Duell an der Haustür Der einsame Weg der Staubsaugervertreter

Von Tür zu Tür: Staubsaugervertreter brauchen Geduld.
Solingen Es ist gerade mal ein Uhr mittags, und Anja Scherwat (22) ist schon an 30 Türen abgewiesen worden. Das schlägt der Staubsaugervertreterin aber keineswegs aufs Gemüt. Unverdrossen klingelt sie an der 31. Tür in einer stillen Wohnstraße in Solingen. Ein alter Mann öffnet und schaut sie misstrauisch an. „Bitte nicht erschrecken“, zwitschert Scherwat. „Ich komme heute aus dem Hause Vorwerk zu Ihnen.“ - „Staubsauger?“ Der Mann weicht instinktiv einen Schritt zurück. „Das macht alles meine Frau. Und die... ist nicht da.“ Im nächsten Moment tönt von hinten eine Frauenstimme: „Heinz, wer ist denn da an der Tür?“
So etwas darf man nicht persönlich nehmen, sagt Anja Scherwat. „Auf jeden Fall war der Herr doch freundlich. Und haben Sie bemerkt: Noch niemand hat mir die Tür vor der Nase zugeschlagen.“
Das könnte man auch anders sehen. Man muss Anja Scherwat wirklich nur mal einen Vormittag begleiten, dann weiß man, warum Staubsaugervertreter als einer der unbeliebtesten Berufe gilt. Tausende Stellen sind frei, allein bei der Firma Vorwerk aus Wuppertal.
Angeblich lässt sich ganz schön was verdienen, bis zu 6000 Euro im Monat. Das gilt wohlgemerkt für den absoluten Spitzenverkäufer unter den 2500 Vorwerk-Vertretern in Deutschland. Aber schlecht ist die Verdienstspanne nicht, vor allem wenn man bedenkt, dass die Ausbildung gerade mal 13 Wochen dauert. Wie viel man verdient, richtet sich ganz nach der Zahl der verkauften Geräte. Ziel ist es, mindestens jeden Tag einen Sauger zu verkaufen. „Sauger“ sagt man in der Branche. Nicht „Staubsauger“. Das Standardset kostet bei Vorwerk gut 600 Euro.
In diesem Job muss man vor allem einkassieren können. Wieder und wieder. Anja Scherwat kann das. Sie lächelt nach dem 30. Fehlversuch noch immer genauso unbeschwert wie am Anfang. „Ich bin glücklich“, sagt sie. Anja Scherwat verkauft Sauberkeit, und das strahlt sie auch aus. Ihre weiße Hose ist blütenrein, ihre weißen Zähne leuchten, und das ganz kleine Nasenpiercing kann den properen Gesamteindruck nicht im mindesten stören. Anja Scherwat lächelt einfach immer. Nach ihrer Verkaufsstrategie befragt, erwidert sie: „Strategie? Habe ich eigentlich nicht. Sobald man das Gerät gezeigt hat, ist der Kunde von sich aus begeistert.“ Silke Hoffmann, die Vorwerk-Pressesprecherin, sagt immerhin: „Die Strategie ist, dem Kunden zu zeigen, dass er ein Problem hat.“
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