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Koloniale Raubkunst Deutschland hat die Rückgabe der Benin-Bronzen entschieden

Es ist eine respektable Kehrtwende: Deutsche Museen erkennen geraubte Kunst aus Afrika an. 2022 soll Nigeria die ersten Benin-Bronzen in Empfang nehmen.
30.04.2021 - 10:17 Uhr Kommentieren
Blick in die Ausstellung
Benin-Bronzen

Blick in die Ausstellung "Raubkunst? Die Bronzen aus Benin", die das Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, im Sommer 2018 zeigte.

(Foto: Michaela Hille - Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg)

Hamburg Es ist eine Kehrtwende von großer Tragweite: Die bildschönen Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin werden an Nigeria zurückzugeben. Das ist das Ergebnis eines Spitzengesprächs zwischen Bund, Ländern und deutschen Museumsdirektoren unter der Leitung der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) vom gestrigen Donnerstag.

Ein konkreter Zeitplan für die Rückführung soll bis Sommer dieses Jahres erarbeitet werden; die ersten Rückgaben sind für 2022 geplant. Koordiniert werden die Gespräche zu den Rückgaben von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Barbara Plankensteiner, Direktorin des Hamburger Museums für Völkerkunde. Ihr Haus wurde vor einiger Zeit umbenannt in „Museum am Rothenbaum - Kulturen und Künste der Welt“.

Sobald das vom nigerianischen Legacy Restoration Trust (LRT) initiierte „Edo Museum of West African Art“ (EMOWAA) in Benin City Museum fertiggestellt ist, soll es die zurückzugebenden Objekte aufnehmen. Ein zweiter Präsentationsschwerpunkt ist im Nationalmuseum in Lagos geplant.

Der Streit um die berühmten Benin-Bronzen hatte in den vergangenen Monaten an Heftigkeit zugenommen. Die Bronzen, meist Menschen- oder Tierfiguren und Reliefs, wurden 1897 von den Briten aus dem Königreich Benin geraubt und über den Kunsthandel weltweit in Museen verkauft. In Deutschland sind allein in Berliner Museen 440 Bronzen verwahrt, die schon lange als Raubgut qualifiziert sind, 1100 Bronzen dürften es deutschlandweit sein.

Aber auf die seit 1965 vorgetragenen Bitten und späteren Forderungen von Nigeria um Rückgabe der Artefakte wurde in Deutschland nie ernsthaft reagiert. Seitdem die Debatte um die Restitution von geraubter ethnologischer Kunst wieder Fahrt aufgenommen hat, kamen Museen und Politik in Deutschland in Bedrängnis, sich zum Thema Raubgut aus kolonialen Kontexten eindeutig äußern zu müssen. Ein Katalysator waren die Publikationen der in Paris und Berlin lehrenden Professorin Bénédicte Savoy.

Die Bronzen, bei denen es sich überwiegend um Menschen- oder Tierfiguren und Reliefs handelt, wurden 1897 von den Briten aus dem Königreich Benin geraubt und über den Kunsthandel weltweit in Museen verkauft. Quelle: Michaela Hille - Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Benin-Bronzen

Die Bronzen, bei denen es sich überwiegend um Menschen- oder Tierfiguren und Reliefs handelt, wurden 1897 von den Briten aus dem Königreich Benin geraubt und über den Kunsthandel weltweit in Museen verkauft.

(Foto: Michaela Hille - Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg)

Nach langen Diskussionen hat Kulturstaatsministerin Grütters am vergangenen Donnerstag nun einen Gipfel der Verantwortlichen einberufen. Dem Druck der Öffentlichkeit folgend haben sie sich für eine „grundsätzliche Bereitschaft zu substantiellen Rückgaben“ entschieden. Die Details des ‚Wie‘ und auch welche Artefakte tatsächlich Deutschland verlassen werden, haben Arbeitsgruppen zu klären.

Grütters hat den Umgang mit den Benin-Bronzen in Deutschland selbst als „Prüfstein“ stilisiert, an dem auch international zu sehen sein soll, wie „wir uns der historischen und moralischen Verantwortung“ im Umgang mit Raubgut stellen. Im gleichen Atemzug ordnet sie die Entscheidung zur Rückgabe bereits kulturpolitisch in unser Jahrhundert ein: „Die heute verabschiedete Erklärung ist eine historische Wegmarke im Umgang mit der kolonialen Vergangenheit.“

Fälliger Schritt zur Verständigung

Dabei sparte Grütters die beschämende Vergangenheit aus. Bénédicte Savoy schrieb in ihrem Buch „Afrikas Kampf um seine Kunst“, dass noch 2018 die Antwort der Bundesregierung auf die Frage nach der Menge der Artefakte in Berlins Museen, die als Restitutionsgüter eingestuft werden könnten, lautete: „Den Museen und daher auch der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor“.

Jetzt aber soll es nur bis Mitte Juni 2021 dauern, und die „Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland“ alle Benin-Bronzen aus deutschem Museumsbesitz veröffentlicht haben. Bis Ende des Jahres sollen sämtliche Angaben zur Herkunft der Objekte dokumentiert und veröffentlicht sein.

Neben Hamburg haben auch das Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum, das Stuttgarter Linden-Museum und die Sammlungen in Dresden und Leipzig bedeutende Benin-Bestände. Mit der geplanten Restitution startet Deutschland nun die längst fälligen Schritte zu Verständigung und Versöhnung mit Nigeria.

Mehr: Bénédicte Savoy: „Auch Museen lügen.“ Kunsthistorikerin prangert den Umgang mit Raubkunst an

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