Auktion bei Phillips: Die modernen Keramiken von Lucie Rie und Hans Coper liegen im Trend

Lucie Rie gelang es nach ihrer Emigration aus Wien, sich in London als Keramikerin zu etablieren.
London. Am 1. November versteigert das Auktionshaus Phillips zwei einzigartige Sammlungen mit Keramik von Lucie Rie und Hans Coper. Die beiden Töpfer lebten nach ihrer Emigration aus Österreich und Deutschland in London. Die 106 Lose umfassende Sonderauktion soll in London zwischen 3 und 4,2 Millionen Pfund einspielen.
Lucie Rie wurde 1902 als Luzie Gomperz in Wien geboren. Sie starb 1995 unter ihrem angenommenen Namen in London. Bis zu ihrer erzwungenen Auswanderung als Jüdin 1938 nach London lebte sie als unabhängige, modernistische Töpferin mit einem eigenen Keramik-Atelier in Wien. Mit Hilfe von Ernst Freud, dem Sohn Sigmund Freuds, schaffte sie es, sich in London zu etablieren und mit ihrer Keramik ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften.
Schon 1946 stieß der junge deutsche Flüchtling Hans Coper (1920-1981) zu ihr, dem sie zeitlebens verbunden blieb, auch wenn Coper sich nach einigen Jahren sein eigenes Atelier aufbaute. Für Coper war die Zeit in der Werkstatt Ries der Beginn seiner eigenen kreativen Karriere. Jedoch beeinflussten sich Beide zeitlebens.
In vielen gemeinsamen Ausstellungen bauten sie sich einen guten Ruf in Sammlerkreisen über Großbritannien hinaus auf. Rie erhielt mehrfach Auszeichnungen für ihre makellosen, originellen, aber auch eleganten Schöpfungen. Von ihnen sind viele in englischen Museen zu sehen.
Erst in diesem Jahr wurde ihrem Werk eine Wanderausstellung in verschiedenen englischen Städten gewidmet. Auch ihre Freundschaft mit dem japanischen Modedesigner Issey Miyake, für den sie Knöpfe schuf, und der ihr Ausstellungen in Japan organisierte, ist legendär.

Der ebenfalls nach Großbritannien geflüchtete deutsche Töpfer Hans Coper baute sich in London ein eigenes Atelier auf.
Die Auktion bringt zwei besondere Privatsammlungen zusammen. Die Sammlung von Cyril Frankel besticht durch ihre Verbundenheit mit Lucie Rie. Der etablierte britische Filmregisseur war seit den 1950er-Jahren erst „Kunde, dann Sammler und Freund, und gehörte am Ende zum Inventar“. So beschreibt er seine Beziehung zu Rie in einer Filmdokumentation.
Die andere Sammlung stammt aus dem Nachlass von Copers Ehefrau Jane. Jane Coper war Fotografin. Ihr verdanken wir die reiche Bebilderung des Auktionskataloges sowie Objekte aus ihrem Nachlass. Dazu gehören Familienstücke von Coper, mit denen das Ehepaar täglich lebte, sowie Geschenke von Lucie Rie an Coper und seine Frau.
Beide Sammlungen vereint die intime Kenntnis der Werke beider Töpfer. Sofia Sayn-Wittgenstein, Leiterin des Design Departments von Phillips in London, sagt im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Es handelt sich bei den Objekten unter anderem um persönliche Favoriten, von denen sich die zwei Künstler nicht trennen wollten.“ Enthalten seien aber auch Prototypen, gegenseitige Geschenke und persönliche Vermächtnisse; großenteils Werke, die über die Jahre oft dokumentiert und durch diverse Ausstellungen zelebriert wurden.
Beide Sammlungen vereinen Objekte aus allen wesentlichen Schaffensphasen. Die Vorbesichtigungen zeigen sowohl die Ähnlichkeiten in Stil und Formauffassung, aber auch die wesentlichen Unterschiede der beiden Künstler.
Die Auktion kann zu keinem geeigneteren Termin stattfinden, liegt Keramik doch gerade stark im Trend. Hans Copers Weltrekord für „Monumental ovoid pot“ (1968) wurde im November 2021 von Phillips aufgestellt und liegt bei 651.700 Pfund mit Aufgeld. Lucie Ries Objekte steigen seit den 1980er-Jahren stetig im Wert. Heute liegt der Weltrekord bei 246.000 Pfund, aufgestellt 2021 von Sotheby’s New York.

Für die beiden um 1972 geformten Keramiken von Hans Coper erwartet Phillips zwischen 50.000 und 70.000 Pfund.
Weiterhin liegen sowohl Rie als auch Coper mit ihren Keramiken, die sowohl funktionales Objekt als auch Kunstwerk sind, im weiteren Trend für Keramiksammlungen. Dieser spricht auch Sammler zeitgenössischer Kunst an, die nicht nur britische Kunst des 20. Jahrhunderts wiederentdecken, sondern auch Kunsthandwerk. Die Sammlerschaft dafür ist international.
Rie und Coper hatten neben Großbritannien schon immer Fans in den USA und Japan, wie auch in Deutschland. Nun bieten immer mehr Asiaten über Japan hinaus auf moderne Keramik. Von Vorteil ist, dass kleinere Tassen und Schalen noch für wenige Tausend Pfund zu haben sind, während exquisite Museumsobjekte über 100.000 Pfund erzielen können. Die Qualität der Technik, verbunden mit der oftmals zeitlosen Eleganz in einer der ältesten Handwerkstechniken der Menschheit, ist im digitalen Zeitalter weltweit gefragt.

Auktionshaus Phillips London: Vorschau mit einer Auswahl vom 4. bis 13. Oktober, Vorschau der gesamten Auktion vom 25. Oktober bis 1. November; Auktion am 1. November 2023
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