Menschenhandel Großrazzia in Berliner Bordell „wie bei Al Capone“

Mehr als 900 Beamte von Polizei, Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und Zoll haben in der Nacht auf Donnerstag das Berliner Groß-Bordell „Artemis“ durchsucht.
Berlin Bei einer spektakulären Razzia mit fast tausend Beamten sind mehrere Berliner Behörden gegen die Betreiber eines der größten Bordelle Deutschlands vorgegangen. Bei der Vollstreckung von sechs Haftbefehlen gegen die beiden Betreiber des Saunaclubs „Artemis“ sowie vier Hausdamen seien in der Nacht zum Donnerstag 118 Prostituierte angetroffen worden, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. Es gehe um Hinterziehung von Sozialabgaben, Ausbeutung und Gewaltanwendung, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Behm am Donnerstag. Einer der Vorwürfe sei zudem Menschenhandel.
Im Mittelpunkt stünden nicht nur Bagatelldelikte, sondern Taten, die das „System des illegalen Umfeldes“ bestätigten. Die Frauen seien „in Abhängigkeit gehalten und ausgebeutet“ worden. Der Betrieb basiere auf organisierter Kriminalität.
Polizei, Hauptzollamt und Steuerfahndung gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass dem Amüsierbetrieb Prostituierte durch Mitglieder der Rockerbande Hells Angels zugeführt wurden. Die zur organisierten Kriminalität gezählte Bande habe den „Artemis“-Betreibern direkt Frauen vermittelt, im Gegenzug hätten die Rocker in dem Club unter anderem freien Eintritt genossen. Diese Kontakte seien „sicher nicht gewaltfrei“ abgelaufen, sagte Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra. Die Frauen hätten nicht selbstständig gearbeitet, sondern seien abhängig beschäftigt gewesen, so die Ermittler.
Eine Frau habe dann im vergangenen Sommer ihr Schweigen gebrochen, nachdem ihr Lebensgefährte und Hells-Angels-Mitglied sie schwer verletzt hatte. Die Behörden nahmen in der Folge umfangreiche Ermittlungen auf und kamen den Betreibern nun mit mutmaßlichen Steuervergehen bei - „wie bei Al Capone“, sagte Berlins leitender Staatsanwalt Andreas Behm mit Bezug auf den US-Mafia-Boss der 20er Jahre.
Auch der war letztlich wegen Steuerhinterziehung angeklagt worden, obwohl sich die eigentlichen Verbrechen auf einer viel massiveren Ebene abgespielt hatten.17,5 Millionen Euro Schaden sei so unter anderem durch die Hinterziehung von Steuern und Sozialleistungen entstanden, teilte der Zoll mit – vorsichtig geschätzt. Hinzu kommt der Vorwurf der Steuerhinterziehung.
Zumindest ein Teil der mutmaßlichen Schadenssumme könnte durch umfangreiche Beschlagnahmen beglichen werden: Insgesamt seien Wertgegenstände im Umfang von 6,4 Millionen Euro beschlagnahmt worden, darunter hunderttausende Euro in bar, Autos und Immobilien.