Examen gegen Bargeld: Ein Richter vor den Trümmern seines Lebens
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Examen gegen BargeldEin Richter vor den Trümmern seines Lebens
Ein Richter sitzt wegen Bestechlichkeit auf der Anklagebank. Der 48-Jährige soll Jura-Examen verkauft haben. Nun droht eine lange Haftstrafe. Vor Gericht schildert der Jurist, wie es zum größten Fehler seines Lebens kam.
Ein Richter auf der Anklagebank: Der 48-Jährige soll Jura-Examen für bis zu 20.000 Euro verkauft haben. Seit Dezember 2014 steht er deswegen vor Gericht.
Lüneburg Bislang hatte der Angeklagte keine Emotionen gezeigt, doch jetzt ist das ganz anders. Er ist den Tränen nahe, räuspert sich mehrfach. Es geht um den Rest seines Lebens, beruflich und privat. Der 48-Jährige auf der Anklagebank des Lüneburger Landgerichts ist selber Richter, die Vorwürfe sind beispiellos.
Als Referatsleiter des Landesjustizprüfungsamtes soll er Referendaren Lösungen für das zweite Staatsexamen angeboten und auch verkauft haben. Bis zu 20.000 Euro hat er laut Anklage gefordert. Die Prüfungen entschieden über die berufliche Zukunft von Juristen. Doch jetzt geht es um seine eigene. Bis zu zehn Jahre Haft drohen ihm.
„Ich möchte Angaben zur Sache machen“, beginnt der Jurist am Dienstag ein wenig trocken, am Ende wird er fast eine Stunde sprechen. Am dritten Tag des geplanten Mammutprozesses legt der Familienvater aus Lüchow-Dannenberg ein Geständnis ab, umfassend gibt er Auskunft, Fragen der Kammer will er aber nicht beantworten.
Examen in Gefahr
Ein Richter aus Celle soll Klausurlösungen an Jura-Studenten verkauft haben – bis zu 20.000 Euro. Sonderprüferuntersuchten rückwirkend Abschlüsse von 2.000 fertigen Juristen aus Niedersachsen. Und es steht fest: Einige werden mit Sicherheit ihr Examen verlieren.
Quelle: Zeit Online
„Es gibt Auffälligkeiten, das kann man jetzt schon sagen“, sagt der Sprecher des Justizministeriums in Hannover, Alexander Wiemerslage.
Unter den Fällen sind auch 101 Juristen, die als Richter oder Staatsanwälte arbeiten. Wiemerslage möchte sich nicht äußern, ob es unter ihnen Verdächtige gibt.
Über private Lernstudios soll der angeklagte Richter gezielt Kontakt zu Studenten gesucht haben, die unter besonders großem Druck und Prüfungsstress litten.
Ende März floh der Richter mit 30.000 Euro in bar und einer Pistole nach Mailand. Dort wurde er verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert.
Immer wieder nimmt er einen Schluck aus der Wasserflasche, die vor ihm auf dem Tisch steht. „Ich möchte die Verantwortung für mein Handeln übernehmen“, sagt er. „Das war der größte Fehler meines Lebens.“ Der Jurist trägt einen grauen Anzug und ein blaues Hemd, auf eine Krawatte hat er wieder verzichtet.
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An den ersten beiden Tagen hat er seltsam unberührt gewirkt, fast gleichgültig. Groß gewachsen, mit Vollbart und Lesebrille – kaum vorstellbar, unter welchen Umständen dieser Mann Ende März in Mailand verhaftet wurde. Bei sich hatte er da 30.000 Euro in bar, eine geladene Pistole und eine Prostituierte – das sorgte für Schlagzeilen, deutschlandweit. Die Waffe war mit vier Patronen geladen, 43 weitere hatte der Richter damals im Gepäck.
Nur Details der Anklage korrigiert er, immer wieder unterbrochen von Entschuldigungen bei seiner Ehefrau, den betroffenen Referendaren und den früheren Kollegen. „Ich weiß, dass diese Fehler nicht wieder gut zu machen sind“, sagt er.
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