Armory Show Sammler lassen sich vom Coronavirus nicht abschrecken

Für den Stand der Galerie Albertz Benda entwickelte der Künstler eine Kojen füllende Installation.
New York Die New Yorker sind schon ein ganz besonderes Völkchen. Schulen sind geschlossen, unzählige Events gecancelt, Angestellte werden angehalten, von zu Hause aus zu arbeiten. Aber das Bad in der Menge gleichgesinnter Sammler, das lassen sie sich offenbar nicht nehmen. Allenfalls war zu hören „Lieber doch kein Busserl!“ Wie üblich waren die Gänge der „Armory Show“ am VIP-Tag gut gefüllt. Sie ist mit 183 Ausstellern aus 32 Ländern das Zugpferd unter einer Handvoll Messen an diesem langen Wochenende.
Ist es vielleicht die Flucht vor den Hiobsbotschaften? Die Stimmung ist gut, verstärkt durch strategisch über die Messe verteilte Bars, die nicht nur gepflegt Champagner, sondern auch härtere Drinks ausschenken. „Wir hatten keine Ahnung, was uns erwarten würde angesichts des Coronavirus und der unberechenbaren Märkte“, zeigte sich nicht nur Lauren Marinaro von der jungen New Yorker Galerie Marinaro erleichtert. Sie bietet aus Flugzeug-Decken genähte Wandbilder des Mailänders Alessandro Teoldi zu Preise bis 15.000 Dollar an.
„Es läuft viel besser als erwartet,“ sagt auch William Pym von Josh Lilley Gallery (London), der drei Viertel seines Standes verkaufen konnte. „Die Armory Show hat immer eine größere Vielfalt an Sammlern als andere Messen. Es ist für einen Aussteller ziemlich teuer herzukommen, aber es ist es wert“.
Nicole Berry, Direktorin im dritten Jahr, bedachte aber auch Sammler, deren Anreise gecancelt wurde. In letzter Minute sicherte sie sich die Hilfe der New Yorker Online-Plattform Artsy, die schon regelmäßig den Messekatalog ihrer Abonnenten publiziert, aber nun ausnahmsweise alle Aussteller der Armory Show einlud, und das, wie man hört, kostenfrei.
Berry strickte in dieser Ausgabe auch weiter an ihren bewährt erfolgreichen Ideen. So konnte sie Händler wie Gagosian oder Isabella Bortolozzi nach langer Abwesenheit wieder zurücklocken.

Für die Papierarbeit "Untitled (Acephalous series)" kamen Gouachetechnik, Stift, Acryl- und Wasserfarben zum Einsatz. Das Bild (Ausschnitt) stammt aus dem Jahr 2015.
Kuratierte Bereiche brechen die Einöde schier endloser Standreihen auf den beiden Landungsbrücken im Fluss Hudson auf. Unter sieben über die Messe verteilten Großinstallationen ist unangefochten die riesige Assemblage „The Caddy Court“ von Ed & Nancy Kienholz (1986/87) das Highlight. Das Werk ist rund um einen fahrtüchtigen Cadillac Jahrgang 1978 komponiert. Dieser Beitrag der Galerie L.A. Louver aus Venice, CA, ein damals kritischer Kommentar zum Obersten Gerichtshof der USA, ist für 2,5 Millionen Dollar zu haben.
Ein Hit ist auch wieder der inhaltlich betreute Sektor „Focus“ für junge Kunst, der auf Kosten der Moderne-Anbieter auf 31 Teilnehmer anwuchs. Jamillah James, vielversprechende schwarze Kuratorin am progressiven Institute of Contemporary Art (ICA) in LA, bewies hier Gespür für Angesagtes. Sie wählte nicht überraschend viele Künstler aus Afrika und der Diaspora aus.
Ankauf des Privatmuseums
New Image Art Gallery (Los Angeles) etwa bezirzt mit Werken Umar Rashids, die seine Version der Kolonialgeschichte des 18. Jahrhunderts, nämlich aus der Sicht der Unterdrückten, in feinen Zeichnungen oder Stoffarbeiten darlegen. Sie sollen bis 18.000 Dollar kosten.
Jack Bell aus London zeigt studiofrische Großformate von Lavar Munroe, Bahamas. Mit ihrem flüssigen Duktus in intensiven Acrylfarben, gepaart mit Spraypaint, wischen diese Arbeiten über die Themen Bandenwesen, Drogen oder Gewalt hinweg. Die Preise liegen zwischen 30.000 und 80.000 Dollar. Bei Munroes größter Arbeit griff ein privates US-Museum schnell zu.
Lange Wartelisten für Street Art
Auch Steve Turner (Los Angeles), der zum ersten Mal dabei ist, verkaufte schnell Jon Keys“ Familienporträts in wenigen kräftigen Farben (bis 15.000 Dollar). Dagegen setzte die Chelsea-Galerie Albertz Benda besonders erfolgreich auf derzeit angesagte Street Art. Vor allem jüngere Sammler in ihren 40ern begeisterten sich hier für Timothy Curtis aus Philadelphia. Der aufstrebende Internetstar beschäftigt sich auch mit den düsteren Seiten des Lebens. Alles wurde zu Preisen bis 140.000 Dollar verkauft; und „unsere Warteliste ist länger als der East River“, so Thorsten Albertz.
„Auf dieser Messe wird wirklich für jeden etwas in hoher Qualität geboten“, urteilt die New Yorker Kunstberaterin Christine Minas. „Jenseits von Trends, wie etwa Objekten aus Textilfasern und Geweben, die nun völlig akzeptiert sind, kann hier wirklich jeder etwas finden.“
Die 26. Armory Show läuft noch bis Sonntag, den 8. März 2020 in New York auf den Piers 90 und 94 von Manhattan.
Mehr: Kunstmesse Arco in Madrid: Lesen Sie hier über die Strategien der spanischen Messe für moderne und zeitgenössische Kunst
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.