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AuktionsnachberichtAppetit auf marktfrische Kunst

Die Frühjahrsauktionen für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in London waren dieses Mal mit mehr Spannung als sonst erwartet worden – am Ende machte sich Erleichterung breit.Stephanie Dieckvoss 06.03.2025 - 14:24 Uhr Artikel anhören
Lisa Brice „After Embah“: Die 2018 geschaffene Arbeit der Südafrikanerin erzielte bei Sotheby's 5,4 Millionen Pfund Foto: © Sotheby's London; VG Bild Kunst

London. Die weltpolitische Lage ist angespannt. Zudem stehen sowohl bei Sotheby’s als auch bei Christie’s Veränderungen an. Sotheby’s hat einen neuen Investor und gerade seine Käuferkommissionen erhöht. Bei Christie’s wechselt die Führungsspitze. CEO Guillaume Cerutti tritt zurück und wird intern durch Bonnie Brennan ersetzt. Es stellte sich also vorab die Frage, ob – und wenn ja wie – sich diese Umstände auf den Markt auswirken.

Aber der Appetit auf marktfrische Kunst mit guter Provenienz ist offenbar ungebrochen. Und so erzielten Sotheby’s und Christie’s mit den Auktionen für moderne und zeitgenössische Kunst starke Ergebnisse. Der Wettbewerb der Interessenten brachte bei beiden Häusern Spannung in die Auktionssäle.

Sotheby’s spielte in seiner Modern & Contemporary Evening Auction mit nur 38 Losen 62,5 Millionen Pfund ein. Die Verkaufsrate lag insgesamt bei hohen 90 Prozent. Christie’s erzielte ebenfalls ein starkes Ergebnis: Die Hauptauktion mit 48 Losen brachte 82,2 Millionen Pfund, bei einer Verkaufsrate von 94 Prozent. Dazu kamen die ausgezeichneten Ergebnisse der sich anschließenden Surrealismus-Auktion. Hier blieb nur eines der 25 Lose unverkauft. Die Auktion spielte knapp über 48 Millionen Pfund ein.

Sotheby’s hatte vor allem mit großformatiger figurativer Malerei Erfolg. Die 2018 geschaffene Arbeit „After Embah“ der in London lebenden Südafrikanerin Lisa Brice erzielte einen Weltrekord. Auf 1 bis 1,5 Millionen Pfund geschätzt, stritten sich sechs Bieter über zehn Minuten lang um das Werk. Am Ende stand ein Ergebnis von 5,4 Millionen Pfund, womit der bisherige Rekord der Künstlerin von 2021 verdoppelt war. Hier wie auch bei vielen andere Arbeiten gab es starke Gebote aus Asien.

Aus der Sammlung des „Blink 182“ Musikers Mark Hoppus stammte ein Ölbild von Banksy, „Crude Oil (Vettriano)“ von 2005, das innerhalb der Schätzung für 4,3 Millionen Pfund an einen britischen Sammler ging, der online auf die Arbeit bot. Zum teuersten Los des Abends wurde ein Werk von Yoshitomo Nara aus dem gleichen Jahr. „Cosmic Eyes (in the Milky Lake)“, geschätzt auf 6 bis 8 Millionen Pfund, brachte 9 Millionen.

Weiterhin offerierte das Haus eine Gruppe interessanter Plastiken. Die surrealistische Bronze „Moonmad“ von Max Ernst, gegossen in den 1970er-Jahren nach einem Entwurf von 1944, spielte bei sechs Bietern 2,1 Millionen Pfund ein. Die taxe hatte bei 600.000 bis 800.000 Pfund gelegen. Die Arbeit stammte aus der Sammlung von Hans und Marion König. König, europäischer Spitzenbeamter und ehemaliger Präsident der Kunstmesse Tefaf, hatte mit seiner Frau über Jahrzehnte alte Kunst, Textilien und Teppiche bis hin zu moderner Kunst gesammelt. Ebenfalls aus seiner Kollektion stammte ein bedeutendes Selbstporträt von El Lissitzky aus dem Jahr 1924. Das Foto „The Constructor“ wurde oberhalb der Taxe von 400.000 bis 600.000 Pfund für 889.000 Pfund ersteigert, wohl von einem europäischen Berater.

Christie’s begann seine Auktion mit jungen Künstlern wie Danielle McKinney, Justin Caguiat, und Sanya Kantarovsky, deren Ergebnisse im unteren sechsstelligen Bereich die Schätzungen mindestens verdoppelten. Danach jedoch ging es hundert Jahre zurück ins frühe 20. Jahrhundert. Den Auftakt machte eine kleinformatige, abstrakte, farbintensive Papierarbeit von Wassily Kandinsky, „Schwarze Begleitung“ von 1923. Auf 700.000 bis 1 Millionen Pfund geschätzt, spielte sie 2,2 Millionen ein. „Wir hatten mehr als acht Bieter am Telefon und drei Bieter im Saal für den Kandinsky, was beispiellos ist“, betont Keith Gill, Head of Department, Impressionist & Modern Art at Christie’s South Kensington, gegenüber dem Handelsblatt. Das war nicht die einzige Papierarbeit mit einem guten Ergebnis. Das Angebot an marktfrisches Blättern schloss auch Werke von Schiele, Basquiat, Saville und Max Ernst im „Art of the Surreal Evening Sale“ ein. „Die hervorragende Qualität dieser Lose“, so Gill weiter, „sprach ein anspruchsvolles Publikum an und führte zu sehr hohen Preisen.“

René Magritte „La reconnaissance infinite“: Mit einem Ergebnis von 10,3 Millionen Pfund wurde das Bild bei Christie’s zum Toplos der Woche Foto: © Christie's London; VG Bild Kunst

Bei der Schiele Zeichnung handelte es sich um den „Knaben im Hosenanzug“ von 1914, der auf 1 bis 1,5 Millionen Pfund geschätzt war, aber – ebenfalls mit Hilfe von asiatischen Geboten – 3,3 Millionen Pfund brachte. Zum Toplos der Woche wurde bei Christie’s René Magrittes auf 6 bis 9 Millionen Pfund geschätztes Gemälde „La reconnaissance infinite”, das in der Surrealismus-Auktion zum Aufruf kam und 10,3 Millionen Pfund einbrachte.

Surrealistische Kunst ist nach wie vor erfolgreich – fast bei jedem Los konkurrierten Interessenten. Besonders gefragt sind marktfrische, typische Werke von Hans Arp, Max Ernst, Leonora Carrington und Paul Delvaux, dessen mit weiblichen Figuren gefüllte Fantasiewelten den Zeitgeschmack treffen.

Trotz starkem asiatischem und amerikanischem Interesse gab es auch viele europäische Käufer. Das führte bei Christie’s zu gleich sieben Künstlerrekorden für Michael Andrews, Danielle McKinney, Emmi Whitehorse und Tamara de Lempicka. Gerhard Richter und Hans Arp erzielten Rekorde innerhalb bestimmter Medien.

Auch bei Phillips lag die Verkaufsrate bei 90 Prozent, allerdings wurde die Mehrheit der 29 Lose unterhalb der Schätzung zugeschlagen. Insgesamt spielte die Auktion 15,4 Millionen Pfund ein. Im Gegensatz zu Sotheby’s und Christie’s gab es hier aber wenig Überraschungen.

Wie gewohnt lag der Fokus des Hauses auf junger Kunst. Jedoch sind die Zeiten vorbei, in denen solche Werke immer Rekordpreise erzielten. Obwohl von Phillips gepriesen, konnten weder Florian Krewer noch Nathanaëlle Herbelin mit hohen Zuschlägen Aufsehen erregen. Toplos war eine kanadische Winterlandschaft von Joan Mitchell, „Canada II“, von 1975. Die Gebote für das auf 3 bis 5 Millionen Pfund geschätzte Bild begannen bei 1,5 Millionen – am Ende stand ein Hammerpreis von 2,2 Millionen.

Mit dieser Mischung kann sich London weiterhin als bedeutender Auktionsstandort behaupten. Die erste Hürde des Jahres ist genommen – als nächstes werden die Auktionen im Mai in New York zeigen, wie es dieses Jahr weitergeht.

Mehr: Sotheby’s und Christie’s gehen in London auf Nummer sicher

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