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Ketterer Kunst in München Robert Ketterer: „Wir nutzen alle verfügbaren technischen Innovationen“

Auktionator Robert Ketterer investiert seit 20 Jahren in strategische Digitalisierung und erreicht mit neuen Zielgruppen sein bestes Jahresergebnis.
27.05.2021 - 08:49 Uhr Kommentieren
Der Familienunternehmer aus München konnte 2020 seinen Spitzenplatz unter Deutschlands Auktionshäusern verteidigen. Quelle: Ketterer Kunst; VG Bild Kunst (für Hermann Nitsch „Schüttbild“ von 1961)
Robert Ketterer

Der Familienunternehmer aus München konnte 2020 seinen Spitzenplatz unter Deutschlands Auktionshäusern verteidigen.

(Foto: Ketterer Kunst; VG Bild Kunst (für Hermann Nitsch „Schüttbild“ von 1961))

München Ausgerechnet das Coronakrisen-Jahr war das beste in der Geschichte von Ketterer Kunst. Das Auktionshaus aus München verkündete einen Gesamtumsatz von 57 Millionen Euro allein mit den Kunstsparten. Die Versteigerung wertvoller Bücher brachte zusätzlich nochmals rund 4 Millionen Euro ein. Damit verbuchte das Traditionsunternehmen deutschlandweit den höchsten Umsatz im ersten Jahr der Pandemie.

Dieser Erfolg ist das Ergebnis von harter Arbeit und strategischer Digitalisierung. Mit beidem kennt sich der ehrgeizige Familienunternehmer gut aus. Robert Ketterer erzählt dem Handelsblatt, dass er „seit 20 Jahren jährlich einen sechsstelligen Betrag für digitale Infrastruktur ausgibt.“

Für den Netzauftritt seines Hauses, Warenwirtschaftssysteme und „Tausende von Domains“, wie er in einem Essay mit dem Titel „Digitalisierung ist viel mehr als nur Online gehen“ schreibt. Längst kommen 90 Prozent der Gebote in den Versteigerungen von außerhalb des Saales.

Entscheidend ist der multifunktionale Saal weniger für die kaum mehr physisch anwesenden Bieter, sondern für Kunden und Beobachter, die den Live-Stream der Auktion verfolgen, und für das Marketing. Das wird beim Rundgang mit dem Hausherrn durch den wohl durchdachten Neubau deutlich, den Ketterer Kunst 2008 am Stadtrand von München bei der Neuen Messe bezog. Dieser Saal wird sich bei den kommenden Auktionen am 18. und 19. Juni technisch und farblich telegener präsentieren.

Die Neukunden leben in Hongkong oder den USA. Dort gibt es zwar keine Büro-Niederlassungen, doch diese neuen Märkte bearbeitet Ketterer intensiv virtuell. Demnächst auch in einer asiatischen Sprache. Welche das sein wird, will der 52-Jährige, der die Firma schon 1994 von seinem Vater Wolfgang übernommen hatte, nicht verraten. Die Kollegen schauten immer genau, was er so mache, räumt er schmunzelnd ein.

Dass 2020 besonders gut gelaufen ist, lag daran, dass Ketterer Kunst bereits vor dem Lockdown relevante Einlieferungen hatte und über eine gute digitale Infrastruktur verfügte. Zwei Entscheidungen aber traf Robert Ketterer spontan in der Krise.

Das 1924 entstandene Aquarell ist von schwebender Uneindeutigkeit und doch voll von erotischen Anspielungen. Es ist auf 100.000 bis 150.000 Euro geschätzt (Ausschnitt). Quelle: Ketterer Kunst
Paul Klee „Grundverhexte Landschaft“

Das 1924 entstandene Aquarell ist von schwebender Uneindeutigkeit und doch voll von erotischen Anspielungen. Es ist auf 100.000 bis 150.000 Euro geschätzt (Ausschnitt).

(Foto: Ketterer Kunst)

Die erste: „Wenn‘s wieder losgeht, wollte ich gut aufgestellt sein.“ Keiner der 60 Mitarbeitenden ging in Kurzarbeit.

Für den Pitch um die Kunstsammlung der Deutschen Bank wurden nächtelang „mehrere vollständig durchgestaltete Kataloge mit Fotos, Blindtexten, Vergleichen, Preisen und Charts geschaffen,“ erzählt Ketterer grinsend. Und holt aus einem Schrank neben dem prachtvollen Großaquarium im Chefbüro einen Karton. Darin der doppelte Satz von Dummys für die Deutsche Bank. Diese aufwendigen Bücher haben ihm den Auftrag schließlich eingebracht.

So wie er von dieser Tour de Force erzählt, wird spürbar, Robert Ketterer liebt es clevere Verbindungen herzustellen. Mit spitzbübischem Charme ist er gern Anstifter von außergewöhnlichen Aktionen. Denn als es wieder losging, „mussten die Mitbewerber ihre Mitarbeiter erst aus der Kurzarbeit zurückholen.“

Auflage der Kataloge erhöht

Die zweite Entscheidung: Ketterer erhöhte die Auflage seiner Auktionskataloge sofort. Die Globalplayer hatten im umsatzschwachen ersten Halbjahr 2020 ihre Katalogproduktion weitgehend einstellen müssen. „Bei Werken ab 1 Million gibt es keine Zufallskäufer. Bei Christie’s, Phillips und Sotheby’s werden ab dieser Preiskategorie Horden von Mitarbeitern losgelassen, die ihre Sammler ansprechen.“

Beim Künstler direkt erworben, blieb das Aquarell bis jetzt in der Familie. Quelle: Ketterer Kunst
Franz Marc „Zwei gelbe Tiere“

Beim Künstler direkt erworben, blieb das Aquarell bis jetzt in der Familie.

(Foto: Ketterer Kunst)

Dafür brauche man keine Kataloge. Wohl aber für den Bereich zwischen 50.000 und 500.000 Euro. Der macht bei Ketterer Kunst – wie bei allen deutschen Versteigerern – die Masse aus. Der lässt sich nicht eins zu eins betreuen.

Robert Ketterer ist überzeugt: Die Digitalisierung verkauft Kunst nicht, sondern macht Kunden nur zusätzlich aufmerksam. „Doch die Leute haben das andauernde Checken des Auktionsangebots im Netz satt. Sie lieben den analogen Katalog.“ Denn der sei persönlicher, nimmt Notizen auf und verträgt Eselsohren. Momentan bleibt der Katalog bei Ketterer: „Mittelfristig nicht.“

Was aber lässt sich im Netz versteigern? „Ramsch geht nicht,“ fasst Ketterer seine Erfahrungen zusammen. Bei dem Gerhard Richter-Gemälde für 2,6 Millionen Euro hatte Ketterer Kunst Online-Gebote bis in Höhe von 1 Million. Damit sich Kunst digital verkauft, sind Qualität und Auswahl entscheidend: „Wir lehnen viel ab, was wir vor zehn Jahren zum Teil noch verkauft haben.“ Denn der Markt hat sich verengt auf bestimmte Namen, die wie Marken wirken.

Der Vater als Computerpionier

Bereits Roberts Vater Wolfgang Ketterer war Computerpionier, der die Datenverarbeitung 1977 einführte. Zu früh und oft bespottet, wie sich der gleichermaßen kunst- und technikaffine Sohn erinnert. Der weiß, wie man das Interesse kaufwilliger Kunden lenkt.

Neben den Social Media-Kanälen dient dazu offenbar die Seite der GmbH art-directory.de. Unter dem Portal liegen Namensseiten von vielen verstorbenen Künstlerinnen und Künstlern, die oben erwähnten Domains.

Auf den kompetenten Text und eine kleine Werbeanzeige für den Informationsservice von Ketterer folgen Abbildungen, Titel, Preisangaben und der Begriff „Detailansicht“. Klickt der art-directory-User dort drauf, landet er direkt im digitalen Auktionskatalog von Ketterer, findet Videos zu Topeinlieferungen und viel Information. Eine clevere Geschäftsidee sorgt so für Sichtbarkeit im Netz und den steten Zustrom neuer Kunden.

Die neue Zauberformel im Kunsthandel

„KI“ und „AI“ heißt die neue Zauberformel auch im Kunsthandel. Rechnergestützter Datenabgleich von Künstlicher Intelligenz soll in Zukunft die Echtheitsprüfung und Zuschreibung von Kunstwerken beschleunigen. Für die meisten Auktionshäuser ist KI noch Zukunftsmusik.

Die Idee findet Robert Ketterer sehr gut, „aber sie funktioniert noch nicht“. Doch auch da mischt er vorne mit: „Wir arbeiten derzeit an verschiedenen Projekten, die auf KI-Technik basieren. Da es unser Anspruch ist, immer auf dem neusten Stand zu agieren, nützen wir natürlich alle verfügbaren technischen Innovationen.“ Die Investitionen von Ketterer Kunst in digitale Infrastruktur dürften sich deshalb in den nächsten Jahren keinesfalls verringern.

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