Die Weltmeisterschaft im Querfeldein steht bevor. Die Radsport-Disziplin erlebt einen Boom auch bei Hobbyfahrern.
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Alan Xtreme Cross 2019
Der Cyclocrosser der italienischen Kultmarke Alan Bike kostet 3899 Euro.
(Foto: Alanbike)
RadsportGravel und Cyclocross – die schönsten Räder für den Trendsport
Mit dem Rad zur Arbeit pendeln? Unabhängig vom Straßenbelag trainieren? Durch den Wald und auf Feldwegen? Das geht mit Gravel-Bike oder Cyclocrosser.
Düsseldorf Am Wochenende ist es soweit: In der dänischen Küstenstadt Bogense findet die Weltmeisterschaft im Querfeldein statt. Auf Cyclocrossern, die auf den ersten Blick wie Rennräder aussehen, werden Frauen und Männer um die Wette fahren – und zwar im Wortsinne über Stock und Stein, durch Matsch und Sand, vielleicht Schnee.
Es wird steile Abhänge hinuntergehen, und bei Hürden oder Treppen werden die Sportler abspringen, die Räder schultern, nach dem Hindernis wieder aufspringen. Das alles wird mit einer Eleganz und Reaktionsschnelligkeit passieren, die das Rennen für Tausende Besucher vor allem aus Belgien, Holland, Deutschland und Großbritannien zu einem Spektakel auf höchstem sportlichen Niveau machen.
Cyclocross, kurz: CX oder zu deutsch Querfeldein-Radsport, erlebt aber nicht nur im Profibereich eine neue Hochzeit. Während einerseits Rollentraining und Indoor-Cycling mit Zwift boomen, ist auch diese durchaus historische und zwingend outdoor stattfindende Raddisziplin bei Hobbyradlern wieder im Trend.
Zwar eifert nicht jedermann den Profis nach und springt in seiner Freizeit über Hürden, aber Cyclocross-Räder und die ganz ähnlich aufgebauten Gravel-Bikes sind enorm beliebt.
Beliebt bei Rennradfahrern, die ihr vergleichsweise empfindliches Carbon-Gestell samt superschmaler Rennradreifen im Winter lieber nicht aus der Garage holen. Bei Pendlern, die auf ihrem Weg zur Arbeit Schutzbleche anschrauben und trotzdem auf ein fürs zügige Vorankommen gebautes Rad zurückgreifen möchten. Und bei allen, die ein vielseitiges Rad möchten, das sie nicht auf Straße oder Gelände als Untergrund festlegt.
Das ist Cyclocross
Cyclocross, zu deutsch „Querfeldein“, wurde zu Beginn des vorigen Jahrhunderts populär, quasi als Nebeneffekt des professionellen Straßenradsports. Die Fahrer stiegen im Winter auf Räder mit breiteren Reifen um und gingen ins Gelände, um sich fit zu halten.
Cyclocrosser sehen auf den ersten Blick aus wie Rennräder, aber die Reifen sind breiter und haben Profil. State of the Art sind seit Jahren Scheibenbremsen – im Gegensatz zum Straßenradsport, wo dieser erst seit kurzem Einzug halten. Gravel-Bikes ähneln Querfeldeinrädern, doch der Name und der Trend kommen aus den USA – dort gibt es zum Teil Hunderte Kilometer lange Schotterpisten oder regelrechte Waldautobahnen. Die Radtypen sind sich im Prinzip sehr ähnlich. Während aber Cyclocrosser klassischerweise für Wendigkeit und winklige Parcours ausgelegt sind, kennzeichnen Gravel-Bikes eher eine entspannte Sitzposition und Langstreckentauglichkeit. Offensichtlichster Unterschied: Gravel-Bikes können meist noch breitere Reifen (bis 45 Millimeter) aufnehmen. Entsprechend sind sie gerade bei Rad-Pendlern oder Bikepackern beliebt.
In den Niederlanden und in Belgien ist Cyclocross Volkssport. Schon Kinder lernen dort in Radvereinen die grundlegenden Techniken für schnelles Auf- und Abspringen oder auch Überspringen von Hürden. Entsprechend dominieren Fahrer aus diesen Ländern die internationale Szene. In jüngster Zeit hat der Sport, wie das Radfahren allgemein, auch in Großbritannien enorm an Popularität gewonnen, was sich am Erfolg und starken Nachwuchsfahrern im Profifeld erkennen lässt.
Gefahren wird auf zwei bis drei Kilometer langen Rundkursen inklusive Massenstart und Pit-Stop-Zone, dabei geht es über Wiesen, Hügel und Waldwege, je nach Wetterlage verschlammt, staubig oder gefroren. Zum Kurs gehören immer auch Treppenstufen oder Hürden, wobei im Gegensatz zum Mountainbiken gar nicht vorgesehen ist, dass die Rennfahrer die Strecke ohne Abstieg vom Rad bewältigen können. Das ständige Auf und Ab macht die Rennen auch für Radsport-ferne Zuschauer zum Spektakel. Die Herren-Elite fährt mindestens 60 Minuten, die der Frauen 40, wobei die Gesamtrundenzahl erst nach der ersten Runde im Rennen bekannt gegeben wird.
Die Rennsaison des Weltverbands UCI für Cyclocross beginnt im September, also kurz vor Ende der Rennradsaison, nimmt im November richtig Fahrt auf und endet klassischerweise mit der Weltmeisterschaft im Februar. Im Sommer sind die Profis oft auf Rennrad oder Mountainbike unterwegs – und die Hobbyfahrer ebenso.
Auch die Hersteller reagieren auf diesen Trend: Der hiesige Fahrradmarkt bietet mittlerweile eine breite Palette wunderschön designter und höchst funktionaler Räder in diesem Bereich an. Wir haben ein paar ausgewählt.
Italienischer Kultstatus
Der im norditalienischen Kleinstädtchen Trambacche di Veggiano angesiedelte Rennrad- und Cyclocrosser-Produzent Alan, der zu den ersten zählte, die Alu-Rahmen herstellten, hat längst Kultstatus: 21 CX-Weltmeister holten ihre Titel auf Alan-Rädern.
Neben ganz klassisch designten schlanken Alu-Rahmen tut sich Alan auch im Carbon-Bau hervor – und bringt neben umwerfend schönen Cyclocrossern auch Gravel-Modelle auf den Markt. Das Xtreme Gravel (je nach Ausstallung 2.899 bis 6.499 Euro) wartet in moderner Anmutung und bis ins kleinste Detail durchdachtem italienischen Design auf.
Alan Extreme Gravel
Unverkennbar sind die breiten Reifen – typisch für Gravel-Bikes.
(Foto: Alanbike)
Das Rad der Weltmeister
An Rädern des Hamburger Herstellers Stevens Bikes kommt kein Querfeldein-Fan vorbei: Sowohl die zweimalige belgische CX-Weltmeisterin Sanne Cant als auch der dreimalige Weltmeister Wout van Aert (ebenfalls Belgier) werden von Stevens ausgestattet.
Sie sind auf dem „Super Prestige Disc DI2“ mit elektronischer Schaltung unterwegs, dessen Geometrie und Details, so gibt es das Unternehmen an, „zusammen mit den Cross-Champions entwickelt“ wurden. Die Variante für Endverbraucher ist für 3.999 Euro zu haben.
Weltmeisterin Sanne Cant auf einem Stevens-Bike
2017 und 2018 holte die Belgierin das Trikot mit den Regenbogenstreifen.
(Foto: UCI)
Begleiter auf allen Wegen
Open-Cycle-Mitgründer Gerard Vroomen sagt über das Rad „U.P.“ (kurz für „Unbeaten Path“, was man mit „Unentdeckter Weg“ übersetzen könnte): „Ich habe einfach das Rad gebaut, mit dem ich gerne fahre.“ So einfach ist das.
Abgesehen davon sollen die Räder mit den farblich prägnant designten Carbon-Rahmen und dem Platz für sehr breite Reifen sich einfach für alle Gelegenheiten eignen. Das Meta-Bike für jede Ausfahrt? Jedenfalls erlebt die Marke in den USA gerade einen gigantischen Hype, der auch nach Deutschland überschwappt.
Der Schriftzug der US-Marke Cannondale ist legendär. Dabei wurde der Name einst aus Verlegenheit gewählt. Ein Mitarbeiter sollte einen Telefonanschluss beantragen und begab sich dafür zum nächstgelegenen Fernsprechapparat im Bahnhof unweit des Firmensitzes. Als ihn die Telefongesellschaft nach dem Namen der bis dato unbenannten Firma fragte, fiel ihm nichts ein, und er las vor, was auf einem Schild an der Wand stand: „Cannondale“, wie die Bahnstation in Bethel (Connecticut) hieß.
Seit Jahrzehnten steht Cannondale nun schon für hochwertige Räder – und für das farblich herausragende Design seiner Rahmen. Jüngster Beleg für die farbliche Ästhetik des Herstellers, der einst Vorreiter in der Herstellung von Aluminiumrahmen war und heute zum Portfolio des kanadischen Mischkonzerns Dorel gehört, ist der im mittleren Preissegment angesiedelte Carbon-Cyclocrosser „SuperX Apex 1“ (2.999 Euro). Die Tester des Fachmagazins „Roadbike“ befanden, das Rad sei „die perfekte Blaupause für einen modernen Crosser“.
Cannondale SuperX Apex 1
Die US-Marke punktet mit schnörkellosem, farbenfrohen und stimmigen Design.
(Foto: Cannondale)
Rad mit Knick aus Koblenz
Am „Inflite“, dem Carbon-Cyclocrosser des Koblenzer Direkt-Vertrieblers Canyon Bicycles, scheiden sich die Geister: Die einen bejubeln das Design samt auffälligem Knick im Oberrohr – was übrigens in funktionalen Eigenschaften begründet ist. Und andere finden das einfach einfach, nun ja, nicht schön.
Fakt ist: Einer der ganz großen Stars der Szene, der Europa- und niederländische Meister Mathieu van der Poel, der seit Jahren fast jedes Rennen nach Belieben dominiert, ist damit unterwegs. Und gewinnt. In seiner Europameister-Lackierung ist es nicht zu kaufen, aber Canyon offeriert in gewohnt farbenfroher Lackierung eine Alu-Variante (1.399 Euro) und diverse Carbon-Varianten (1.999 bis 4.599 Euro).
Der US-Hersteller Specialized, der auch zahlreiche Profis sponsert und auf dessen Rennrädern zum Beispiel das deutsche Bora-Hansgrohe-Team mit Kultstar Peter Sagan unterwegs ist, schreibt über Cyclocross: „Der Schmutz und der Schmerz, die Kälte und der Schweiß einen Weltmeister und Hobby-Athleten.“
Dementsprechend hat die Marke ihre Produktpalette ausgestaltet. Aushängeschild ist das „Crux“, das in unterschiedlichen Qualitäts- und Ausstattungsvarianten bis zu 9.299 Euro kostet – und in der abgebildeten Variante „Crux Expert“ immerhin 4.699 Euro.
Specialized Crux Expert
Auch Peter Sagan, der bekannteste aktive Radprofi, fährt ein Specialized – aber ein Rennrad.
(Foto: Specialized)
Schönheit aus Stahl
Der Klassiker im Programm des US-amerikanischen Herstellers Ritchey (Preis: 3.299 Euro) ist ein Stahl-Cyclocrosser. Stahl war lange State of the Art im CX-Bereich. Längst gibt es auch in diesem Bereich Alu- und Carbon-Rahmen, aber viele Puristen greifen wieder zu den klassisch schlanken Stahlrahmen.
Gründer der Fahrradmarke ist übrigens Tom Ritchey, der mit Joe Breeze und Gary Fisher als Erfinder des Mountainbikes gilt: Die drei rasten in den 1970er-Jahren mit Rädern die Berge hinunter und verbauten Teile aus dem Motocross-Bereich – es gab ja noch keine geländegängigen Räder.
Ritchey Swiss Cross Disc
Früher war Stahl eine Notwendigkeit im CX-Bereich, heute ist es pure Ästhethik.
(Foto: Ritchey)
Wilder Bunter Neuling
Bombtrack Bicycle ist eine ziemlich junge Fahrradmarke aus Köln, die sich bei sogenannten Fixies einen Namen gemacht hat. Das sind Räder, die nur einen starren Gang haben, wie Bahnräder, und auf der Straße ursprünglich vor allem von Kurieren genutzt wurden. Denn sie sind nicht einfach zu handeln, aber wenig wartungsintensiv. In den vergangenen Jahren haben Fixies regelrechten Kultstatus erlangt.
An den Erfolg in diesem Bereich will Bombtrack auch im Bereich Gravel/Querfeldein anknüpfen. Die Produktpalette besticht auch durch das bemerkenswerte Design – und im Fall des Cyclocrossers „Tension 3“ (Carbon, 3.499 Euro) mit höchst ästhetischer farblicher Kombinationsfreude. Irgendwie genau wie der Sport: wild und bunt.
Bombtrack Tension 3
Das Design ragt definitiv aus der Masse im Fahrradmarkt heraus.
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