Emil Nolde Aus diesem Grund verbannt Angela Merkel mehrere Bilder aus ihrem Büro

Hing im Büro der Bundeskanzlerin: Das Bild von 1936 verherrlicht – wie die Nazis – die Naturgewalt.
Düsseldorf, Köln Angela Merkel hat einen „Blumengarten“ von Emil Nolde aus ihrem Büro verbannt. Verschwunden ist auch ein Landschaftsgemälde von der norddeutschen Küste mit brechenden Wellen. Bilder, die die Bundeskanzlerin lange erfreut haben, vor denen sie mit vielen Staatsgästen geredet hat.
Eine am Freitag eröffnende Ausstellung beleuchtet den unverhohlenen Antisemitismus des Malers Emil Nolde, der lange Zeit eher als Opfer des Nazi-Regimes galt. Die Schau „Emil Nolde eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ läuft im Hamburger Bahnhof bis zum 15. September. Dort wird auch das zweite Gemälde aus dem Kanzlerinnenbüro gezeigt werden. Dieses „Brecher“ genannte Bild von 1936 entspricht der damals herrschenden Ästhetik der Nationalsozialisten, die Kraft und Naturgewalt verherrlichten.
Janusköpfiger Maler
Emil Nolde ist ein janusköpfiger Maler und ein Extrembeispiel unter den oft sehr wendigen Künstlern jener Zeit. Auf der einen Seite hat er sich nach dem Krieg als Opfer der Nazis dargestellt und vom neu einsetzenden Interesse an der verfemten Kunst des Expressionismus profitiert. Von dem Meister dramatischer Landschaften und Blumenstillleben waren vor 1945 immerhin 1.112 Werke aus deutschen Museen entfernt worden. Das adelte ihn nach Kriegsende als Opfer.
Nolde wurde auch in der Nazi-Propagandaausstellung „Entartete Kunst“ an den Pranger gestellt. Er bekam Malverbot, das er jedoch missachtete. Den in dieser Zeit heimlich gemalten Bildern hat der Schriftsteller Siegfried Lenz in seinem Roman „Deutschstunde“ ein – vielleicht überhöhtes – literarisches Denkmal gesetzt.
Auf der anderen Seite war Nolde Parteimitglied der NSDAP und hoffte vergeblich, wie der Bildhauer Arno Breker von den Nazis als Staatskünstler hofiert zu werden. Überliefert sind Aussagen des Malers, die von seiner ideologischen Verblendung zeugen: „Juden haben wenig Seele und Schöpfergabe. Juden sind andere Menschen, als wir es sind.“
Felix Krämer, Generaldirektor des Museums Kunstpalast in Düsseldorf, kennt sich mit Nolde gut aus. Er hatte 2014 in seiner Zeit am Städel Museum in Frankfurt den politischen Kontext des Malers nicht ausgespart. Krämer weiß zu berichten, dass Nolde sogar versuchte, seinen Malerfreund Max Pechstein als angeblichen Juden zu denunzieren. „In der breiten Öffentlichkeit aber wurde Nolde lange fast wie ein Widerstandskämpfer wahrgenommen. Das Gegenteil war der Fall“, sagt Krämer im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Erfreute lange die Kanzlerin. Weil Nolde Antisemit war, ließ sie es abhängen.
Dass die Kanzlerin und ihr Stab nun entschieden haben, die Leihgaben nach dem Ende der Ausstellung nicht wieder aufzuhängen, findet Krämer richtig. „Aber weiße Wände sind keine Option. Das ist eine Entscheidung gegen die Kunst.“ Hier würde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Es gebe so viele Künstlerinnen und Künstler, die, ins Exil getrieben, ihre Karriere trotz höchster Qualität nicht fortsetzen konnten. Krämer nennt Lotte Laserstein, Jankel Adler oder Max Beckmann.
Dass einer der großen Maler dieses Landes Nationalsozialist war, ist in der Kunsthändler- und Sammlerszene schon lange bekannt. Der Kunstkritiker Adolf Behne bezeichnete den Maler anlässlich Noldes 80. Geburtstag im Jahr 1947 pointiert als „entarteten ‚Entarteten‘“.
Moralische Argumentation mit Tücken
Auf der aktuellen Art Cologne (siehe nebenstehenden Text) berichtet der Hamburger Kunsthändler Thole Rotermund, dass das Thema bei Kundengesprächen zwar nicht im Vordergrund stehe. Aber nahezu jeder Gesprächspartner komme irgendwann auf das hochkochende Thema.
Gerhard Richter pflegte zu sagen, 'Die Bilder sind unschuldig', erinnert sich Rotermund. Doch in Zeiten schneller Urteile in sozialen Netzwerken hat diese Trennung von Künstler und Werk wenig Chancen. Wer ausschließlich moralisch argumentiert, braucht die Schwarz-Weiß-Darstellung. Wer da allerdings konsequent sein wollte, der müsste zunächst einmal den verurteilten Mörder Caravaggio auf den Index setzen. Der Fall Nolde zeigt eher, wie viele Schattierungen es zwischen Mittäter und Opfer geben kann.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.