Auktionsnachbericht: Käufer suchen Sicherheit

Berlin. Obwohl in der von Isabel Apiarius-Hanstein stringent und mit Umsicht geleiteten Abendauktion von Lempertz am 29. November nicht alle Blütenträume reiften, war es eine erfolgreiche Sitzung. Viele Hammerpreise blieben an den unteren Schätzungen, doch gab es im gut besetzten Saal ermutigende Telefon- und Onlinegebote.
Für 77 Lose wurden nach Angaben des Hauses 9,4 Millionen Euro eingenommen. Mit den Tagesauktionen summiert sich der Gesamterlös für die Fotografie, die moderne und zeitgenössische Kunst auf 12,5 Millionen Euro. Henrik Hanstein bezeichnet das als „ein gutes Ergebnis angesichts der Weltlage. Die Käufer gehen auf sichere Sachen, die internationalen Rang haben.“
Das zeigte sich bereits beim ersten Los, zwei hochformatigen Jeanne-d’Arc-Darstellungen in Pastell des Prager Jugendstil-Künstlers Alphonse Mucha. Sie stiegen von 32.000 auf brutto 107.100 Euro und wandern in eine Schweizer Privatsammlung. Auch das nächste Los, Lynn Chadwicks Kleinbronze „Maquette for Stranger III“, wurde von britischen Bietern auf 75.600 Euro gehoben, das Doppelte der höchsten Schätzung.
Ein belgischer Privatsammler ließ sich für eine blautonige Gouache des Kaliforniers Sam Francis, die auf maximal 40.000 Euro geschätzt war, bis zum Bruttopreis von 100.800 Euro hochtreiben. Auf hohe 126.000 Euro kam dank spanischer und New Yorker Gebote das formstrenge, in Primärfarben gehaltene Ölbild „Construcciòn con Sol y Luna“ des Uruguayers Joaquin Torres-Garcìa.
Das Hauptwerk des Abends war „Mer agitée à Pourville“. Claude Monets Küstenlandschaft mit aufgepeitschten Meereswogen an der Küste der Normandie erhielt zunächst einen Vorbehaltszuschlag knapp unter der Schätzung bei 2,9 Millionen Euro. Doch es wurde laut Auktionshaus im Nachgeschäft für 3,5 Millionen Euro an den amerikanischen Handel abgegeben.
Dafür erzielte das zweite Hauptlos, Oskar Schlemmers „Freiplastik G“, ein lupenreines und bedeutendes Hauptwerk des Stuttgarter Künstlers, den stattlichen Preis von 780.000 Euro, den ein baden-württembergischer Sammler einsetzte. Das museale Werk aus dem Depositum Schlemmer der Staatsgalerie Stuttgart war Gegenstand einer hier erfolgten Zwangsversteigerung.

Zu den beachtlichen Zuschlägen der Auktion zählen auch die für Gerhard Richters Kleinformat „Vorhang“ erzielten 403.200 Euro. Die Taxe hatte bei bis zu 300.000 Euro gelegen. Das Frühwerk von 1965 wurde von dem Förderverein eines rheinischen Museums ersteigert. Angemessen sind die von einem Münchener Sammler für Ernst Wilhelm Nays auf 1950 datiertes Gemälde „Figurale in Hellblau“ eingesetzten 315.000 Euro und die von einer rheinischen Sammlerin für Konrad Klaphecks Gemälde eines reich bestückten Schlüsselbretts gebotenen 226.800 Euro.
Auch die 327.600 Euro, die ein im Saal sitzender rheinischer Sammler in Paula Modersohn-Beckers ungewöhnlich farbfreudiges Ölbild „Sitzender Junge unter Birken“ investierte, sind ein guter Preis. Nicht minder die für Ewald Matarés 16,4 Zentimeter hohe Bronze „Grasende Kuh II” erlösten 138.600 Euro. Dass Emil Noldes in violettes und gelbes Licht getauchte Marschlandschaft einem norddeutschen Sammler 189.000 Euro wert war, gehört zu den Überraschungen des Abends angesichts der zahlreichen Rückgänge, die Nolde-Aquarelle zurzeit erfahren.
Hauptwerk von Nam June Paik geht zurück
Im Trend für die gefälligen Stillleben der Murnauer Zeit von Gabriele Münter liegen die von einem Schweizer Händler und einem Berliner Sammler gebotenen 126.000 respektive 100.800 Euro. Dass Rainer Fettings Malerei in den letzten fünf Jahren wieder stärker gefragt ist, zeigte sich auch hier, als das sechs Meter breite, herbstbraune Triptychon „Großer Wald“ von 1988 für 119.700 Euro an einen süddeutschen Sammler fiel.

Ungefragt blieben Gemälde von Hans Purrmann, Emil Nolde, Georg Baselitz, Willem de Kooning, Max Liebermann, Victor Vasarely und Heinz Mack. Auch Nam June Paiks raumgreifender, nach Museumspräsenz schreiender „Baum der Versuchung“, ein Hauptwerk des koreanischen Videokünstlers, fand keinen Käufer.
Schade auch, dass keines der zartfarbigen, aus einer norddeutschen Privatsammlung eingelieferten Kleinformate von Antonio Calderara Anklang fand. Solche meditativen Werke liegen eben nicht im Trend.





