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Christie's House SaleHaushaltsauflösung bei den Gettys: Auktionsmarathon zu wohltätigen Zwecken

Gordon Getty lässt die Ausstattung seiner Residenz versteigern. Für wohltätige Zwecke kommen 150 Millionen Dollar herein.Barbara Kutscher 27.10.2022 - 10:14 Uhr Artikel anhören

Ziemlich charmant und souverän gezeichnet: Das katapultierte die drei Kopfstudien des kleinen Mädchens auf den atemberaubenden Preis von 3,42 Millionen Dollar.

Foto: Christie's Images Ltd. 2022

New York. Alles musste raus: Geschirr, Lampen, Sofas, Vorhänge und auch die Bettwäsche. Aber die Haushaltsauflösung über Christie’s in New York lockte vor allem mit exquisiten europäischen Möbeln des 18. Jahrhunderts, Landschaften bekannter Impressionisten und atemberaubenden Raritäten aus aller Welt. Dazu kamen antike Stoffe, Schmuck und auch 23 Damenhandtaschen aus kostbarem Leder von der Modemarke Hermès unter den Hammer.

Über sechs Tage lang verteilte Christie’s in vier Live-Auktionen und sechs Online-Versteigerungen die gesamte Einrichtung der spektakulären Mega-Villa von Ann und Gordon Getty in San Franciscos Nobelviertel Pacific Heights. Die ohne Garantien angebotenen fast 1500 Objekte wurden sämtlich abgesetzt.

Die eingehämmerten über 150 Millionen Dollar blieben allerdings unter den anvisierten 180 Millionen Dollar. Trotzdem reiht sich die Ann & Gordon Getty Collection, nach Yves Saint Laurent und Pierre Bergé (Februar 2009) sowie Peggy und David Rockefeller (Mai 2018) unter die teuersten Sammlungen, die je von Christie’s verkauft wurden.

Der Erlös kommt der neu gegründeten Ann and Gordon Getty Foundation for the Arts zugute, die ausgewählte Organisationen für Künste und Wissenschaften in San Francisco unterstützen wird.

Ann Getty, die trotz aller Skandale 50 Jahre lang mit Gordon Getty (88), dem vierten Sohn des einst reichsten Mannes der Welt, verheiratet blieb, verstarb im September 2020 im Alter von 79 Jahren.

„Alles, was nur irgendwie verkäuflich ist, wird verkauft. Ich denke, ich habe nicht ein einziges Stück aus Sentimentalität behalten“, so Gordon Getty im Frühjahr gegenüber dem Fernsehsender ABC7 News in San Francisco. Er sei nicht an diesen Dingen interessiert. Seine Passion gilt der Komposition von Werken der klassischen Musik.

Die 1866 gemalte Ansicht mit Booten im Hafen von Honfleur erzielte 3,3 Millionen Dollar.

Foto: Christie's Images Ltd. 2022

Ann und Gordon Getty hatten nicht nur überaus großzügig die Künste an ihrem Wohnsitz und später auch in New York gefördert. Als prominente Gastgeber übten beide auch beträchtlichen politischen Einfluss aus.

Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1976 leitete Gordon Getty das familieneigene Unternehmen Getty Oil, das unter seinem Vorsitz 1984 zu über 10 Milliarden Dollar an den Konzern Texaco Inc. verkauft wurde. Forbes schätzte sein persönliches Vermögen im Oktober 2022 auf 2,1 Milliarden Dollar.

Die Residenz der Gettys in San Francisco war nach mehreren Erweiterungen auf 2800 Quadratmeter angewachsen. Führende internationale Firmen, und schließlich auch Ann Getty selbst, die seit 1995 eine weltweite Klientel in Einrichtungsfragen beriet, sorgten für die berühmt opulente Ausstattung, die früh Perioden und Stile mixte.

Dabei vertraute „Mrs. G.“, wie sie von Händlern gern genannt wurde, auf ihren unzähligen Einkaufstouren ganz ihrem eigenen Auge, und jedes Stück in ihrer Sammlung hatte die gewisse „Mrs. G. Magic“. Sie sei von ihrem Schwiegervater und seinem Faible für alles Französische geprägt worden, so die mondäne Schönheit einmal. Sie war als Farmerstochter in Kalifornien aufgewachsen. Um dem aktiv sammelnden J. Paul Getty Museum keine Konkurrenz zu machen, verlegte sie sich auf opulente englische Möbel der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, deren Kühnheit sie bewunderte.

Christie’s startete den Versteigerungsmarathon am Abend des 20. Oktober mit 58 Spitzenstücken, die erwartete 79,4 Millionen Dollar einbrachten. Allerdings war das Highlight, Canalettos monumentale Canale Grande-Vedute mit Santa Maria Salute (vor 1750) bereits kurz zuvor in einer privaten Transaktion vermittelt worden. Diane „Dede“ Wilsey, großzügige Geldbeschafferin (fundraiser) für Kulturorganisationen in San Francisco, hatte es für die Fine Arts Museums of San Francisco (FAMSF) gesichert, denen sie stets eng verbunden war.

Das üppig dekorierte Paar aus Getty-Besitz kam auf 352.800 Dollar mit Aufgeld.

Foto: Christie's Images Ltd. 2022

„Der Erwerb eines Meisterwerks von Canaletto war für unsere Sammlungen schon lange eine Priorität“, freute sich Melissa Buron, Director of Curatorial Affairs. Christie’s machte keine Angaben zum vereinbarten Preis. Die Taxe hatte bei 6 bis 10 Millionen Dollar gelegen.

Auch Mary Cassats schöne ”Junge Dame mit Faecher in einer Loge“ (1878/9) in leuchtend gelben Pastellkreiden, die in Ann Gettys Schlafzimmer hing, ging an ein Museum. Gegen drei Mitbewerber konnte das Pola Museum of Art, südlich von Tokio in der Präfektur Kanagawa gelegen, bei 7,5 Millionen Dollar mit Aufgeld den für die amerikanische Impressionistin seit fünfzehn Jahren stehenden Rekord erneuern.

Das 2002 für die Privatsammlung des Kosmetik-Tykoons Tsuneshi Suzuki erbaute Museum besitzt unter anderem um 400 Werke der westlichen Moderne, darunter sechs Landschaften Claude Monets.

Gemälde und Zeichnungen stellten etwa die Hälfte des Angebots am 20. Oktober. Sie schlugen sich gut. Getty favorisierte venezianische Veduten des 18. Jahrhunderts, Landschaften und Frauendarstellungen aus dem 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts und auch Blumenstillleben. Hier setzte Henri Matisses Frühwerk „Bouquet, Vase Chinois“ (1901) taxgerecht bei 5,1 Millionen Dollar den dritthöchsten Preis der Sammlung.

Derselbe Käufer ergatterte dazu bereits am unteren Ende der Erwartung, bei 3,66 Millionen Dollar, auch „Le Lit“ (1898), ein selten gesehenes kontemplatives Sujet von Henri de Toulouse-Lautrec.

Die um 1720 bemalten zwölf hohen Paneele zierten das Speisezimmer der Getty-Villa. Für sie wurden 2,28 Millionen Dollar mit Aufgeld bewilligt, das Zehnfache der Taxe.

Foto: Christie's Images Ltd. 2022

Aber vor allem die Möbel, die Ann Getty, wie fast alles hier angebotene, in den 1980ern und 1990ern über den Handel und auf Auktionen in London und New York erwarb, litten unter dem inzwischen eingetretenen Geschmackswandel. Manches wurde unter den Erwartungen zugeschlagen.

Wirklich bedeutende und ungewöhnliche Werke mit interessanten Provenienzen seien jedoch gefragt wie nie, so ein Kenner. So hievten vier Telefonbieter einen markant beschnitzten Aufsatzschrank aus Mahagoni, der 1761 vom Ebenisten William Vile für St James’s Palace in London angefertigt wurde, bei 2,7 Millionen Dollar brutto über das Doppelte der höchsten Erwartung auf einen sehr starken Preis.

Weitere Favoriten waren um 1720 mit chinesischen Hofszenen bemalte zwölf hohen Paneele, die das Speisezimmer der Villa zierten. Auch sie wurden bei 2,28 Millionen Dollar brutto weit über die untere Taxe von 200.000 Dollar katapultiert.

Wahrscheinlich stammen sie aus Schloss Pillnitz, der Sommerresidenz Augusts des Starken bei Dresden. Und sie sind ein herausragendes Beispiel für die Chinamode des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Die Serie kam 1939 mit der Einwanderung des prominenten Berliner Asiatika-Händlers Edgar Worch in die USA.

Mehr: Auktionen: Van Gogh, Seurat, Klimt – Was die Paul G. Allen Collection zu bieten hat

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