Alte Kunst Sehnsucht nach Italien

Ansicht des Golfs von Neapel mit Sonnenuntergang und Capri in der Ferne. Das mit AB monogrammierte Bild sprang von 1.000 Euro Schätzpreis auf 63.500 Euro (inklusive Aufgeld). Quelle: Neumeister
München Die stilistisch vielseitige Malerei des 19. Jahrhunderts ist für den deutschen Auktionsmarkt derzeit ein kräftiger Umsatzbringer. Wo nicht mit erstklassigen, musealen Barockgemälden gehandelt wird, haben atmosphärische Landschaften und Naturskizzen den Blumenstillleben, Adelsporträts und Andachtsszenen aus dem 17. und 18. Jahrhundert den Rang abgelaufen. Das zeigen auch die Ergebnisse der Auktion mit Alter Kunst und Antiquitäten vom 23. März 2016 bei Neumeister in München.
Nur drei Minuten dauerte es, bis eine Ansicht des Golfs von Neapel mit glühendrotem Sonnenuntergang und fernem Capri von taxierten 1.000 Euro auf den stolzen Erlös von 63.500 Euro (alle Preise inklusive Aufgeld) katapultiert wurde. Das Gemälde mit dem Monogramm AB, hinter dem der deutsch-amerikanische Maler Albert Bierstadt vermutet wird, geht in eine süddeutsche Privatsammlung. Bierstadts Darstellungen dramatischer Natur- und Wetterphänomene erzielen in den USA hohe fünfstellige Preise.
Einen beachtlichen Preissprung vollzog auch Johann Wilhelm Schirmers auf 3.000 Euro taxierte Ölskizze „Kastanienwald in italienischer Landschaft“ von 1839. Die von einem Privatsammler investierten 33.000 Euro reichen fast an die Preise von Schirmers Landschaftsgemälde heran. Malerei mit prozesshaftem Charakter hat derzeit Anziehungskraft. Hans von Marées’ skizzenhafte Leinwandadaption der Rembrandt’schen „Grablegung Christie“ kletterte von 2.000 Euro auf 19.000 Euro und ging ans Hessische Landesmuseum für Kunst und Natur in Wiesbaden.
Bei der Genremalerei fand Hugo Kauffmanns Wirtshausszene „Jägerlatein“ von 1879 Anklang und erzielte fast 47.000 Euro. Dass eine wie von Mondlicht angestrahlte, erhabene Distel vor schwarzem Hintergrund unter den Arbeiten des 18. Jahrhunderts für Furore sorgt, ahnten Kenner im Vorhinein. Die Deckfarbenarbeit der Nürnberger Malerin Barbara Regina Dietzsch war einem Privatsammler fast 6.500 Euro wert.
Die derzeitige Antiquitätenbaisse spürt Neumeister schmerzlich. Nach Handelsblatt-Berechnungen hat Neumeister mit 91 verkauften von insgesamt 172 antiken Objekten rund 145.000 Euro umgesetzt. Bei 126 verkauften Gemälden und Zeichnungen summieren sich die Erlöse auf 540.000 Euro. Gerade einmal 10.000 Euro brachte ein Augsburger Dielenschrank von 1720. In Hochzeiten hätte er mindestens das Drei- bis Vierfache erfordert. Von den hübschen Porzellantabatieren aus dem 18. Jahrhundert brachte es ein Stück mit erotischen Szenen auf einen Erlös von 5.800 Euro, das Gros wurde zurückgewiesen. Laut Ergebnisliste hat Neumeister etwa 50 Prozent der 432 aufgerufenen Lose veräußert.