Künstler im Lockdown Mit Katharina Thalbach auf den Bus warten

Wer auf den öffentlichen Nahverkehr wartet, entdeckt hinter dem Rollo den Pianisten Kersthold.
Düsseldorf Katharina Thalbach liegt eingemummelt in Mantel und Mütze in einer Badewanne draußen in einem winterlichen Feld. Schauspielerkollege Lars Eidinger hockt melancholisch im grünen Anzug in einem verwaisten Café. Doppelt geschützt vor Kontakten von einer Plexiglasscheibe und giftgrünen Handschuhen. Kein Gegenüber weit und breit. Der Musikproduzent Khan of Finland trägt eine Prinzessinnenkrone auf der Stirn und schreitet herab wie eine antike Göttergestalt. Doch es ist nur eine Box in seinem beengten Studio.
Die Porträts von rund 80 Künstlerinnen und Künstlern packen den Betrachter unmittelbar. Sie erzählen von Einsamkeit und der Kunst der Imagination, triggern Erinnerungen. Sehnsucht steigt auf.
Wann haben wir Thalbachs rauer Stimme zuletzt gelauscht und über den Humor der Komödiantin gelacht? Wie beglückend waren die Abende in Theater, Oper und Club, als wir den Funkenflug vom Performer zum Publikum noch live spüren konnten. Jetzt stoßen wir auf die Heroen unserer Kultur, ganz unverhofft mitten auf der Straße beim Warten auf einen Bus, dort wo sonst quietschbunte Osterangebote der Discounter mit tiefen Preisen locken.
Von 2. bis 16. März macht die Aktion „Miss you“ die unsichtbar gewordenen Kunstschaffenden aller Genres, die etablierten wie die der Off-Szene, wieder sichtbar. Wie die gleichnamige Textnachricht heißt das: Wir denken an Euch und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen — kurz, wir vermissen Euch.
In den hinterleuchteten Vitrinen der Wartehäuschen überraschen die Fotografien mit ungekannten oder unerwarteten Einblicken. Gemeinsam mit dem Siemens Arts Program sponsert die Wall GmbH die Fotoserie. Aufgenommen und präzise in Szene gesetzt haben 18 Fotografinnen und Fotografen der Agentur Ostkreuz dieses zeitgeschichtliche, künstlerische Dokument.

Katharina Thalbach grüßt aus der Badewanne. Das Porträt entstand im Rahmen der Foto-Aktion „Miss you“ (Ausschnitt)
Kunst und Kultur bleiben unentbehrliche Nahrung für Geist und Seele, aber auch Wirtschafts- und Standortfaktor. Initiiert und kuratiert hat Susanne Rockweiler vom upArt - Verein für zeitgenössische Kultur e.V. die vergnügliche Wiederbegegnung von Kunst und Publikum. Einziges Manko: dass sich die Ausstellung im öffentlichen Raum auf nur drei Städte beschränkt – Berlin, Hamburg und Baden-Baden.
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