Gotha Größter Kunstraub der DDR: Besitzer gestohlener Altmeister-Gemälde gehen leer aus

Der Oberbürgermeister von Gotha, Knut Kreuch, hat erheblich zu ihrer Rückkehr beigetragen.
Düsseldorf Fünf in einem spektakulären Raubüberfall 1979 gestohlene Altmeister-Gemälde kehren nach Gotha ins Schloss Friedenstein zurück. Das teilte am heutigen Freitag Knut Kreuch, Oberbürgermeister von Gotha, in Berlin mit.
Das glückliche Ende ist in doppelter Hinsicht etwas Besonderes. Zum einen ist ungewöhnlich, dass der in der DDR ungelöste Raub nach 40 Jahren in Teilen aufgeklärt werden konnte und zur Rückkehr der Gemälde führte. Zum anderen, dass das beraubte Museum den „Findern“ keinerlei Geld bezahlt, das meist beschönigend als „Finderlohn“ bezeichnet wird.
Das gelang nur, weil die Gemälde-Anbieter dazu bewegt werden konnten, in einer schriftlichen Vereinbarung das Eigentum der Stiftung Schloss Friedenstein an den Bildern anzuerkennen. Sie gaben die Bilder zurück ohne den zunächst geforderten finanziellen Ausgleich.
Dafür sieht die Eigentümerin von einer strafrechtlichen Verfolgung der zwischenzeitlichen Besitzer ab. „Diese waren weder unmittelbar noch mittelbar am seinerzeitigen Diebstahl beteiligt“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Stiftung Schloss Friedenstein, der Ernst von Siemens Kunststiftung und des Rathgen-Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin.
Im Laufe der Verhandlungen muss den Anbietern klar geworden sein, dass der gutgläubige Erwerb und das daran nach zehn Jahren ersessene Eigentum auf sie nicht zutrifft, weil sie immer von der Herkunft der Gemälde wussten. Die Kosten für die anwaltliche Beratung und die Logistik der Rückführung übernimmt die Ernst von Siemens Kunststiftung.
Bürgermeister agierte besonnen

Die „Heilige Katharina“ von Hans Holbein der Ältere soll das wertvollste Gemälde aus dem Raub von 1979 sein. Quelle: Rathgen-Forschungslabor SMB PK
Das Happy End gelang durch das besonnene Agieren von OB Knut Kreuch. Im Juli 2018 wurden ihm – wie berichtet - über einen Mittelsmann die fünf 1979 geraubten Gemälde zum Kauf angeboten, dem Vernehmen nach für über fünf Millionen Euro. Im Wissen, dass höchste Diskretion und Erfahrung nötig sind, wandte sich Knut Kreuch an Martin Hoernes, den Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung. Diese stellte Mittel in Aussicht für anwaltliche Beratung und Logistik. Als Juristin wurde Friederike Gräfin von Brühl herangezogen von der Kanzlei K&L Gates.
Das Trio setzte auf freiwillige Herausgabe und darauf, dass zuerst die Echtheit der fünf Gemälde geprüft werden müsse. „Nur so ließ sich das umstrittene deutsche Verjährungsrecht umgehen, dem die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha im Falle eines Rechtsstreits – trotz ihrer Eigentümerstellung – ausgesetzt gewesen wäre,“ sagt Friederike von Brühl in der Pressemitteilung.

Frans Hals „Brustbild eines unbekannten Herren mit Hut und Handschuhen“: Wohl doch eigenhändig und keine Werkstattarbeit.
Quelle: Rathgen-Forschungslabor SMB PK
Die zwischenzeitlichen Besitzer ließen sich nach langen Verhandlungen darauf ein. Im September 2019 übergaben sie die Gemälde dem Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen in Berlin. Dort stellten Restauratorinnen fest, dass die Bilder von Frans Hals, Hans Holbein dem Älteren, Jan Brueghel dem Älteren, Jan Lievens und Anthonis van Dyck genau die sind, die in Gotha geraubt wurden. Das konnten sie mit sogenannten fälschungssicheren Merkmalen wie feinen Rissnetzen in den Malschichten oder älteren Restaurierungseingriffen beweisen.
Gemälde sind dem Publikum zugänglich
Die fünf Alten Meister sind von Montag 20. Januar bis Sonntag 26. Januar im Herzoglichen Museum der Stiftung Schloss Friedenstein zu sehen. Danach werden sie restauriert. Für 2021 ist eine umfassende Ausstellung geplant, die auch den Diebstahl thematisiert.

Jan Brueghel der Ältere „Landstraße mit Bauernwagen und Kühen“ ist wahrscheinlich im Umkreis des Meisters entstanden. Quelle: Rathgen-Forschungslabor SMB PK
Das wertvollste der gestohlenen Gemälde ist „Die Heilige Katharina“, 1509 von Hans Holbein dem Älteren gemalt. Bei der „Landstraße mit Bauernwagen“ von Jan Brueghel dem Älteren vermuten die Restauratoren die Beteiligung der Werkstatt.
Das „Brustbild eines unbekannten Herrn mit Hut und Handschuhen“ halten die Fachleute für eine eigenhändige Arbeit von Frans Hals.
Bei dem Malerselbstporträt von Anthonis van Dyck allerdings handelt es sich um eine Kopie nach dem beliebten Selbstbildnis mit Sonnenblume.

Ferdinand Bol „Bildnis eines Alten Mannes“: ist eng angelehnt an Rembrandts Vorbild.
Quelle: Rathgen-Forschungslabor SMB PK
Mit Ferdinand Bol schlagen die Spezialisten einen neuen Künstlernamen vor für den Kopf eines bärtigen alten Mannes vor, der bisher als ein Gemälde von Jan Lievens galt.
Hoher symbolischer Wert für Gotha
Der aktuellen Versicherungswert soll bei vier Millionen Euro liegen, also wesentlich weniger als zuvor geschätzt. „Doch der ideelle Wert ist für Gotha unschätzbar, handelt es sich doch um Werke aus der einst fürstlichen Sammlung, die untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden sind“, heißt es in der Pressemitteilung.
Auch wenn der größte Kunstkrimi der DDR mit der Überführung der fünf Alten Meister nach Gotha ein gutes Ende gefunden hat, die Suche nach den dreisten Dieben von 1979 geht weiter. Das LKA Berlin ist auf ihrer Spur. Das wird vielleicht das Abschlusskapitel in der angekündigten Ausstellung.
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>die Suche nach den dreisten Dieben von 1979 geht weiter. Das LKA Berlin ist auf ihrer Spur.
nanu, nach 40 Jahren noch nicht verjährt?