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„Survival Sex“ Das harte Leben auf New Yorks Straßen

Eine bislang einzigartige Studie gibt Einblick in das Leben junger Homosexueller in der US-Metropole. Es ist ein hartes Leben zwischen Diskriminierung, Übergriffen und sexueller Ausbeutung.
26.02.2015 - 10:37 Uhr Kommentieren
Junge Menschen sitzen im Hudson River Park in New York: Laut einer neuen Studie treffen sich dort häufig Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBTQ). Quelle: ap
Hudson River Park in New York

Junge Menschen sitzen im Hudson River Park in New York: Laut einer neuen Studie treffen sich dort häufig Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBTQ).

(Foto: ap)

New York Über drei Jahre hinweg hat das unabhängige Urban Institut 283 junge Menschen in ausführlichen Interviews befragt – unter anderem über ihre familiären Erfahrungen, ihr soziales Umfeld und ihre Überlebensstrategien. Dass viele dafür ihren Körper verkaufen, bezeichnen die Forscher der Studie als „Survival Sex“ – als Sex zum Überleben.

Eine große Zahl der Befragten gewinnen ihrem Leben sogar positive Aspekte ab. Doch die Mehrheit hat den Wunsch, das Sexgeschäft hinter sich zu lassen.

„Sie sehen sich selbst nicht als Opfer, aber es macht sie auch nicht starker, wenn sie das tun“, sagt Studienleiterin Meredith Dank. „Die Kids sind in sehr verzweifelten Situationen, in denen man tut, was man tun muss, um in der Lage zu sein zu überleben.“

Im Mittelpunkt der Studie, die von der Abteilung für Jugendrecht und Jugendschutz des Justizministeriums finanziert wurde, standen junge Menschen zwischen 15 und 21 Jahren, wobei es auch einige etwas ältere Teilnehmer gab.

47 Prozent der Befragten waren Männer, 36 Prozent Frauen und 16 Prozent Transsexuelle. Etwa 90 Prozent waren Schwarze, Latinos oder haben Eltern unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Fast 60 Prozent gaben an, in einer Notunterkunft oder auf der Straße zu leben, weil sie zu Hause rausgeflogen oder zu alt für die staatlichen Jugendbetreuung geworden seien.

Ein 19 Jahre alter Schwuler berichtete in einem Interview, wie seine Mutter ihn gezwungen habe, das Elternhaus zu verlassen. „Sie wollte nicht, dass ich schwul bin. Sie wollte Enkel. Sie mochte meinen Lebensstil nicht“, sagt er. „Sie hatte mich noch immer lieb, aber sie wollte mich nicht mehr um sich haben.“

Outings im Profisport
Ex-Nationalspieler Hitzlsperger macht Homosexualität öffentlich
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Thomas Hitzlsperger (Fußball)

Mit seinem Outing hat der ehemalige Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger die Debatte um Homosexualität im Fußball erneut losgetreten. Auf seiner Homepage veröffentlichte er eine Videobotschaft, in der deutlich macht, dass er mit seinem Outing anderen jungen homosexuellen Spielern Mut machen möchte.

(Foto: dpa)
Orlando Cruz
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Orlando Cruz (Boxen)

Im Boxen sind offen als homosexuell auftretende Männer fast noch seltener als im Fußball. Schwul sein bedeutet in der Box-Welt, schwach sein. Orlando Cruz wollte als erster offen schwuler Box-Weltmeister werden. Seinen WM-Kampf im Oktober 2013 gegen den Mexikaner Orlando Salido verlor der Federgewichtler aus Puerto Rico jedoch. Sein Coming-out hatte Cruz im Oktober 2012. Danach war er vielen Anfeindungen ausgesetzt, auch von Seiten des Publikums. Trotzdem bereut er seinen Schritt nicht. Der „Zeit“ sagte er, dass er sich jetzt frei fühle aber auch, dass er sich wünsche, in einer Welt zu leben, in der die Sexualität eines Menschen so unwichtig ist, wie seine Haar- oder Augenfarbe.

(Foto: ap)
Steffi Jones und Nicole Parma
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Steffi Jones (Fußball)

Beim „Ball des Sports“ 2013 ließ sich die 111-malige Nationalspielerin und Direktorin des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit ihrer Freundin Nicole fotografieren. Mitte 2014 will das Paar heiraten. Für ihr Outing kassierte Steffi Jones viel Lob. Der „Welt“ sagte sie aber, dass sie einem männlichen Fußballspieler nicht zu einem Outing raten würde.

(Foto: dpa)
P&G & Wal-Mart "Tribute to American Legends of the Ice"
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Brian Boitano (Eiskunstlauf)

Der Eiskunstlauf-Olympiasieger outete sich im Dezember 2013 als schwul. Kurz zuvor wurde er in die US-Delegation für die Winterspiele in Sotschi berufen. „Ich bin ein Sohn, ein Bruder, ein Onkel, ein Freund, ein Sportler, ein Koch, ein Autor. Und schwul zu sein ist nur ein weiterer Teil von mir“, hieß es in einer von USA Today veröffentlichten Stellungnahme des 50-Jährigen.

(Foto: AFP)
Justin Fashanu
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Justin Fashanu (Fußball)

Den britischen Fußballer hat sein Outing das Leben gekostet. Er war 1990 der erste aktive Profi, der sich outete. Nach einer regelrechten Hetzjagd in Großbritannien erhängte sich der damals 37-Jährige am 2. Mai 1998 in einer Garage.

(Foto: dpa - picture-alliance)
NAVRATILOVA OF THE U.S. HITS A BACKHAND RETURN TO CASTANO OF COLOMBIA DURING THEIR MATCH AT THE WIMBLEDON TENNIS CHAMPIONSHIPS IN LONDON
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Martina Navrátilová (Tennis)

Die Tennis-Legende Martina Navrátilová stand eher unfreiwillig zu ihrer Homosexualität. 1981 vertraute sie einem New Yorker Journalisten eine Romanze an. Doch der hielt nicht dicht. In einem „Spiegel“-Interview Jahre später sagte sie, sie hätte zu dem Zeitpunkt selbst nicht einmal über ein Coming-Out nachgedacht.

(Foto: Reuters)
US soccer player comes out as gay
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Robbie Rogers (Fußball)

Der US-National-Spieler Robbie Rogers bestritt als erster Homosexueller ein Spiel in der nordamerikanischen Fußball-Profiliga MLS. Sein Outing fand nur weniger Monate zuvor statt. Eigentlich sollte es das Ende seiner Karriere sein. Doch dann entschied er sich für ein Comeback.

(Foto: dpa)

Die zentralen Ergebnisse der Studie sind:

  • Viele der jungen Menschen sind enttäuscht von den Sozialsystemen, weil es diesen oft nicht gelingt, ihnen eine sichere Unterkunft und angemessene Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen.
  • Viele Befragte haben große Netzwerke von Gleichgesinnten, darunter andere Jugendliche, die ebenfalls im Sex-Milieu arbeiten und ihnen helfen.
  • Weit verbreitet sind gewaltsame Übergriffe und Missbrauch – von Verwandten, Freiern, Polizisten, aber auch von Gleichgesinnten. Viele der jungen Menschen tragen jedoch ihre Widerstandsfähigkeit dagegen demonstrativ zur Schau.

„Sie finden Wege zu überleben, die oft auf ihren informellen Netzwerken, ihrem gesunden Menschenverstand und ihrer schnellen Lernfähigkeit basieren, Ressourcen zu teilen, sowie darauf, sich schnell auf schwierige und oft gefährliche Situationen einzustellen“, heißt es in dem Bericht.

Viele der Jugendlichen sagen, sie hätten Mittel, um sich physisch zu schützen, wenn sie sich prostituieren. Am weitesten verbreitet sind dabei Messer und Pfefferspray.

Im Schnitt haben die Befragten drei bis sechs Freier pro Tag oder Nacht – zwischen elf und 18 die Woche, wobei die Prostitution in der Regel auf bestimmte Phasen beschränkt ist. Die Preise pro Freier variieren zwischen 90 und 230 Dollar (80 und 200 Euro), das Tageseinkommen liegt zwischen 355 und 735 Dollar (310 und 650 Euro).

Etwa 90 Prozent der Befragten nannten negative Aspekte, wenn sie ihren Körper verkauften. Es frustriere sie, gebe ihnen das Gefühl, schmutzig zu sein oder bringe sie in Gefahr. Nur sieben Prozent gaben an, sie hätten nicht den Wunsch, mit der Prostitution aufzuhören.

„Ein großer Schritt für den Fußball”
Wolfgang Niersbach, the president of the German Football Associat
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Wolfgang Niersbach, DFB-Präsident: „Thomas Hitzlsperger war zu seiner Zeit als Nationalspieler immer ein Vorbild, vor dem ich den höchsten Respekt hatte - und dieser Respekt ist jetzt noch weiter gewachsen. Er hat sich entschieden, den Schritt in die Öffentlichkeit zu gehen, und ich stehe zu unserem Wort, dass er von uns jede erdenkliche Unterstützung bekommt.“

(Foto: dpa)
DFB-Pressekonferenz in Frankfurt
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Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft: „Als Thomas noch aktiver Nationalspieler war, hatten wir von seiner Homosexualität keine Kenntnis. Er hat sich erst nach seinem Karriereende an uns gewandt und uns darüber informiert. Dass er sich nun auch öffentlich bekennt, verdient Anerkennung und Respekt.“

(Foto: dpa)
westerwelle
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Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich auf Facebook und zollte Hitzlsperger Respekt. Westerwelle selbst hatte 2004 sein Coming-Out.

DFL-Präsident Rauball gegen Staatsvertrag
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Reinhard Rauball, Präsident der Deutschen Fußball Liga: „Die Entscheidung von Thomas Hitzlsperger, sich als erster prominenter Fußballer öffentlich zu seiner Homosexualität zu bekennen, ist auch nach seiner aktiven Karriere ein großer und mutiger Schritt und im Kampf gegen Homophobie sicherlich wegweisend.“

(Foto: dpa)
Theo Zwanziger
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Theo Zwanziger, früherer DFB-Vorsitzender: „Endlich hat ein Fußballer den Mut, seine Homosexualität öffentlich zu machen - zumindest in engem Zeitabstand zu seiner Karriere.“ Dies habe „hoffentlich eine positive Wirkung auf die Gesellschaft und den Profifußball der Männer“.

(Foto: dpa)
hitzlsperger
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Auch Thomas Hitzlsperger selbst meldete sich auf Twitter zu Wort: „All diese persönlichen Nachrichten wegen meiner Neuigkeit – ich bin überwältigt und kann gar nicht oft genug danke sagen!“

Michael Vesper
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Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes: „Das ist ein gutes Signal. Jeder weiß, dass es auch im Spitzensport Schwule und Lesben gibt. Von daher verdient Thomas Hitzlspergers Coming Out unseren großen Respekt. Es ist für ihn sicher keine leichte Entscheidung gewesen.“

(Foto: dpa)

Doch mehr als 80 Prozent konnten dem Sex-Geschäft auf positive Aspekte abgewinnen. Es helfe ihnen, die grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen und in einigen Fällen trage es auch dazu bei, einen Gemeinschaftssinn zu stiften. „Es ist nicht so schlecht, wie unter der Brücke zu schlafen. Es ist nicht so schlecht, wie kein Essen zu haben“, sagte einer der Befragten.

Die Studie empfiehlt verschiedene Schritte, damit junge Menschen dazu ermutigt werden, ihren Körper nicht mehr zu verkaufen, darunter Wohnprogramme, Gesundheitsvorsorge und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen. All diese Angebote wären am effektivsten, wenn sie die besonderen Interessen der LGBTs im Blick hätten, heißt es in dem Bericht weiter.

Das Urban Institut, das seinen Sitz in Washington hat, nennt keine eigene Schätzung, wie viele LGBTs im New Yorker Sexgeschäft tätig sind, allerdings verweist es auf andere Studien. Darin ist von 2500 bis 4000 jungen Menschen aller sexueller Orientierungen die Rede.

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