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Ausstellung des NRW-Forums AR Biennale in Düsseldorf: Virtuelles Kunsterlebnis mit Smartphone

Ohne Eintrittskarte, aber mit App: Der virtuelle Skulpturenpark des NRW-Forums in Düsseldorf setzt auf ein digitales Erlösmodell und hofft auf ein neugieriges Publikum.
26.08.2021 - 12:27 Uhr Kommentieren
Der Wurm vor dem NRW-Forum lässt sich melken: Kurz auf das Smartphone tippen, wenn auf dem Bildschirm die Zitzen des virtuellen Wurms vorbeischweben, dann kommt Milch. Quelle: NRW-Forum Düsseldorf
Theo Triantafyllidis „Genius Loci“

Der Wurm vor dem NRW-Forum lässt sich melken: Kurz auf das Smartphone tippen, wenn auf dem Bildschirm die Zitzen des virtuellen Wurms vorbeischweben, dann kommt Milch.

(Foto: NRW-Forum Düsseldorf)

Düsseldorf Mit einem leichten Lächeln schwebt der orangefarbene Wurm vor dem NRW-Forum in Düsseldorf durch die Luft. Die Leichtigkeit ist angesichts seines sonst eher schwer anmutenden Körpers erstaunlich. Und er lässt sich melken: Kurz aufs Smartphone tippen, wenn auf dem Bildschirm die Zitzen des virtuellen Wurms vorbeischweben, und es kommt Milch. Das ist gleichzeitig originell und eigen.

Der Wurm, geschaffen vom griechischen Künstler Theo Triantafyllidis, ist zwar nicht greifbar und doch da. Im Park vor dem Museumsgebäude ist er nicht alleine. Eine Tänzerin tanzt expressiv in einem Brunnen, eine andere taucht als Fee zart hinter einem Busch auf; vor dem Kunstpalast steht eine schelmische Diebin, die mit ihrer Beute auf dem Weg in eine Kneipe geschnappt wurde.

Sie alle leben nur auf dem Display eines Smartphones oder Tablets. Sie sind Teil der weltweit ersten AR Biennale, die seit vergangenem Freitag zu sehen ist und vom NRW-Forum ausgerichtet wird. Augmented Reality (AR) gehöre gerade zu den interessantesten und neuesten Technologien, sagte Alain Bieber, Künstlerischer Leiter des NRW-Forums und Kurator der Biennale, zur Eröffnung: „Digitalität ist unsere neue Postmoderne.“

Der virtuelle Skulpturenpark – in dem in Düsseldorf, aber auch in Köln und Essen, Arbeiten von 19 Künstlerinnen und Künstler zu sehen sind – ist nicht nur eine Hommage an eine der laut Organisatoren „spannendsten aktuellen Darstellungsformen für zeitgenössische Kunst“. Er ist auch ein Experiment: Wie lassen sich solche Ausstellungen organisieren, umsetzen, finanzieren?

Denn klar ist: „Dieses Projekt ist kostspieliger als vergleichbare analoge Ausstellungen“, erklärt Bieber. Alle Werke seien eine Neuproduktion, für die Künstler ein entsprechendes Honorar bekämen. Zudem muss die App programmiert werden – und die Eintrittsgelder am Museumsschalter fallen weg. „Es ist auch ein Versuch, ob ein digitales Erlösmodell funktionieren kann“, so der Kurator.

Das Kunsterlebnis über die App erspart Manchem den vielleicht hemmenden Schritt durch die Pforten eines Museums. Quelle: AR Biennale; NRW-Forum, Foto: Katja Illner
AR Biennale in Düsseldorf

Das Kunsterlebnis über die App erspart Manchem den vielleicht hemmenden Schritt durch die Pforten eines Museums.

(Foto: AR Biennale; NRW-Forum, Foto: Katja Illner)

Der Erlös soll nun durch die App entstehen, die die Besucher der Ausstellung brauchen, um die Kunstwerke zu sehen. 13 Arbeiten sind kostenfrei auf der App zu sehen, die restlichen 22 können für 4,99 Euro freigeschaltet werden. Damit sei die App ein wenig preiswerter als ein normaler Ausstellungsbesuch, der 7,50 kostet, erklärt Bieber.

Bieber hofft, dass die Zuschauer das digitale Ticket lösen, damit die AR Biennale in zwei Jahren noch größer werden kann. Ob es funktioniert, wird sich zeigen. Der Lerneffekt ist in jedem Fall hoch: „Der Kunstbereich lernt viel Neues, hier greifen ganz andere Mechanismen“, sagt der Kunstexperte. Zum Beispiel muss das NRW-Forum im App-Store – wie andere App-Anbieter auch – Prozente für jeden Verkauf abgeben.

Doch nicht nur die Mechanismen der Ausstellung sind neu, auch die Besucher könnten es sein. Denn eine der Grundideen hinter der AR Biennale, deren Idee schon vor der Corona-Pandemie entstanden ist, war es, „die Kunst für alle zu öffnen, auch speziell für junge Menschen, und sie da abzuholen, wo sie sich bewegen“, sagte Felix Krämer, Generaldirektor des Kunstpalast, bei der Eröffnung. Der für manche vielleicht hemmende Schritt durch die Pforten eines Museums fällt weg.

Augmented Reality fasziniert. Als 2016 das AR-Spiel Pokémon Go auf dem Markt kam, probierten es auch viele aus, die sonst nicht computerspielaffin sind. Doch der Hype ebbte ab, nachdem weitere massenwirksame Anwendungen ausblieben. Trotzdem bescheinigen Experten der Technologie ein hohes Potential.

Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte aus dem ersten Quartal vergangenen Jahres können sich 46 Prozent der Befragten vorstellen, AR-Anwendungen auf ihrem Smartphone zu nutzen. Bei unter 35-Jährigen liegt der Anteil bei 70 Prozent. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass AR damit „über eine riesige potenzielle Nutzerbasis“ verfüge, weil die Nutzer keine neuen Geräte kaufen müssen, sondern das Smartphone ausreicht.

Realer Park und virtuelles Bild verschmelzen zum Kunstwerk. Quelle: MIREVI Hochschule Düsseldorf
„Feen“ der Deutschen Oper am Rhein

Realer Park und virtuelles Bild verschmelzen zum Kunstwerk.

(Foto: MIREVI Hochschule Düsseldorf)

Darin liegt auch viel Potenzial für Kunst, was eine steigende Zahl auch bekannter Künstler bereits erkannt haben. Tomás Saraceno gehört dazu, aber auch Olafur Eliasson oder KAWS. Seine internationale Ausstellung „Expanded Holiday“, die im März vergangenen Jahres parallel in zwölf Städten stattfand, ist auch ein Zeichen, wohin sich der Kunstmarkt für AR bewegen könnte.

Gemeinsam mit der Produktionsfirma Acute Art fand KAWS gleich zwei Wege, mit seiner Kunst auch Geld zu verdienen: Neben dem freien Zugang zur App verkaufte er einen zeitlich begrenzten Zugang zu kleineren AR-Figuren, zusätzlich konnten Sammler 25 Editionen seiner Ausstellungs-Figur für 10.000 Dollar kaufen. Bei beiden Modellen können die Käufer ihre Figur überall erscheinen lassen.

Für die Künstler ist die Zusammenarbeit mit einer Plattform wie Acute Art oftmals notwendig, da eigene Entwicklungen umfangreich und teuer sind. Der Künstler Tim Berresheim, der ebenfalls bei der AR Biennale vertreten ist und die Diebin entwarf, die ein Werk aus dem Kunstpalast stiehlt, hat dieses Projekt erst vor kurzem abgeschlossen. Erfolgreich: Seine App „Bilderreise“ nimmt den Nutzer mit auf eine 90 Kilometer lange Radtour in die Heimatregion von Berresheim, das Heinsberger Land. Unterwegs tauchen auf der App seine Kunstwerke in der Umgebung auf.

„Die Entwicklung dieser App war ein intensiver und langwieriger Prozess, der viel eigene Entwicklung erforderte“, sagt er. Um an die Grenze des technisch Möglichen von AR zu gehen, mussten der Künstler und sein Team viel recherchieren. Unter anderem hat die RWTH Aachen beraten.

Denn ohne App keine AR. Und weil die Entwicklung so herausfordernd ist, zählt zu den Sponsoren der AR Biennale unter anderem der Technologiekonzern Canon. Dessen Dienstleistungstochter Cognitas hat die App für die Biennale entwickelt.

Am Entwicklungsaufwand zeigt sich, warum eine solche Ausstellung eine besondere Herausforderung ist: Vier Personen haben in fünf Monaten 1200 Stunden an dem Projekt gearbeitet, erzählt Cognitas-Geschäftsführer Oliver Fix. Dabei war es nicht das erste Kunstprojekt.

Auch für das Kunstmuseum in Krefeld hat Cognitas bereits eine AR-Anwendung entwickelt. Doch auch hier war die Lernkurve hoch: Viele Künstler der Biennale haben unterschiedliche digitale Formate angeliefert, die es alle einzupflegen galt. Das trainiert zwar für die nächste Anwendung, ist allerdings erst einmal ein ziemlicher Aufwand.

Aber: Es lohnt sich. Die AR Biennale in Düsseldorf weckt das Spielerische, den Entdeckungsdrang und eine große Neugier, was in der virtuellen Welt der unbegrenzten Möglichkeiten noch so passieren wird.

Mehr: Absatzkanal für junge Künstler: 1700 Werke warten auf entschlossene Onlinekäufer

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