Josephine Witt „Es geht um Veränderung“

Die politischen Aktoivistin Josephine Witt.
Hamburg Ein Hinterhof im Hamburger Schanzenviertel: Fotostudio und Wohnküche in einem. Josephine Witt kommt pünktlich mit dem Rad. Die 21-Jährige weiß um ihren aktuellen Ruhm – und genießt ihn durchaus. Also los geht’s! Wir haben eine Menge Fragen.
Frau Witt, vor ein paar Wochen sind Sie in der Europäischen Zentralbank auf den Tisch bei einer Pressekonferenz gesprungen und haben den Präsidenten Mario Draghi mit Konfetti beworfen. Was hat die Aktion gebracht?
Das Wichtigste waren die Bilder von Mario Draghis fassungslosem Gesichtsausdruck. So funktioniert Protest heute über die sozialen Medien. Er braucht Bilder. Authentizität. Ich liefere sie.
In Draghis Gesicht sahen wir vor allem Angst.
Und diese Angst war etwas Neues in seinem sonst so abgeklärten Pokerface. Die Sicherheitskräfte schleiften mich nach meinem Auftritt in einen Nebenraum, in dem er auch kurz war und sich mein Konfetti aus dem Haar zupfte. Ich fragte ihn, ob mit ihm alles okay sei. Von Mensch zu Mensch. Er antwortete leider nicht und wurde dann schnell woanders hingebracht.
Sie suchen also gar nicht den Dialog, sondern nur Bilder.
Gegenfrage: Glauben Sie allen Ernstes, dass ein Mario Draghi den Dialog mit Menschen wie mir überhaupt möchte?
Er stellt sich der Debatte durchaus, aber eher mit Journalisten etablierter Medien.
Darauf wiederum stelle ich mich ein und suche die Überraschung. Die Überraschung ist das Bild: Es zeigt ihn in einem anderen Kontext und konfrontiert ihn zugleich mit dem Protest der Straße, vor dem sich der neue EZB-Tower vorher komplett abgeschottet hatte. Dieser Zorn hatte Draghi und seine Leute bis dahin doch gar nicht erreicht oder gar berührt.
Woher wollen Sie das wissen?
All seine früheren Aussagen waren von großer Gleichgültigkeit bis Arroganz geprägt.
Planten Sie Ihre Attacke erst nach den Ausschreitungen rund um die Einweihung der EZB-Zentrale?
Nein, schon eine Woche vorher. Dann informierte ich mich, wie man da hinkommt, meldete mich mit meinem eigenen Namen und als Journalistin an und kam zu meiner eigenen Überraschung ohne weitere Kontrollen meiner Person oder eines Presseausweises, den ich nicht habe, rein.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.