Auktionsnachbericht: Wohlfeile Zuschläge bei Lempertz
Köln. Die Stimmung war nicht schlecht. Viele Lose in der Abendauktion moderner und zeitgenössischer Kunst am 4. Juni bei Lempertz waren durch schriftliche Aufträge abgesichert, die zumeist in Nähe der unteren Schätzung lagen. 15 Telefone waren im Einsatz, gut gefüllt war der Saal, in dem Schaupublikum saß. Doch von 70 Katalognummern wurden 30 zurückgewiesen – darunter als Hauptlos das doppelseitige Gemälde von Max Pechstein. Es hätte bis zu 800.000 Euro bringen sollen.
Sammlerinnen und Händler wählten stark aus. Immer wieder gab es stramme Bietstrecken, in denen 17 Lose deutlich über ihre Taxe kamen. Das erreichte ein weiteres Hauptwerk des Abends: Heinrich Campendonks mit starken Rottönen lockender „Liegender Akt“ von 1917 animierte drei Bieter, 996.000 Euro mit Aufgeld einzusetzen. Käufer ist ein rheinischer Sammler.
Schon das erste Los der Auktion, Andy Warhols Serigrafie mit dem Kopf der Botticelli-Venus, ließ sich von 45.000 auf 126.000 Euro treiben, deutlich über der Taxe. Und auch das kurz darauf ausgebotene Zwei-Meter-Bild von Victor Vasarely mit gelben und grauen Farbelementen wurde von einem französischen Sammler auf 144.900 Euro hochgeboten. Unerwartet hoch kam auch eine collagierte Tusch- und Papierarbeit von Eduardo Chillida, „Gravitación“ von 1990. Spanische Bieter trieben sie auf 119.700 Euro.
Die wenigen Skulpturen der Moderne fanden Abnehmer. Ein Berliner Sammler ist der glückliche Erwerber der 1910 datierten Lehmbruck-Bronze „Mädchen mit aufgestütztem Arm“, die 94.500 Euro erlöste. Der Preis ist immer noch wohlfeil zu nennen, weil es sich hier um einen von nur zwei bekannten Güssen zu Lebzeiten des Bildhauers handelt.
Die später ausgebotene Gerhard-Marcks-Bronze „Schwimmerin II“, wurde mit 160.000 Euro aufgerufen und gegen drei Telefone von einem Schweizer Sammler auf 302.400 Euro gehoben. Der Preis ist angemessen, denn die Patina dieses Hauptwerks ist beispielhaft erhalten. Ein weiteres Exemplar dieser lebensgroßen Figur hatte einige Tage zuvor bei Grisebach 228.600 Euro eingespielt. Für einen posthumen Guss der kleinen Käthe-Kollwitz-Plastik „Mutter mit totem Sohn“ erwärmte sich ein Sammler aus Toronto. Er orientierte sich mit 75.600 Euro am oberen Schätzpreis.

Ein westfälischer Sammler konnte sich mit dem Einsatz von 189.000 Euro das exemplarische Schlemmer-Aquarell „Drei Frauen von rückwärts“ sichern. Das farbfrische Blatt steht in Zusammenhang mit dem im selben Jahr, 1932, entstandenen berühmten Gemälde „Bauhaus-Treppe“.
Ein starker Preis sind die von einem Kölner Sammler für die frühe, kleine Max-Ernst-Collage „Mobiles Herbarium“ von 1920 gebotenen 378.000 Euro. Es kam wie das für 189.000 Euro an eine Berliner Stiftung versteigerte Spätwerk „Die Antipoden der Landschaft“ aus der Sammlung des Kölner Arztes und Max-Ernst-Sammlers Peter Schneppenheim. Aus dessen Bestand kommt auch die Kleinbronze „Janus“ von 1974. Sie wurde von einer Kölner Sammlerin für 115.920 Euro erworben.
Zu den teuersten Werken des Abends zählt Emil Noldes farbstrotzendes Gartenbild „Dahlien“ aus der Spätzeit 1948. Es wurde knapp unter dem Schätzpreis für brutto 816.000 Euro einem norddeutschen Sammler zugeschlagen. Unter der Taxe blieb mit brutto 403.200 Euro auch das Frühwerk „Ein Werktätiger“ von Georg Baselitz. Es wird von britischem Handel übernommen.
In Höhe der oberen Schätzung erstand ein Baseler Sammler für 94.500 Euro Hans Purrmanns 1941 in Florenz entstandenes Gemälde „Garten der Villa Romana“. Eine wilde Farborgie ist Ernst Wilhelm Nays 1962 datiertes Ölbild „Dominant Rot“, das ein westfälischer Sammler für 226.800 Euro übernahm.
Für Werke der zeitgenössischen Kunst gab es einige Zuschläge, die gezieltes Interesse verraten. Heiß begehrt bei einem Onlinebieter und einem Kölner Telefonkunden waren zwei riesige Materialbilder der Kölner Multimediakünstlerin Cosima von Bonin. Für eins setzte er 119.700 Euro ein, für das zweite 113.400 Euro. Das sind veritable Händlerpreise.

Das nicht nur wegen seiner Größe von 3,50 mal 2,50 Meter, sondern auch wegen seiner überbordenden Marterszene monströse Ölbild „Täuschung“ des Berliner Symbolisten Jonas Burgert war auf 150.000 bis 200.000 Euro geschätzt. Es übernimmt für 151.200 Euro ohne Gegenbieter eine deutsche Privatsammlung. Ein einsames Gebot in gleicher Höhe galt dem technoiden Gestänge „Pole Distortion“ der gern mit Metall arbeitenden Amerikanerin Cady Noland. Die Skulptur findet den Weg zurück in die USA.

Auch bei der unteren Schätzung blieb mit 128.000 Euro ein mit realistischen Tropfen übersätes Ölbild des Koreaners Kim Tschang-yeul. Es fand einen hessischen Käufer. Der Abend spielte rund sechs Millionen Euro ein, ein angesichts der Marktlage solides Ergebnis.
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