Halbjahresbilanz der Wiener Auktionshäuser Internationale Bieter sorgen für Höchstzuschläge

Für diese idyllische Ansicht des Wolfgangsees von 1831 fiel der Hammer bei 30.000 Euro. Von Alt gehört zu den hoch begehrten Künstlern in Österreich.
Wien Wenn ein größeres Bild der Österreicherin Maria Lassnig in eine Auktion kommt, so ist ein Rekord nicht unwahrscheinlich. Denn der Marktwert der 2014 verstorbenen Malerin klettert stetig in die Höhe.
Auch in der Zeitgenossen-Auktion des Wiener Dorotheums vom 23. Juni überflügelte ihr Gemälde „Wilde Tiere sind gefährdet“ aus dem Jahr 1980 alle bisher in Versteigerungen erzielten Lassnig-Preise: 1.378.000 Euro bezahlte ein internationaler Käufer für die rund drei mal zwei Meter große Leinwand.
Lassnigs letzter Auktionsrekord ist zweieinhalb Jahre her: Damals kostete ihr „Korkenziehermann“ 504.000 Euro. Darüber hinaus erreichte Los 238 auch den höchsten Auktionspreis aller Zeiten für ein Werk der zeitgenössischen Kunst aus Österreich .
Dass Lassnigs Preise so anziehen, hat mit dem steigenden internationalen Interesse an ihr zu tun. So waren es zwei ausländische Bieter, die am Ende das Gemälde in Rekordhöhe hoben.
Martin Böhm, Geschäftsführer des Dorotheums, erzählt: „Der Käufer dieses Werks sagte, er erwerbe nur exzellente Werke. Daher war er auch bereit, diesen Preis zu bezahlen.“

Ihr 1980 entstandenes Gemälde „Wilde Tiere sind gefährdet“ knackte die Millionengrenze. Die Leinwand misst rund drei mal zwei Meter.
Noch im Frühjahr 2020, als die Pandemie ausbrach, stellte sich Böhm die Frage, ob in den nächsten Monaten und Jahren wohl genügend Kunst auf den Auktionsmarkt käme. Im Rückblick auf das erste Halbjahr 2021 bilanziert er: „Die Akquise war zwar einerseits schwierig; viele Leute waren wegen der Pandemie zurückhaltend. Sie luden Expertinnen und Experten nicht immer gern zu sich nach Hause ein.“ Zudem seien viele Veranstaltungen weggefallen.
„Andererseits konnten wir durch die Digitalisierung vieles ausgleichen“, ergänzt Böhm. „Sie bescherte uns eine enorme internationale Sichtbarkeit.“ Bei Auktionen habe das Dorotheum schon im Vorjahr 20 bis 30 Prozent neue Kundschaften dazu gewonnen.
Neben Lassnig konnte das Dorotheum in den großen Auktionen im Juni weitere Weltrekorde erzielen. Sämtliche Kunstsparten von Antiquitäten über Alte Meister und 19. Jahrhundert bis zur zeitgenössischen Kunst kamen zum Aufruf. Ein Totentanz von Albin Egger-Lienz kostete 1.031.930 Euro inklusive Aufgeld, das Gemälde „Aufstieg der Schifahrer“ von Alfons Walde 965.300 Euro.
Durchwachsen lief es hingegen beim 19. Jahrhundert: Da blieben Gemälde von in Österreich renommierten Malern liegen: eines von Friedrich von Amerling sowie jeweils zwei von August Xaver Ritter von Pettenkofen und Ferdinand Waldmüller.
Waldmüllers Genrebild „Das gutmütige Kind (Der Bettler)“ lieferte jedoch mit 296.100 Euro ein sehr gutes Ergebnis deutlich über dem Schätzwert. Ebenso konnten Gemälde von Marie Bashkirtseff und Leontine von Littrow Preise weit über den oberen Taxen erzielen: Eine „Lesende“ von Bashkirtseff kam auf 149.700 Euro statt maximal 35.000 Euro, eine Küstenlandschaft von Littrow verdoppelte die Schätzung auf 69.050 Euro.

Das lichtvolle Gemälde "Der Aufstieg der Schifahrer" (um 1927) erzielte mit 965.300 Euro einen Weltrekordpreis.
Und eine Landschaft des nicht sehr bekannten Markus Pernhart erzielte mit 283.900 Euro einen Künstlerrekord. Geschätzt war sie auf 80.000 bis 120.000 Euro.
Nach den pandemiebedingten Umwälzungen zeigt sich im Großen und Ganzen jedoch, dass die bereits zuvor beobachteten Trends weiter anhalten: Zeitgenössische Kunst und Moderne steigen, Alte Meister bleiben schwierig.
„Der Markt für Alte Meister ist ausgedünnt. Da hängt fast alles, was erste Qualität ist, im Museum“, erläutert Böhm. Eine zusätzliche Schwierigkeit ergab sich in dieser Sparte dadurch, dass „Archive und Bibliotheken geschlossen waren. Das erwies sich für die Recherchen, insbesondere bei Alten Meistern, als hinderlich.“ Gesamtumsatzzahlen gibt das Dorotheum übrigens seit Jahren nicht mehr bekannt.

Das lange Bietgefecht endete mit einem Gebot in Höhe von 636.000 Euro mit Aufgeld.
Offener ist in dieser Hinsicht das ebenfalls in der Wiener Innenstadt angesiedelte Auktionshaus im Kinsky: Auf Nachfrage teilt es mit, dass es im ersten Halbjahr mit den Privatverkäufen rund 14 Millionen Euro umsetzte, allein zehn Millionen Euro in den Sommerauktionen im Juli. Im Vergleich zum letzten Jahr konnte im Kinsky eine Steigerung von zehn Prozent verbuchen.
Geschäftsführer Michael Kovacek resümiert: „Die Klassische Moderne, die zeitgenössische Kunst und das 19. Jahrhundert liefen phänomenal, die Antiquitäten und Alten Meister nicht so grandios.“
Anfang Juli versteigerte das im Kinsky an drei Tagen geballt Alte Meister, 19. Jahrhundert, Moderne, Antiquitäten, Jugendstil und zeitgenössische Kunst – eine Corona-bedingte Neuerung: Bis 2019 hatte man die großen Auktionen in zwei Tranchen aufgeteilt, die in jeweils aufeinanderfolgenden Monaten zum Aufruf kamen.
Aufgrund des Lockdowns legte man im Kinsky 2020 alle Sparten an einem Termin zusammen. „So kommen Kunden und Kundinnen, die sich für Zeitgenossen interessieren, in Kontakt mit Alten Meistern und umgekehrt“, meint Kovacek. Ob sich dieser Mitnahmeeffekt schon finanziell abzeichnet, kann er allerdings noch nicht feststellen.
Offerten an Werken von Hermann Nitsch sind explodiert
Zwei Positionen hebt Kovacek hervor: „Wir hatten noch nie so ein großes Angebot an Werken von Hermann Nitsch, das ist regelrecht explodiert. Dasselbe bei Hans Staudacher“, einem Informel-Maler aus Kärnten, der im Januar 2021 verstarb. In der Juliauktion stammten 18 Lose von ihm. 17 davon gingen weg; die Preise dafür reichen selten über den niedrigen fünfstelligen Bereich hinaus.
Das am höchsten dotierte Los der Abteilung Zeitgenössische Kunst blieb dagegen liegen: Die Kombination aus Aquarell und Lithografie von Friedensreich Hundertwasser, geschätzt auf 150.000 bis 200.000 Euro, landete im Nachverkauf.
Wie das Dorotheum hatte auch das im Kinsky – einmal mehr – Glück mit einem Los Alfons Waldes: Seine „Kirchenstiege“ erzielte mit 636.000 inklusive Gebühren einen stattlichen Preis weit über der Taxe von 100.000 bis 200.000 Euro. Der Kitzbüheler Berg- und Bauernmaler enttäuscht eben selten.
Mehr: Rückblick auf den Kunstmarkt 2020: Auktionshäuser sind die Gewinner in der Krise
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