Auktionsnachbericht: Karl & Faber: Eine unterschätzte Malerin wird neu entdeckt
München. Bedeutende Namen aus der Kunstwelt sind nicht immer eine Garantie für großes Begehren. In Karl & Fabers Dezember-Auktion mit moderner und zeitgenössischer Kunst war das Sammlerinteresse für eine in Deutschland relativ unbekannte Künstlerin reger als für die Heroen des Marktes. Die französisch-norwegische Anna-Eva Bergman stand lange im Schatten ihres Mannes Hans Hartung. Jetzt entdeckt die Kunstszene ihre mit Metallfolie verfremdeten, informellen und abstrakten Gemälde aus den 1950/60er-Jahren.
Von geschätzten 30.000 wurde die Arbeit „No. 34-1962“ auf rund 70.000 Euro gehoben (alle Preise inkl. Aufgeld). Und auch zwei weitere, sehr moderat taxierte Werke wurden für 57.000 und 25.400 Euro verkauft. Gegen jeweils sieben Telefonbieter setzte sich stets eine Sammlerin aus der französischen Schweiz durch.
So flott lief es nicht den ganzen Abend. Bei den ausgewählten Werken der Abendauktion wurden nur rund 50 Prozent des Moderne-Angebots und 60 Prozent der Gegenwartskunst beboten. Erfolg hatte der Münchner Versteigerer mit Max Liebermanns fast skizzenhafter Momentaufnahme vom nachmittäglichen Flanieren im Tiergarten. Das Gemälde von 1925/27 wurde für 609.900 Euro von einer Berliner Sammlung übernommen.
Karl & Faber hatte es hier vor drei Jahren schon einmal verkauft; damals für 512.500 Euro. Schweizer Handel übernahm für 596.900 Euro Georg Baselitz´ große Arbeit „Ein Werktätiger“ von 1967. Der Hammerpreis für das zwischen gestischer und gegenständlicher Malerei schwankende Gemälde aus der bedeutenden Serie der Frakturbilder lag knapp unter der unteren Taxe von 500.000 Euro.
Zu den schmerzlichen Rückgängen zählen Wassily Kandinskys Gouache „Pointillé“ zur Taxe von 280.000 Euro sowie Gabriele Münters Caféhaus-Szene von 1914. Hier lag die Mindesterwartung bei 200.000 Euro.
Bei der Gegenwartskunst enttäuschte die kleine freskoartige Mischtechnik von Philip Guston. Der US-Amerikaner hatte das Blatt einst seiner Geliebten Renate Pensold, spätere Pensold-Motherwell, geschenkt. Für 100.000 Euro ist es nun im Nachverkauf zu haben. Die vielen Rückgänge können nicht nur der momentan krisengeschüttelten Weltlage angelastet werden. Manche Werke besaßen nicht die Stärke, hohe Gebote herauszufordern.
Zum zweiten Mal offerierte Karl & Faber eine große Zahl von expressionistischen Werken aus dem Nachlass des New Yorker Kunsthändlers und Wiener Sezessions-Kenner Serge Sabarsky. Oscar Kokoschkas „Porträt Victor Ritter von Bauer“ übernahm für 482.400 Euro ein Museum in Frankreich. Eine Preisbildende Rolle spielt ganz offensichtlich der Dargestellte. Der Industrielle war ein bedeutender Sammler und Mäzen.
Markt für Expressionisten relativ gesättigt
Selektiv verlief der Absatz der Zeichnungen von Egon Schiele und Gustav Klimt aus dieser Quelle. Nur die besten Blätter gingen in neue Hände. Für 254.000 Euro übernahm österreichischer Handel Schieles „Sitzendes Paar“, das den Künstler mit seiner Frau darstellt. „Der Markt für expressionistische Werke sowohl in Deutschland als auch Österreich ist relativ gesättigt“, erklärte Rupert Keim auf Nachfrage das abgeflaute Interesse. Er leitet die Geschäfte des Münchener Auktionshauses.
Mit insgesamt 320 aufgerufenen Losen setzte Karl & Faber am 6. und 7. Dezember laut Keim 6 Millionen Euro inkl. Aufgeld um. Die Jahresbilanz einschließlich Alter Meister und Online-Auktionen bezifferte der Auktionator mit 25 Millionen Euro. Das sind 20 Prozent mehr als 2022.
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