Indien sperrt hunderte Pornoseiten „Schlimmer als Hitler“

Die beiden indischen Software-Programmierer zeigen wohl nicht auf eine Porno-Website. Aber andere Bewohner des süd-asiatischen Staates waren am Montag wohl enttäuscht, als sie alleine vor dem PC saßen.
Update: Die indische Regierung rudert nach der heftigen Kritik offenbar zurück. Nun sollen Seiten, auf denen keine Kinderpornographie zu sehen ist, nicht mehr gesperrt werden. „Eine neue Mitteilung wird in Kürze in Umlauf gesetzt“, so der Kommunikationsminister Ravi Shankar Prasad gegenüber India Today TV.
Neu-Delhi. Porno-Liebhaber in Indien dürften am Montag ziemlich geschockt vor ihren Computern gesessen haben: Ohne Vorwarnung hat die Regierung des konservativen Premiers Narendra Modi hunderte Websites mit pornographischem Inhalt sperren lassen. Nach Angaben eines Sprechers wurden Internet-Provider angewiesen, 857 „anstößige“ Seiten zu blockieren. Es gehe „um den Schutz des kulturellen gesellschaftlichen Gefüges“ und handele sich um eine vorübergehende Maßnahme. Diese solle so lange in Kraft bleiben, bis man Kinderpornographie effektiv bekämpfen könne.
Nach einem Bericht der „New York Times“ geht die Aktion auf den Aktivisten und Anwalt Kamlesh Vaswani zurück: Dieser hatte die Besucherzahlen von Porno-Websites analysiert und die 857 am meisten angesteuerten Seiten auf eine Liste eingetragen. Diese gab er an das Oberste Gericht und wollte die Sperrung der Websites erreichen. Laut Vaswani seien Porno-Seiten der Grund für die Vergewaltigungen junger Frauen in Indien: „Nichts kann eine Person so effizient zerstören, ihren Kopf verdrehen, ihre Zukunft in Luft auflösen und ihr Potenzial vernichten und die Gesellschaft zerstören wie Pornographie“, schrieb Vaswani in seiner Petition. „Sie ist schlimmer als Hitler, schlimmer als Aids, Krebs oder jede andere Epidemie. Sie ist katastrophaler als nuklearer Holocaust, und sie muss aufgehalten werden.“
Lawyer driving Indian #pornban is a master of quiet understatement. http://t.co/z4M0pmLaZZ pic.twitter.com/PeoNpkQ1YS
— Sadanand Dhume (@dhume) August 3, 2015
Als das Gericht seine Petition ablehnte, reichte Vaswani die Liste an Pinky Anand weiter, einen Top-Anwalt der Modi-Regierung. Dieser habe die Liste dann an das Telekommunikationsministerium mit der Bitte weitergeben, „angemessene Maßnahmen zu ergreifen“. Da Regierungsmitglieder offenbar häufiger solche Listen – wenn auch nicht so umfassende – mit diesen Worten an die Beamten geben, fragte das Ministerium nicht weiter und ließ die Seiten sperren.
In den sozialen Medien brach unter dem Hashtag #PornBan daraufhin eine Diskussion um die Meinungsfreiheit los, an der auch Prominente teilnahmen. Der Schriftsteller Chetan Bhagat schrieb etwa: „Kein Pornoverbot! Stoppt Männer, die Frauen anzüglich anstarren oder angrinsen, begrapschen, sexuell belästigen und missbrauchen, erniedrigen und vergewaltigen. Verbietet nicht einvernehmlichen Sex, aber nicht Sex an sich!“
#PornBan
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