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AuktionWilhelminisches Porzellan trifft die Geschmäcker

Für klassizistisches Porzellan und Objekte aus Eisenguss verbucht Lempertz‘ Berlin Auktion wie immer gute Zuschläge. Neu ist jedoch der Siegeszug der mit Blumen dekorierten KPM-Porzellane.Christian Herchenröder 23.04.2024 - 09:00 Uhr
Für die im Neo-Rokokostil geformten und mit Blumen in farbiger Aufglasurmalerei dekorierten wilhelminischen KPM-Porzellane werden erstaunlich hohe Preise bewilligt. Abgebildet ist eine Wandapplikke, die für 21.420 Euro zugeschlagen wurde. Foto: Lempertz

Berlin. Der Saal war dicht gefüllt, als Henrik Hanstein die „Berlin Auktion“ am 20. April mit einer schwedischen Sammlung historischer Gläser eröffnete. Die mit Material aus anderen Sammlungen ergänzten Lose wurden zu moderaten Preisen zugeschlagen. Bis brutto 2520 Euro für einen Pokal mit dem Wappen des Reichsgrafen von Schönborn-Buchheim reichten die Gebote, Indiz für die Schwäche des Glasmarktes, dessen beste Zeit in den 1980er-Jahren war.

In den folgenden vier Stunden der chronologisch gegliederten Auktion kamen rund 300 Lose vorwiegend preußischer Kunst und Kunstgewerbes unter den Hammer. Der Gesamterlös beläuft sich auf 1,15 Millionen Euro.

Bei den Objekten der friderizianischen Epoche galt das höchste Gebot einem herausragenden Rokoko-Gemälde von Barbara Rosina Lisiewska-de Gasc: Brutto 126.000 Euro erlöste die Allegorie des Hörsinns mit einer „Theorbe“, einer Schalenhalslaute spielenden Schönen. Das museale Bild der Porträtistin, eine hochbegabte Konkurrentin des preußischen Hofmalers Antoine Pesne, erlöste 2013 bei Sotheby’s für 64.900 Pfund (damals 73.000 Euro) und wurde jetzt von einem norddeutschen Händler ersteigert.

Bei den im Anschluss ausgebotenen Porzellanen der Periode gab es keine Überraschungspreise. Spitzenstück war hier mit 10.080 Euro ein Speiseteller aus dem gelbrandigen „Japanischen Tafelservice“ für Friedrich II., das 1763 nach Zeichnungen des Königs in Meissen entstand.

Barbara Rosina Lisiewska-de Gasc war die hochbegabte Konkurrentin des preußischen Hofmalers Antoine Pesne. Ihre Allegorie des Hörsinns erlöste hohe 126.000 Euro inklusive Aufgeld. Foto: Lempertz

Problemlos ließen sich die meisten der 105 Eisenguss-Lose absetzen. Bei den Neujahrsplaketten stiegen die Gebote bis zu dem Exemplar der „Königlichen Tierarznei-Schule“ von 1841. Es kam von 300 auf 1512 Euro. Mit 12.600 Euro setzte sich eines von nur drei bekannten Exemplaren der großen „Warwick-Vase“ an die Spitze der Gebote.

Bei den klassizistischen Porzellanen, die wieder starken Anklang fanden, überholte eine vergoldete KPM-Kratervase mit üppigen Rosengirlanden alle anderen Lose. Für sie bot ein Berliner Sammler 25.200 Euro. Denselben Preis erlöste ein auf maximal 10.000 Euro angesetztes Tête-a-tête der Manufaktur St.Petersburg, das 1794 ein Geschenk der Zarin an den Hof Sachsen-Meiningen war. Es ging an einen russischen Käufer, der im Westen lebt.

Ein 25 x 37 cm großes Gemälde mit Parade vor dem Kronprinzenpalais Unter den Linden des Berliner Malers Wilhelm Brücke stieg durch Gebote eines Berliner Sammlers von 30.000 auf 100.800 Euro.

Auktionsbilanz

Kunstgewerbe: Das Beste aus Preußen

In der folgenden Abteilung gingen die Bismarck-Porträts von Franz Lenbach zurück. Dafür überrundeten die im Neo-Rokokostil geformten und mit Blumen in farbiger Aufglasurmalerei dekorierten wilhelminischen KPM-Porzellane spielend ihre Schätzungen. Vasen, eine Porzellankassette und Wandappliken wurden für 18.900 bis 21.420 Euro zugeschlagen. Es ist ein erstaunliches Geschmacksphänomen: Preise, die höher sind als für Formstücke aus der Frühzeit der Manufaktur.

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Einen Paukenschlag gab es gegen Ende der Auktion, als Adolph Menzels Bleistiftzeichnung mit der Porträtstudie eines Marokkaners mit 8000 Euro ausgeboten wurde. Die interessante Zeichnung, auf der Menzel die Nachricht eines Attentats auf Kaiser Wilhelm I. notiert hatte, stieg im längsten Bietgefecht des Tages auf 201.600 Euro. Käufer ist ein französischer Privathändler, Unterbieter ein britischer Händler.

Mehr: Was die Rückseite beim Porzellan verrät

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