im Vergleich zum Vorjahr einen prognostizierten Zuwachs von zwei, für 2013 von drei Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte sich 2013 auf geschätzt knapp 276 Milliarden Dollar summieren.
Kairo kontrolliert mit dem 1956 verstaatlichten Kanal eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt. Besondere Bedeutung haben die vielen Tanker, die Öl vom Golf nach Europa transportieren. Die Kanalgebühren sind eine tragende Säule des ägyptischen Staatshaushalts.
Die Branche ist einer der wichtigsten Devisenbringer des Landes. Nach einem Einbruch im Revolutionsjahr 2011 mit 9,8 Millionen Touristen (2010: 14,7 Millionen) kamen 2012 bis November 9,5 Millionen. Die Zahl der deutschen Urlauber stieg in den ersten neun Monaten 2012 im Vergleich zu 2011 um gut 29 Prozent auf rund 830 000.
Für die EU und die USA ist Ägypten seit langem ein verlässlicher Vermittlungs- und Verhandlungspartner. Auf die palästinensische Seite wirkte Kairo oft mäßigend ein. Ägypten war das erste arabische Land, das Israel anerkannte. Die Staaten schlossen 1979 einen Friedensvertrag.
Präsident Husni Mubarak verfolgte einen harten Kurs gegen Islamisten und präsentierte Ägypten als „Bollwerk gegen Dschihadisten“. Unter seinem Nachfolger Mohammed Mursi konnten militante Islamisten in einigen Bezirken östlich der Stadt Al-Arisch mehr oder weniger unbehelligt von der Staatsmacht schalten und walten. Aus Sicht der Armee waren die Operationen gegen Extremisten mit Nähe zum Terrornetzwerk Al-Kaida in dem Gebiet in dieser Zeit halbherzig.
Europäische Länder haben unterschiedliche Reisehinweise für bestimmte Regionen Ägyptens herausgegeben, darunter die Halbinsel Sinai, wo die meisten tödlichen Angriffe verübt wurden. Das Auswärtige Amt rät vom Besuch mehrerer Gegenden ab und warnt vor Ausflügen auf den Sinai. Im Badeort Taba wurde im Februar ein Touristenbus Ziel eines Anschlags, drei Südkoreaner und ihr ägyptischer Fahrer starben. Diese partiellen Reisewarnungen seien ein Problem, auch wenn Luxor gar nicht betroffen sei, sagte James Moran, der EU-Botschafter in Ägypten, kürzlich in der Stadt. „Die Leute, besonders die älteren, werden nervös, wenn die Reiseveranstalter ihnen sagen, dass vor einem Teil des Landes gewarnt wird.“ Laut Ägyptens Tourismusminister Hescham Saasu sind weniger Urlauber als erwartet nach Luxor gekommen - aber immer noch mehr als in den Rest des Landes. „Dies ist eine sichere Stadt und die Leute sind immer gut zu Fremden gewesen, seit ihr eigenes Auskommen vom Tourismus abhängt.“
Der Tourismus brach mit der Revolution ein, die den Langzeitherrscher Husni Mubarak Anfang 2011 aus dem Amt fegte. Die unsichere Lage ließ die Gewinne im Vorjahresvergleich um 30 Prozent einbrechen. Die Situation verschlimmerte sich erneut, nachdem das Militär den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli 2013 entmachtete.
Im Vorfeld der Neuwahlen am 26. und 27. Mai haben mehrere Bombenanschläge das Land in Atem gehalten. Ex-Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, der Mursis Umsturz anführte, gilt als aussichtsreicher Kandidat für das Präsidentenamt. Seine Anhänger trauen ihm zu, dass er die Unruhen im Land beenden kann. Luxor ist bisher von den jüngsten Wellen von Terror und Unruhen verschont geblieben. 1997 erlebte der Touristen-Magnet sein Trauma, als radikale Islamisten eine Urlaubergruppe im Totentempel der Hatschepsut angriffen. Fast 70 Besucher starben. Die Angst vor weiteren Anschlägen ließ den ägyptischen Tourismus kollabieren. Das Land brauchte Jahre, um das Vertrauen in die Sicherheit für Touristen wiederzugewinnen.
Auch der Pferdekutscher Mansur hofft in Luxor auf „ein paar Touristen“ nach der Wahl. „Ich bin des trägen Geschäfts müde. Meine Familie ist müde, selbst die Pferde sind müde. Für sie gibt es nicht genug Futter“, sagt Mansur mit Blick auf zwei dürre Tiere neben ihm. „Der Präsident sollte die Sicherheit wieder herstellen.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.