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GalerienDer deutsche Kunstmarkt organisiert sich weiter dezentral

Die Zeiten des Booms sind nach einer Galeriestudie von Hergen Woebken vorbei – doch es gibt auch positive Signale. Storms und Friese eröffnen neue Dependancen, Goelitz hat seine Fläche in München verdoppelt.Meixner, Christiane 05.09.2025 - 10:36 Uhr Artikel anhören
Walter Storms mit seiner Frau, der Künstlerin Caro Jost, in den Räumen seiner neuen Berliner Dependance Foto: Walter Storms Galerie

Berlin. Kürzlich hat Thaddaeus Ropac seine bislang kleinste Galerie eröffnet. So nennt der gebürtige Österreicher die dann siebte Dependance seines Kunstmarktimperiums ohne jede Ironie. Dabei verfügen die neuen Ausstellungsräume im Mailänder Palazzo Belgioioso über insgesamt 280 Quadratmeter: eine Größe, von der andere Galerien träumen.In zwei Wochen eröffnet Thaddaeus Ropac seine bislang kleinste Galerie. So nennt der gebürtige Österreicher, der schon lange in Paris lebt, ohne jede Ironie die dann siebte Dependance seines Kunstmarkt-Imperiums. Dabei verfügen die neuen Ausstellungsräume im Palazzo Belgioioso unweit der Mailänder Scala über insgesamt 280 Quadratmeter: eine Größe, von der andere Galerien träumen.

Auf immerhin 240 Quadratmeter kommt mittlerweile Max Goelitz in München. Vor fünf Jahren übernahm der 40-Jährige die dortige Repräsentanz der Schweizer Galerie Häusler Contemporary, die unter anderem Michael Venezia oder Brigitte Kowanz vertrat. Goelitz, zuvor Direktor bei Häusler Contemporary, hat beide noch im Programm, begann aber unmittelbar mit einer Erweiterung um Künstler und Künstlerinnen seiner Generation. Zwei Jahre später folgte ein weiterer Raum in Berlin. Das sei halb aus privaten, halb aus strategischen Gründen geschehen, sagt er, die Hauptstadt präge nun einmal den Diskurs über zeitgenössische Kunst: „Für jüngere künstlerische Positionen ist Berlin interessanter.“ Die dortigen Ausstellungen hätten allerdings auch immer nach München zurückgewirkt. Seine Expansion hat allerdings noch einen Grund: „Der deutsche Kunstmarkt ist dezentral aufgestellt“, lautet sein Fazit nach zwei Jahrzehnten Galeriearbeit. Goelitz reagierte darauf, indem er sich in München noch ein Stück sichtbarer machte: Er zog um in den Luitpoldblock am Maximilianplatz. Vor Kurzem war Eröffnung mit der international gefeierten Künstlergruppe Troika. Die neuen Räume sind doppelt so groß wie das bisherige Domizil und auffallend nahe am Münchner Museumsquartier. Nach einer Phase, in der es vor allem junge Galerien an entlegenere Orte der Stadt gezogen habe, sei diese Konzentration wichtig, meint Goelitz – das Publikum zöge Kunstareale vor, in denen sich das kulturelle Angebot verdichte.

Max Goelitz eröffnete vor wenigen Tagen seine neuen Münchener Räume mit der Künstlergruppe Troika. Foto: Courtesy of Max Goelitz, Copyright of the artists, Foto Dirk Tacke

Tatsächlich eröffnete am vergangenen Freitag nur zwei Straßen weiter auch die Berliner Galerie Friese eine Dependance. Gegründet wurde sie von Klaus Gerrit Friese 2008 in Stuttgart, 2015 folgte der Umzug nach Berlin. Die neuen Räume in der Theresienstraße 46 beschränken sich auf 60 Quadratmeter in einem von Sep Ruf erbauten Wohnhaus – ein Denkmal der Nachkriegsmoderne, in dem Friese Künstler und Künstlerinnen zeigen will, die im Süden Deutschlands noch unterrepräsentiert sind: In der Ausstellung zur Eröffnung finden sich unter anderem Bilder von Walter Stöhrer sowie Skulpturen von Claire de Santa Coloma.

Dass sich der deutsche Kunstmarkt insgesamt dezentral organisiert, zeigt die neue Galeriestudie des Berliner Instituts für Strategieentwicklung (IFSE). Es ist die dritte Umfrage des von Hergen Woebken gegründeten Unternehmens, das die wirtschaftlichen Entwicklungen hiesiger Galerien vor dem Hintergrund einer globalen Krise untersucht: Der jüngste Art Basel & UBS Art Market Report für 2024 attestiert dem weltweiten Kunstmarkt von 2024 bei einem Umsatzvolumen von 57,5 Milliarden Dollar einen Rückgang von 12 Prozent. Dennoch stieg die Zahl der Transaktionen. Woebken sieht darin ein klares Signal, dass sich das Marktgeschehen „spürbar in niedrigere Preissegmente verlagert, während hochpreisige Verkäufe an Bedeutung verlieren“. Für Deutschland geht sein Institut von 600 Millionen Euro Gesamtumsatz aller Galerien im Jahr 2024 aus – und auch das liegt deutlich unter jenen 890 Millionen Euro, die die vorangegangene Galerienstudie von 2020 ergab. Die Zeiten des Booms, konstatiert Woebken, in denen das Sammeln von Kunst hip war, seien endgültig vorüber. Dennoch gäbe es positive Signale. Dazu zähle die seit Januar erneut ermäßigte Umsatzsteuer auf Kunst von 7 Prozent. Zum anderen geht aus der aktuellen Studie hervor, dass knapp die Hälfte der Kunstkäufe in Galerien 2024 von Neukunden getätigt wurde. Für die Umfrage schrieb das Institut online 500 Galerien an, die Antworten von 150 Teilnehmern konnten am Ende ausgewertet werden. Die meisten Rückmeldungen gab es aus Berlin, es folgen Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg und Bayern. Etwas mehr als die Hälfte dieser Galerien erzielt einen Jahresumsatz von unter 400.000 Euro, 28 Prozent liegen im Segment zwischen 400.000 und 1,5 Millionen und nur 13 Prozent überschreiten die Marke von 1,5 Millionen. Gleich geblieben ist trotz der minderen Umsätze die Zahl an Ausstellungen. Deren Eröffnungen blieben weiterhin relevant, viele Verkäufe finden im Rahmen der Vernissage statt. Direkte Begegnungen und persönliche Netzwerke, folgert Woebken, sind weiterhin die entscheidenden Faktoren im Galeriebetrieb. Online-Plattformen verlieren laut der Studie dagegen ebenso wie die sozialen Medien seit dem Ende der Pandemie weiter an ökonomischer Bedeutung.

Walter Storms braucht keine Studien, um zu denselben Ergebnissen zu gelangen. Kommunikation ist seine Stärke, „unterwegs sein und für die Künstler werben“ eine Selbstverständlichkeit. Seit 1977 ist der Galerist in München präsent, die erste Ausstellung bestritt er mit Werken des tschechischen Op-Art-Künstler Jiří Hilmar, seine Kontakte zur osteuropäischen Kunstszene pflegt er bis heute. Neben der Hauptgalerie unweit der Pinakotheken gibt es einen zweiten Standort in Bogenhausen. Storms steht für ein ungegenständliches Programm mit Werken von Shannon Finley, Gerold Miller oder Günther Fruhtrunk – und mit dessen geometrisch-abstrakten Gemälden zu Preisen zwischen 80.000 und 200.000 Euro eröffnete der 78-Jährige vor wenigen Tagen nun einen Ableger im Bezirk Tiergarten. Zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Caro Jost, die in Berlin auch ein Atelier angemietet hat, wird er künftig zwischen den Metropolen wechseln. Den Wunsch nach Expansion gab es schon länger, sagt Caro Jost. Im Januar haben sie dann spontan zugesagt, als auf dem Areal an der Potsdamer Straße, wo Galerien wie Esther Schipper, Judin, Reiter und Max Hetzler ansässig sind, eine Fläche von knapp 200 Quadratmetern freigeworden sei. Er wolle „unbedingt noch einmal etwas Neues machen“, erklärt Storms. „Wir haben tolle Sammler und Sammlerinnen in München.“ Doch die internationale Käuferschaft reise inzwischen vorwiegend nach Berlin. Vom dritten Standort verspricht sich der Galerist nicht zuletzt Einfluss auf das Galerieprogramm. Er habe mit Künstlern wie Ruprecht Geiger, Günther Uecker und Otto Piene zusammengearbeitet, erzählt Storms. Sie alle sind inzwischen verstorben, ihr Werk ist abgeschlossen. Er sei offen für Künstler wie Künstlerinnen einer jüngeren Generation. Doch auch Fruhtrunks farbstarke Gemälde wirken, als habe der Maler sie gestern erst fertiggestellt.

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