Auktionsnachbericht: Fixiert auf die Schätzpreise

München. Die glasklare, kühle Direktheit der neusachlichen Malerei der 1920er-Jahre hat momentan Konjunktur. Diesen Trend bestätigte ein mit feinem Pinsel ausgeführtes Damenbildnis von Werner Schramm, das am 6. Juni 2024 bei Karl & Faber aufgerufen wurde. Anlass war die Abendauktion mit moderner und zeitgenössischer Kunst.
Moderat auf 25.000 Euro geschätzt, konkurrierten zwei Museen und zwei Sammler um das Bildnis der jungen Frau, die in pelzbesetztem Mantel vor Pariser Kulisse steht. Für rund 70.000 Euro (alle Preise inklusive Aufgeld) wurde das von 1930 datierte Bild von einem privaten Interessenten übernommen.
Diese Steigerungsdynamik war selten an diesem Abend. Nur Keith Harings orange grundierte Verfolgungsszene in der typischen Street-Art-Umrissmanier schaffte noch einmal so einen Preissprung. Die kleine, signierte und datierte Filzstiftarbeit war auf 40.000 Euro geschätzt und stammte aus dem Besitz der langjährigen Studiomanagerin des New Yorker Künstlers. Sie wechselte erst bei 80.000 Euro den Besitzer.
Bei den meisten Losen aber fiel der Hammer entsprechend den Taxen. Die Schätzung für Georg Baselitz’ impulsive Abstraktion „Cebe“ von 1993 lag bei 280.000 Euro. Bei einem Gebot dieser Höhe wurde es in den internationalen Kunsthandel weitergereicht und kostete letztlich mit Aufgeld 355.600 Euro. Stattlich angesetzt war mit 100.000 Euro Günter Fruhtrunks großformatiges, stark rhythmisiertes Streifenbild „Reihe“ von 1963/64.
Der Maler des Konkreten bekommt momentan sehr viel Aufmerksamkeit, aber sein Markt spielt sich auf Auktionen immer noch vorwiegend im fünfstelligen Euro-Bereich ab. Vor sechs Jahren wurde dasselbe Bild für brutto 75.000 Euro in einem anderen Haus versteigert. Jetzt erreichte Karl & Faber immerhin einen taxgerechten Zuschlag. Mit Aufgeld kostet das frühe Bild 127.000 Euro.

Auf die Schätzpreise fixierte Bieter zeigten sich ebenfalls, als Max Ernsts kleine Leinwand „Marine“ von 1925 und Egon Schieles frühes, wenig expressives Gemälde „Waldstück“ von 1907 aus der Sammlung Serge Sabarsky aufgerufen wurden. Das surreale Max-Ernst-Gemälde erzielte 355.600 Euro. Der Erlös für das spätimpressionistisch-jugendstilartige Gemälde Schieles lag bei 158.750 Euro.
Ein bisschen mehr Bietfeuer erfuhr Emil Noldes farblich kräftige, von kreidiger Malstruktur bestimmte „Junge Familie“. Das Gemälde von 1949 wurde für 698.500 Euro in eine internationale Sammlung weitergereicht und war das teuerste Los des Abends.
Auch ein rheinischer Privatsammler hatte Gegenbieter, als Heinrich Campendonks Aquarell „Das Schaufenster“ aufgerufen wurde. Mit 228.600 Euro zahlte er den zweithöchsten auf einer Auktion erzielten Preis für eine Papierarbeit des zeitweiligen Mitstreiters der expressionistischen Künstlergruppe Blauer Reiter.

Rupert Keim, geschäftsführender Gesellschafter von Karl & Faber, will in den taxgerechten Zuschlägen keine Käuferzurückhaltung sehen. „Wir halten nichts von zu niedrigen Taxen, denn sie sollen eine Marktorientierung geben“, sagte er dem Handelsblatt. Aber die Auktionen seien durchaus schon „sprudeliger“ gewesen, fügte er hinzu.
Mit klassischer Moderne sowie Nachkriegs- und Gegenwartskunst fuhr Karl & Faber diese Saison knapp acht Millionen Euro brutto ein. Zusammen mit Onlineauktionen, Altmeistergemälden, Kunst des 19. Jahrhunderts und der Altmeistergrafik summiert sich der Umsatz auf rund elf Millionen Euro.
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