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Gallery Weekend Berlin Kunstkauf mit Corona-Test

Rund 50 Berliner Galerien bieten über den 1. Mai zahlreiche Onlinerundgänge. Den Berlinern nach Voranmeldung bemerkenswerte Ausstellungen.
29.04.2021 Update: 30.04.2021 - 18:35 Uhr Kommentieren
In der über fünf Meter lagen Arbeit sitzen die Protagonisten ebenso ermattet herum wie die Figuren in Pieter Brueghels „Schlaraffenland”. Quelle: Sprüth Magers
Gilbert & George „On the Bench“

In der über fünf Meter lagen Arbeit sitzen die Protagonisten ebenso ermattet herum wie die Figuren in Pieter Brueghels „Schlaraffenland”.

(Foto: Sprüth Magers)

Berlin In Zeiten der Coronakrise ist alles anders. Davon können die rund 50 Berliner Galerien ein Lied singen, die zum Gallery Weekend ihre lange geplanten Ausstellungen zeigen. Die Inzidenz spielt eine entscheidende Rolle. Wenn sie unter 150 bleibt, sind dort Besuche nach Terminbuchung und mit einem tagesaktuellen Test möglich. Aber so gut wie alle Galerien präsentieren ihre Ausstellungen und die einschlägigen Künstler und Künstlerinnen auch auf ihrer Website und auf Instagram.

Am 1. und 2. Mai, dem letzten Tag des Gallery Weekends, werden „Live Tours“ im Internet durch alle Galerien und ohne Voranmeldung durchgeführt. Darüber hinaus gibt es Spezialtouren für Sammlergruppen, die durch ausgewählte Galerien führen. Nach der Lockerung der Covid-19-Restriktionen besteht die Möglichkeit, die Ausstellungen, die alle mindestens sechs Wochen dauern, in den Galerien zu besuchen.

Die generelle Marktsituation ist gar nicht so schlecht. Wie einige Galerien betonen, lassen sich Kunstwerke verkaufen, auch wenn nur wenige Leute die Ausstellungen besuchen. „Es ist nicht tot“, resümiert der Berliner Kunsthändler Michael Haas, „aber man kämpft an allen Fronten, um den Kopf über Wasser zu halten.“ Er zeigt zum Gallery Weekend eine Schau mit 13 Gemälden von Ernst Wilhelm Nay zu Preisen zwischen 19.000 und 1,8 Millionen Euro. Das teuerste Bild ist das Großformat „Gelb exzentrisch“ von 1960 aus einer Reihe musealer Scheibenbilder.

Für Attraktivität ist also gesorgt. Jetzt liegt es am Kunstwanderer selbst, ob er sich in die Galerien wagt oder durch das mediale Begleitprogramm verführen lässt. Hochkarätige Ausstellungen gibt es in diesem Frühjahr genug. Ein Schwerpunkt liegt bei abstrakter Malerei.

Es zeugt von der ungebrochenen Anziehungskraft Berlins, dass sich gerade zwei Düsseldorfer Galeristen an der Spree neu angesiedelt haben. Die Galerie Setareh, die neben iranischen Künstlern auch Jean-Michel Atlan, Hans Hartung und Christian Megert in ihrem Programm hat, machte am Schöneberger Ufer 71 einen zweiten Standort auf.

In der düsteren Installation aus schwarzem, gerahmten Glas flackern Glühbirnen auf im Herzschlag des Künstlers. Quelle: Kewenig/Lepkowski Studios Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Christian Boltanski „Coeur“

In der düsteren Installation aus schwarzem, gerahmten Glas flackern Glühbirnen auf im Herzschlag des Künstlers.

(Foto: Kewenig/Lepkowski Studios Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2021)

Die Galerie Conrads eröffnet in der Joachimstraße in Mitte mit den Farbquadraten der Amerikanerin Marcia Hafif. Die Malerin hat ihre römische Phase fleischfarbiger Werke beendet. Jetzt erzeugt sie mit Pigmenten farbimmanente Bewegung.

Das Gallery Weekend bietet wieder eine große Spannbreite von Richtungen und Protagonisten. Es beginnt mit Porträts von Paula Modersohn-Becker, die bei Wolfgang Werner in den Diskurs mit realistischen Werken dreier weiterer Künstlerinnen treten: Birgitt Bolsmann, Almut Heise und Rissa.

Feministische Akzente

Weiter geht es mit eine Schau zu Rebecca Horn bei Thomas Schulte und mit Arbeiten von Gerwald Rockenschaub bei Mehdi Chouakri bis hin zu den skulpturalen Arbeiten von Anna Uddenberg bei Kraupa Tuskany Zeidler. Sie setzt mit einem die Entpersönlichung geißelnden Frauenbild starke feministische Akzente.

Eine Gruppenausstellung mit Werken von 13 Künstlerinnen der Generationen von Hannah Höch bis Isa Melsheimer hat Esther Schipper zusammengetragen.

Eines der Bilder des Wahl-Berliners, die Reales in Gefühle verwandeln (Ausschnitt). Quelle: Galerie Judin, Berlin
Adrian Ghenie „Feeling odd“

Eines der Bilder des Wahl-Berliners, die Reales in Gefühle verwandeln (Ausschnitt).

(Foto: Galerie Judin, Berlin)

Wie eine Museumsschau wirkt die Ausstellung „Danach“ mit zentralen Alterswerken von Christian Boltanski in allen Räumen der Galerie Kewenig. Hier ließ der Magier der Spurensuche unverkäufliche Arbeiten installieren, die als rituelles Selbstporträt mit der eigenen Vergänglichkeit verbunden sind: Die Herztöne des Künstlers sind mit Lichtzuckungen der Glühbirnen gekoppelt, die Wände mit schwarzen Spiegeln unterschiedlicher Formate bedeckt: beklemmende Warteräume des Todes.

Die Raumarbeit „Crépuscule“ besteht aus Bodenstrippen mit 600 Glühbirnen, von denen an jedem Tag eine ausgeht, sodass am Ende der Ausstellung alle Lichtquellen ausgelöscht sind.

Verweise auf die Geschichte der Malerei

Rückverweise auf das eigene Werk enthalten 20 in diesem und dem letzten Jahr entstandene Gemälde von Albert Oehlen in den Räumen der Galerie Max Hetzler in der Goethestraße und der Bleibtreustraße. Mit Schwung gemalt, gesprüht und gewischt sind die meist großformatigen Werke. Der Künstler selbst bezeichnet sie als „unverständliche braune Bilder“, obwohl diese Farbe auf den meisten Leinwänden nur eine Nebenrolle spielt.

Einige dieser Arbeiten verweisen spielerisch auf die Malereigeschichte, andere rekapitulieren die eigene Form in unterschiedlichen Farbkomponenten. Hier und da wirkt eine gegenständliche Form als Erinnerungsfetzen hinein. Der Künstler überlässt es dem Betrachter, eine eigene Bildinterpretation zu finden. Die Preise liegen im Bereich von 750.000 bis 1,3 Millionen Euro.

Mit Schwung gemalt, gesprüht und gewischt sind die seit 2020 entstandenen Gemälde, die in der Galerie Max Hetzler ausgestellt sind. Quelle: Galerie Max Hetzler; VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Albert Oehlen

Mit Schwung gemalt, gesprüht und gewischt sind die seit 2020 entstandenen Gemälde, die in der Galerie Max Hetzler ausgestellt sind.

(Foto: Galerie Max Hetzler; VG Bild-Kunst, Bonn 2021)

Ein markantes Kontrastprogramm zu den malerischen Höhepunkten des Gallery Weekend setzen die Bildtafeln des Künstlerduos Gilbert & George, die in den zwei Hauptsälen von Sprüth Magers die Wände dicht besetzen. In der Serie „Paradisical Pictures“ von 2019 binden sich die ewigen Selbstporträtisten ein in eine überbordende und überanstrengte Natur oder winken mit dem alten tänzerischen Schwung als Lockfiguren.

Auch hier gibt es Verweise auf die Kunstgeschichte, etwa in der Tafel „On the Beach“, wo die beiden Protagonisten in der Mitte ebenso ermattet herumsitzen wie die Figuren in Pieter Brueghels Gemälde „Schlaraffenland“. Besondere Magie verströmen die Bilder, in denen sich nur Augen oder Körperteile im dichten Geflecht der Flora behaupten. Die Preise dieser Arbeiten reichen von 60.000 bis 185.000 Euro.

Berliner Interieurs

Ein absolutes Faszinosum sind zehn neue Bilder von Adrian Ghenie, die in der Galerie Judin hängen. Es ist die siebte Soloschau des in Berlin lebenden rumänischen Künstlers, der sich bewunderungswürdig weiterentwickelt hat. Das Fleckige und Gewischte der früheren Gemälde hat sich in aufregende Figuration verwandelt. Da gibt es zeichnerische, mit dünnem Pinsel aufgetragene Elemente neben üppiger malerischer Entfaltung.

Es gibt zwei Selbstbildnisse, in denen Vergänglichkeit aufscheint. In den monumentaleren Bildern erscheinen Berliner Interieurs und Straßenszenen mit vor Kraft strotzenden Figuren, die fast zu explodieren scheinen.

In den von Cranach inspirierten „Drei Grazien“ posieren Transgender, zwei Figuren begegnen sich denkwürdig in der Straßenszene „The Flirt“, in Wohnstuben werden erotische Wünsche erfüllt. Es sind Tableaus, in denen das Reale sich in Emotion verwandelt. Denn der Künstler möchte stets die Erinnerung an ein Gefühl auf die Leinwand bannen.

Moderat gehaltene Preise für Ghenie

Galerist Juerg Judin hält die Ghenie-Preise moderat. Angesichts der Tatsache, dass gerade ein Großformat aus der jüngsten Produktion bei einer Auktion in Hongkong umgerechnet 6,2 Millionen US-Dollar eingespielt hat, sind die Bilder seiner Ausstellung mit Preisen zwischen einer und 1,5 Millionen Euro regelrechte Investitionsmagneten.

Mehr: 30 Jahre Galerie Thomas Schulte: Gute Geschäfte mit Kunst aus den USA und Europa

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