Auktionsvorbericht: Die Galerie Clairefontaine lässt ihren Fotobestand versteigern

Köln. Vor rund einem Vierteljahrhundert entwickelte sich die Fotografie zu einem gehätschelten Kind der deutschen Auktionshäuser. Mittlerweile hat sich dieser Markt jedoch in die Nische zurückgezogen, aus der er damals glanzvoll hervortrat. Sehr deutlich spüren das die Fotoliebhaber daran, dass die Kataloge seit geraumer Zeit nicht mehr in Druckform vorliegen. In diesem Herbst hat Lempertz jedoch wieder ein gedrucktes Exemplar herausgegeben. Den Anlass lieferte – neben substanziellen anderweitigen Einlieferungen – die Übernahme des Galeriebestands Clairefontaine aus Luxemburg.
„Wir haben die Galerie leer gemacht“, berichtet Christine Nielsen, Fotoexpertin am Kunsthaus Lempertz. Insgesamt seien rund 500 Arbeiten übernommen worden, darunter viel Material, das sich in Konvoluten zusammenfassen ließ. Davon kommt am 29. November 2024 jedoch nur eine Auswahl von 60 regelbesteuerten Werken zur Auktion.
Hintergrund der Einlieferung ist der krankheitsbedingte Rückzug Marita Ruiters aus dem Geschäftsbetrieb. Das ist ein schmerzlicher Verlust für die internationale Fotoszene, mit der die gut aussehende Galeristin eng vernetzt war. 35 Jahre lang gehörte sie zu den ersten Adressen im Westen Europas.
1989 hatte Ruiter die Fotogalerie nur wenige Meter von ihrer ein Jahr zuvor gegründeten Galerie für zeitgenössische Kunst eröffnet. Dort begann sie mit Kokoschka, Klimt und Schiele, um ihr Programm bald für Protagonisten der Gegenwartskunst zu öffnen, die in Luxemburg noch nicht gezeigt worden waren; unter ihnen Gerhard Richter und Jochen Gerz. Das war möglicherweise auch ein Beweggrund für ihren Erfolg: der an der zeitgenössischen Kunst geschulte Blick, der auch für eine Konventionen überschreitende Fotografie offen war.
Und so versammelt die Auswahl bei Lempertz ein Spektrum von Namen, in dem auch einzelne Arbeiten aus einschlägigen Performance-Serien von Jürgen Klauke ihren Platz finden. Im Übrigen spannt sich der Bogen von Porträts des in Luxemburg geborenen Edward Steichen aus der Jahrhundertwende (ab 600 Euro) über elegante Modefotografie von Horst P. Horst (1930er-Jahre) und William Klein von 1960 (3000 bis 4000 Euro) bis hin zu den schrägen Inszenierungen des Finnen Arno Rafael Minkkinen oder den schrecklich-schönen Farbaufnahmen, mit denen Edward Burtynsky seit den 1980er-Jahren Umweltsünden aus der Vogelperspektive sichtbar macht. Die Beispiele aus den Jahren 2010 und 2013 gehören mit 10.000 bis 20.000 Euro zu den höchst geschätzten Losen dieses Angebots.

Etwas Besonderes ist das kleine Konvolut mit Aktfotografien des amerikanischen Fotografen Greg Gorman aus den späten Achtzigern, frühen Neunzigern. Dabei handelt es sich um recht großformatige, fein getonte Gelatinesilberabzüge in Editionen von 15 bis 25 Exemplaren. Die Taxen bewegen sich zwischen 1000 und 2000 Euro.
Die Offerte offenbart auch eine Affinität Ruiters zur Architektur. Darauf lassen Farbaufnahmen von Esko Männikkö, Thomas Florschuetz und Aitor Ortiz schließen, die alle um die Jahrtausendwende entstanden. Die Schätzpreise liegen konsumfreundlich nicht höher als maximal 2000 Euro.


In den kommenden Auktionen werden weitere Tranchen aus der Sammlung Clairefontaine zum Aufruf kommen, darunter allein drei Konvolute von Gisèle Freund – über die Marita Ruiters geforscht hatte und mit der sie befreundet war. Gespannt sein darf man auch auf die kommenden Tranchen mit sehr großformatigen Arbeiten von Dieter Appelt und das Kooperationsprojekt von Frida Kahlo und Diego Rivera.





